Siebenpfahl (German Edition)
Doktor hatten etwa zwei Stunden benötigt, die
Flüssigkeit aus den sechs verschiedenen Kräutern zu pressen und fertigzustellen.
Es war sogar einiges mehr geworden, als sie benötigen würden.
»Das wäre vollbracht«, stöhnte der Doktor und griff unter die Arbeitsplatte,
unter der er einen Krug sowie zwei Tonbecher hervorholte. Er füllte die Gläser
und zwinkerte Eberhard zu, »Als Belohnung gönnen wir uns nun noch einen Kräuterschnaps!«
»Darauf hatte ich gehofft!«, leckte Eberhard genüsslich die Lippen
und nahm den Becher, den ihm der Doktor reichte – da wurde die Tür geöffnet und
Maria, die Frau des Doktors trat herein. »Margret ist tot!«, brachte sie mit
zittriger Stimme hervor und begann zu weinen.
Die beiden Männer blickten sich betroffen an. Sie stellten die
Becher ab, ohne daraus getrunken zu haben, und begaben sich ins Behandlungszimmer,
wohin ihnen Maria folgte. »Was ist geschehen?«, fragte Eberhard.
»Ein Ritter hat sie vor dem Stadttor mit dem Schwert getötet«, schluchzte
Maria und wischte sich mit der Schürze die Tränen aus dem Gesicht.
»Ein Ritter?«, konnte es der Doktor nicht fassen. »Wieso tötet ein
Ritter Margret?«
»Ich weiß es nicht!«, stammelte Maria und putzte sich die Nase.
»Wo ist sie? Und wo sind Conrad und die Kinder?«, fragte Eberhard.
»Sie sind auf der Burg … in ihrer Unterkunft.«
Eberhard, der sich hingesetzt hatte und das Kreuz Jesu anstarrte,
das gegenüber an der Wand hing, faltete die Hände und flüsterte ein stilles
Gebet. Dann blickte er sorgenvoll zum Doktor, »Wir müssen nach ihnen sehen … lass
uns auf die Burg gehen.«
*
S iebenpfahl hatte den drei verbliebenen Rittern aufgetragen, die
Wachposten von den Bächen abzuziehen und mit ihnen zu dem vereinbarten Treffpunkt
zu kommen, zu dem er auch Ritter Kathar und dessen Armee bestellt hatte. Der
Treffpunkt befand sich vor Lindenfels und gewährte den freien Blick auf die
Burg.
Siebenpfahl saß unter einem dichten Baum, in die Ferne blickend.
Zwar war die Sicht durch den strömenden Regen getrübt, doch tat dies seiner
Faszination für diese Burg keinen Abbruch.
Während er in Gedanken versunken den heutigen Tag Revue passieren
ließ, vernahm er schwaches Hufgetrampel. Er erhob sich, blickte über das Tal
hinweg in Richtung Kolmbach, doch sehen konnte er nichts. Trotzdem, er war sich
sicher, dass es sich um Kathar und dessen Männer handelte. Er wusste um die Gefährlichkeit
und Hinterhältigkeit dieser Söldnertruppe, doch ohne deren Hilfe würde er sein
Ziel nicht mehr erreichen können.
Er musste an Margret denken, die nun tot war.
Auf der einen Seite ärgerte ihn diese sinnlose Tat, auf der anderen
Seite jedoch hatten seine Gegner damit einen schweren Schlag abbekommen, von
dem sie sich erst einmal erholen mussten. Und das kostete sie Zeit.
Trotzdem wäre ihm der Blumenstrauß, den Margret bei sich hatte, lieber
gewesen als ihr sinnloser Tod.
Siebenpfahl streckte den Hals, denn soeben kehrten seine Männer zurück.
Sie ritten in leichtem Galopp, denn da Kathar und seine Armee noch nicht da
waren, brauchten auch sie sich nicht zu beeilen. So stiegen sie gemächlich von
ihren Pferden ab, versorgten sie und suchten sich anschließend – wie auch Siebenpfahl
– Schutz unter den Bäumen.
Gesprochen hatten sie während der ganzen Zeit kein einziges Wort, was
zweifelsohne damit zusammenhing, dass sie zwei ihrer Mitstreiter verloren
hatten.
Siebenpfahl hatte den Zusammenhalt dieser Männer schon immer
bewundert und konnte sich vorstellen, dass ihnen der Tod der beiden schwer zu
schaffen machte.
So saßen sie alle unter den Bäumen und fieberten dem entgegen, was
heute noch passieren würde. Wie viele von ihnen würden bei dem bevorstehenden
Kampf ebenfalls ihr Leben verlieren? Würden sie alle dabei sterben … oder als
triumphierende Sieger aus ihm hervorgehen?
Wie würde der heutige Tag für sie enden?
Mit lautem Grollen ritt die Armee den Waldweg entlang. An der
Spitze befand sich Kathar, der schwarze Söldner, wie man ihn ehrfurchtsvoll
nannte. Schon allein der bloße Anblick der Truppe wirkte angsteinflößend.
Die Pferde, alles große und kräftige Rappen, waren mit
Schutzhüllen aus Leder umgeben. Diese sollten verhindern, dass ihnen Schwerter
oder Lanzen in den Leib gerammt werden konnten; denn war ein Ritter im Getümmel
erst einmal von seinem Pferd herunter, so waren seine Überlebenschancen bei weitem
nicht mehr so groß, als wenn er von dessen Rücken
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