Sieben
Geistes, wo sie von nun an blieben.
Neben den heiligen Zeremonien und Gegenständen, denen man in fast allen nordamerikanischen Urkulturen begegnet – Stichwort
»Kachina-«, sprich: Ahnenkult, Schwitzhüttenzeremonie, Sonnentanz, Masken, Gebetsstöcke, Trommeln, Rasseln, Federn, Medizin-Bündel,
sakrale Bodenbilder und Erweckungstänze –, kommt der »Pfeifenzeremonie« zentrale Bedeutung zu. Von einigen Stämmen gar als »die erste Pflanze« bezeichnet, galt der
Tabak den Indianern weder als Genussmittel noch gar als Handelsobjekt, sondern diente als »heilige Gabe« des »Großen Geistes«
vorzugsweise zur rituellen Kontaktaufnahme mit der Welt der Ahnen und Geister. Die Pfeifen waren je nachdem aus Knochen, Ton,
Holz, Metall oder Stein gearbeitet. Ist der Tabak entzündet, so lässt sich der Rauchende durch das tiefe Einatmen zunächst
von der »jenseitigen Welt« vereinnahmen. Durch das schrittweise Ausatmen des Rauchs in die vier Himmelsrichtungen, nach oben,
nach unten und »ins Zentrum« – mithin also insgesamt in sieben Richtungen – wird der Rauchende Teil dieser Welt, bevor er
durch das erneute Einatmen des Rauchs heil und gestärkt zu sich zurückkehrt.
Die Rede ist von jener Sternengruppe, die wir unter dem Namen »Siebengestirn« kennen. Und noch ein anderes, uns wohlbekanntes Sternbild erfährt bei den Navajos mythische Würdigung:
In ferner Zeit lebte ein Mädchen, das hatte sieben Brüder. Eines Tages verliebte sich das Mädchen in einen Bären. Als der
Vater des Mädchens davon erfuhr, zögerte er nicht lange und tötete den Bären. Darüber war das Mädchen so verbittert, dass
es sich nichts sehnlicher wünschte, als sich auf der Stelle selber in einen Bären zu verwandeln, um den Tod des Geliebten
an den eigenen Brüdern rächen zu können. Sogleich erfüllte sich der Wunsch. Als die Brüder die tödliche Gefahr auf sich zukommen
sahen, flohen sie gen Himmel, wo sie seitdem das Sternbild des Großen Bären bilden.
Friedenspfeifen der nordamerikanischen Indianer
Wie auch immer man derartige Mythen aus heutiger Sicht beurteilen mag: Fakt ist, dass sich die Sieben in vorkolonialer Zeit
in teilweise tausende Kilometer auseinanderliegenden nordamerikanischen Indianerkulturen etablierte – mit teils gemeinsamen
und teils unterschiedlichen Ausprägungen.
Dieses Phänomen lässt sich kaum mit der mehrfach erwähnten »Diffusionstheorie« erklären, gab es doch seit dem ersten Aufblühen
der mystischen Sieben im mesopotamischen Sumer keine signifikanten Wanderbewegungen zwischen dem asiatischen und nordamerikanischen
Festland mehr. Waren Asien und Nordamerika bis vor fast 10 000Jahren noch durch eine Eisbrücke verbunden, so schob sich mit dem Ende der letzten Eiszeit ein zunehmend unüberwindlich scheinender
ozeanischer Wasserriegel, die Beringstraße, zwischen beide Kontinente.
Am 4. Juli 1999 fand man in einer unterirdischen Steinkammer in Sachsen-Anhalt eine knapp fünf Millimeter dicke, kreisrunde Bronzeplatte
von etwa 32 Zentimeter Durchmesser. Das Auffällige an der grün getönten Scheibe sind knapp vierzig Goldblech-Applikationen, die sich dem
Betrachter unmittelbar als schematische Darstellung des Himmels offenbaren. Auf den ersten Blick erkennbar: die Sonne (alternativ:
der Vollmond), die Sichel des (vermutlich aufgehenden) Mondes sowie eine Gruppe von sieben Sternen. Nach übereinstimmenden
Berechnungen datiert die Herstellung dieser nach der nächst dem Fundort gelegenen Kleinstadt Nebra benannten »Himmelsscheibe«
um das Jahr 1600 vor Christus. Sie wurde vermutlich zur kultischen Ermittlung von Jahreszyklen verwendet in einer Zeit, als
in der von der sogenannten »Tumulus«-Kultur geprägten Region von babylonischen, hellenistischen oder gar römischen Einflüssen
noch keine Rede sein konnte. Dass siebenzählige Sternbilder auf der nördlichen Erdhalbkugel offenbar auch andernorts Kult
und Mythen beeinflussten, zeigt jene Passage in einem estnischen Weltentstehungsmythos aus dem ersten vorchristlichen Jahrtausend,
in dem unmittelbar nach dem Bau des »Ur-Nestes« durch die »Luftgöttin« Ilmatai sieben Eier aus dem Nest fielen, aus denen
gleichsam im Fluge Himmel, Erde und Gestirne entstanden.
Da zudem nicht anzunehmen ist, dass die magisch-mythisch-mystische Sieben rein zufällig zugleich in sehr unterschiedlichen
Indianerkulturen Nordamerikas auftauchte, in Südamerika, Afrika, Australien und Ozeanien
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