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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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basierte auf puren Indizien«, fuhr er fort. »Die kleine Nurja soll ein Schreikind gewesen sein. Etwas, mit dem eine Siebzehnjährige, die kaum Deutsch spricht, vielleicht tatsächlich überfordert ist. Außerdem nutzte die Familie offenbar all ihre Au-pair-Mädchen gnadenlos aus, und es kam mehr als einmal vor, dass Jenny ihr versprochenes freies Wochenende nicht antreten durfte.«
    »Was macht die Schwester heute?«, fragte Capelli. »Die, die angeblich das Gatter offen gelassen hat, meine ich.«
    »Sie studiert.« Er machte eine wohlbedachte Pause. »Psychologie.«
    Capelli starrte ihn an. »Das ist ein Witz, oder?«
    »Nein.«
    »Ich will mit ihr reden.«
    Gehling grinste. »Komisch, aber irgendwie habe ich mir das gedacht.« Sein Jungengesicht wandte sich ihr zu. »Sie sitzt drüben in 3b.«
    Capelli strubbelte ihm freundschaftlich durch die Haare. »Du hast was gut bei mir!«
    »Ich komm darauf zurück«, lachte er.
7
    Sander Westen lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück, während sein Handy mit einer Reihe von rotierenden Kreisen auf dem Display signalisierte, dass es eine Verbindung herstellte. Er hatte die Nummer seiner Exfrau aus dem Telefonverzeichnis gelöscht, als er aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen war. Doch leider konnte er nichts daran ändern, dass er sie noch immer auswendig kannte und vermutlich auch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auswendig kennen würde.
    Das Telefon klingelte einige Male ins Leere, ehe Dana abnahm.
    Sie klang gereizt. »Ja?«
    »Ich bin’s«, sagte er.
    Ihre Ablehnung war selbst noch auf die Entfernung zu spüren. »Was willst du?«
    Er konnte nicht umhin zu lächeln. Diese Reaktion war absolut typisch für Dana. Offen. Direkt. Und unverhohlen feindselig. Trotzdem versuchte er es mit einem Minimum an Höflichkeit. »Hallo, Dana. Wie geht es dir?«
    »Du rufst nicht an, um mich zu fragen, wie es mir geht«, gab sie zurück, und augenblicklich hatte ihre Stimme wieder diesen gefährlichen Beiklang, den er so gut kannte. Wie ein Raubtier auf dem Sprung.
    »Vielleicht doch.«
    Sie lachte, aber es klang nicht amüsiert. »Komm schon, Sander, verschwende nicht unser beider Zeit und sag mir einfach, was du willst.«
    Westen atmete tief durch. »Ich wollte dich fragen, ob es in deinem Leben in der letzten Zeit etwas gegeben hat, das … Ob alles okay ist.«
    Er rechnete fest damit, eine patzige Antwort zu bekommen. Mein Leben geht dich nichts mehr an, schon vergessen? Etwas in der Richtung. Aber dieses Mal lag er daneben.
    »Was sollte denn nicht okay sein?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Gibt es ein Problem?«
    »Vielleicht.«
    Sie holte geräuschvoll Luft. »Hat es mit deinem Job zu tun?«
    Das hatte sie schon immer getan. Das, was er tat, als einen »Job« zu bezeichnen. Etwas, das ihn seit je gestört hatte, auch wenn es ziemlich genau traf, wie sie darüber dachte. »Es wäre möglich.«
    »Könntest du dich vielleicht etwas präziser ausdrücken?«
    Westen überlegte kurz und entschied sich für die Wahrheit.»Vor ein paar Tagen war die Polizei bei mir.« Er konnte sie vor sich sehen, wie sich ihr Körper verspannte. »Zwei Patienten von mir sind gestorben und …«
    »Was soll das heißen, sie sind gestorben?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Sie wurden ermordet.«
    »Himmel, Sander, das ist doch hoffentlich nicht dein Ernst.«
    Er sparte sich eine Antwort auf diese Frage. Und auch jeglichen Hinweis darauf, dass er eine solche Sache nie für einen schlechten Witz missbrauchen würde. Stattdessen sagte er: »Ich wollte einfach nur wissen, ob dir in der letzten Zeit etwas aufgefallen ist, das anders gewesen wäre als sonst.«
    Mir? Was hat denn das mit mir zu tun?, wäre eine naheliegende Reaktion gewesen. Doch so naiv war seine Ex nicht. Alles, was sie sagte, war: »Verdammt noch mal …«
    Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass es keinen Zweck hatte, ihr irgendetwas zu erklären. Also konzentrierte er sich lieber darauf, sein Gewissen zu beruhigen, indem er alle Möglichkeiten abklopfte. Alle potenziellen Gefahren. »Hast du vielleicht jemanden kennengelernt, der dich …« Er wollte nicht »ausgefragt« sagen, aber ihm fiel auch keine bessere Formulierung ein. »… der sich nach mir oder nach früher erkundigt hat?«
    »Nein.«
    »Aber du hast in letzter Zeit jemand Neues kennengelernt?«
    »Ich bitte dich, Sander. Was soll das?«
    »Es muss nicht unbedingt ein Mann sein. Also ein Freund, meine ich.« Er kam sich vor wie ein Pennäler. »Eine Beziehung.«
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