Siebenpfahl (German Edition)
begann zu strahlen.
»Euch schickt der Himmel!«, rief er erleichtert. »Könntet ihr mir denn bitte behilflich
sein, den Wagen aufzurichten und das Heu wieder aufzuladen?«
»Was bleibt uns anderes übrig?«, gab Christopher vergnügt zurück
und spuckte theatralisch in die Hände. Dann wandte er sich den anderen zu. »Los
geht’s!«
Während Tom die Augen verdrehte, grinsten sich die anderen an und
begaben sich an die Arbeit.
Nach zwei Stunden war es geschafft. Der Wagen stand auf dem Weg,
das Heu wieder aufgeladen und das Pferd angespannt.
Der Bauer bedankte sich und versprach, auch ihnen zu helfen,
sollte es einmal notwendig sein.
Gegen einundzwanzig Uhr erreichten sie endlich die Burg Rodenstein
bei Fränkisch-Crumbach. Sie lag in einem dichten Wald und wirkte finster. Ein
Graben umgab sie. Die Zugbrücke war bereits hochgezogen und die Dämmerung hatte
eingesetzt. Marcel und seine Freunde betrachteten ehrfurchtsvoll die Burg, doch
niemand war zu sehen. »Hat jemand eine Hupe dabei?«, scherzte Leon. »Oder wie
machen wir jetzt auf uns aufmerksam?«
»Wer seid ihr?«, rief da plötzlich eine Stimme, sodass sie unweigerlich
zusammenzuckten. Sie sahen zu der Stelle hin, von der die Stimme gekommen war.
Hinter einem kleinen Schlitz in der Burgmauer war den Teil eines Gesichtes zu erkennen.
»Wer seid ihr?«, rief es wieder, worauf Marcel antwortete, dass
sie Boten wären und einem gewissen Siebenpfahl eine Kiste überbringen sollten. Christopher,
der die Kiste trug, hob sie hoch, sodass der Wachmann sie sehen konnte.
»Wartet, wir lassen die Zugbrücke herunter«, rief er und sein Gesicht
verschwand hinter dem Spähschlitz. Kurz darauf senkte sich die Zugbrücke über
den Graben.
Ein Mann trat heraus, der sie eindringlich musterte. »Wartet!«,
sagte er. »Siebenpfahl kommt sofort, um die Kiste in Empfang zu nehmen!« Dann sah
er an ihnen vorbei und spähte in den Wald, so als ob er damit rechnete, dass
sich dort Angreifer aufhielten, die nur auf eine Gelegenheit warteten, die Burg
zu stürmen.
Bei dem Mann handelte es sich zweifelsohne um einen Wachmann, was an
seiner Erscheinung unschwer zu erkennen war. Er trug ein Schwert und einen
Schutzschild. Der Helm auf seinem Kopf war aus Blech und sah eindrucksvoll aus.
Im Hintergrund konnten die Freunde nun eine Gestalt erkennen, die auf
das Tor zugelaufen kam. Sie trug ein weißes Gewand mit farbigen Stickereien.
Es war Siebenpfahl.
Sein Blick war ernst und eindringlich. »Ich hatte euch früher
erwartet!«, sprach er mit finsterer Stimme und blieb im Torbogen stehen, um sie
zu betrachten.
»Wir mussten einem Bauern helfen, dessen Heuwagen umgefallen war«,
erklärte Pascal.
»Ich werde es euch nachsehen«, gab Siebenpfahl mürrisch zurück,
dann schritt er über die Zugbrücke hinaus. Vor Christopher blieb er stehen und nahm
ihm die Kiste aus den Händen. Dann reichte er ihm einen Silberling, dankte den
Jungen und ging ohne ein weiteres Wort zurück in die Burg.
Sogleich wurde die Zugbrücke wieder heraufgezogen.
Verdutzt sahen sich die sechs Freunde an und begaben sich auf den
Heimweg.
*
M argret sorgte sich: Seit geraumer Zeit wartete sie auf die
Rückkehr der Jungen. »Conrad, es wird dunkel und die Jungen sind noch nicht
zurück! Du hättest nicht einwilligen sollen, sie so weit von hier wegzuschicken!«
Conrad verzog das Gesicht. »Die werden schon noch kommen. Immerhin
sind sie am Nachmittag aufgebrochen und hatten somit genug Zeit für den Hin-
und Rückweg.« Er versuchte Margret zu beruhigen, doch auch er spürte
mittlerweile eine ständig wachsende Unruhe in sich aufkommen.
»Ich glaube, sie haben sich verlaufen«, vermutete Irmel und machte
ein trauriges Gesicht. Auch sie hatte Angst, dass den Burschen etwas zugestoßen
sein könnte.
Conrad überging die Bemerkung seiner Tochter und ging zur Tür. »Ich
gehe nochmal zum Burgvogt. Vielleicht weiß er ja was.«
*
D ie Freunde waren in einem Waldstück zwischen der Burg Rodenstein
und Laudenau unterwegs. Sie merkten nicht, dass sie von zwei finsteren Gestalten
verfolgt und beobachtet wurden. Es war bekannt, dass sich gerade hier in der
Gegend allerhand Gesindel herumtrieb und nur darauf wartete, leichte Beute zu machen.
»Die müssen demnächst ein Nachtlager aufbauen, da es bald dunkel
wird«, raunte der Eine mit einem hämischen Grinsen. Er war kräftig, hatte eine
kleine Mütze auf und trug einen Spitzbart.
Der andere hatte zottelige und halblange Haare. Seine
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