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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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Abendessen?«
    Sie gab ein resigniertes Stöhnen von sich.
    »Beruhige dich, so war das nicht gemeint.« Er grinste. »Ich wollte nur wissen, ob es der Qualität deines Essens Abbruch tut, wenn wir eine halbe Stunde später dinieren.«
    »Du willst da hin?«, fragte sie entgeistert.
    »Was denn sonst?«, gab er zurück. »Ich habe ganz bestimmt keine Lust, die Nacht neben einer Frau zu verbringen, die sich schlaflos von einer Seite auf die andere wälzt, weil sie sich um eine Person sorgt, die vermutlich nicht mal existiert.«
    Zum ersten Mal an diesem Abend huschte ein Lächeln über Christinas Gesicht. Da sollte noch mal einer sagen, Männer wären nicht für Überraschungen gut!
    »Ich habe Nudelauflauf vorbereitet«, verkündete sie fröhlich. »Der lässt sich problemlos aufwärmen.«
    »Na prima, dann los!« Michael warf Briefkarte samt Kuvert auf die Garderobe und klatschte unternehmungslustig in dieHände. »Überzeugen wir uns davon, dass sich keine uns unbekannte Jennifer in akuter Lebensgefahr befindet.«
    »Findest du es sehr albern, wie ich mich benehme?«, fragte Christina, während ihr Mann routiniert Jackett und Businessschuhe gegen eine dunkle Softshelljacke und Sneakers tauschte.
    »Albern?« Er richtete sich auf und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Ach was. Ein bisschen übertrieben vielleicht. Aber ich muss zugeben, dass die Geschichte inzwischen auch meine Neugier geweckt hat.«
    Wenn es doch nur Neugier wäre, was ich fühle, dachte Christina unbehaglich. Aber ihr Instinkt sagte ihr, dass es um viel mehr ging. Da war eine dunkle Bedrohung, die von der harmlos anmutenden Karte ausging. Eine echte, unmittelbare Gefahr, die sie beinahe körperlich spüren konnte.
    Allerdings solltest Du Dich lieber beeilen …
    Während sie ihren Mann beobachtete, der mit seinem Reißverschluss kämpfte, überlegte sie, ob ihm das versteckte Ultimatum entgangen war. Oder ob er es schlicht und einfach nicht ernst nahm. Doch als er im selben Moment in die oberste Schublade des Garderobenschranks griff und den Reizgasrevolver herausnahm, den er ihr vor Jahren gekauft hatte, damit sie abends hin und wieder auch ohne ihn zum Joggen gehen konnte, war ihr klar, dass er die Stelle keineswegs überlesen hatte.
    Allerdings solltest Du Dich lieber beeilen … sonst?, ergänzte sie in Gedanken. Was sonst? Was passiert, wenn wir nicht kommen? Oder zu spät sind?
    Die beiden Worte setzten sich in ihrem Kopf fest und brannten in riesigen roten Lettern hinter ihrer Stirn: ZU SPÄT . Was passiert, wenn wir zu spät kommen?
    »Können wir?«, fragte Michael, indem er die Waffe wie selbstverständlich in die Tasche seiner Anzughose schob.
    Christina nickte nur und griff nach ihrer Jacke.
    Auf dem Weg zur Garage legte ihr Mann ihr fürsorglich den Arm um die Schultern. Etwas, das er schon lange nicht mehr getan hatte.
    »Es ist bestimmt nur ein dummer Scherz«, sagte er sanft.
    »Ja, bestimmt«, nickte sie.
    Doch als sie wenige Sekunden später die Autotür hinter sich zuschlug, hatte sie ein entschieden ungutes Gefühl.
10
    »Hi, lange nicht gesehen …«
    Oh nein! Em schlang die Finger fester um die Lehnen ihres Stuhls. Bitte nicht! Nicht auch noch das, nicht ausgerechnet jetzt.
    Doch ihr stummes Flehen wurde nicht erhört.
    »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, fuhr die vertraute Stimme in ihrem Nacken fort, »aber nach unserem Gespräch von vorhin dachte ich, ich schau einfach mal spontan bei euch rein und mache Nägel mit Köpfen.«
    Em drehte sich um, und die Vorfreude in seinem Blick raubte ihr für einige Sekunden buchstäblich den Atem. Tom Ahrens sah aus wie ein stolzer kleiner Junge, der gelobt werden wollte dafür, dass er so tapfer war.
    »Hi«, stotterte sie, während eine elementare Wut in ihr aufstieg. Und angesichts der Situation blieb ihr nicht viel anderes übrig, als diese Wut gegen ihre neue Partnerin zu richten. Gegen Mai Zhou, die kühle Überfliegerin, die den guten alten Tom um seinen wohlverdienten Job brachte.
    »Störe ich?«, fragte dieser, als er bemerkte, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
    »Tust du doch immer«, antwortete Em, vielleicht einen Hauch zu aufgeräumt. Aber sie musste Zeit gewinnen. Zeit zum Nachdenken. Zeit, eine Lösung zu finden für etwas, das nicht zu lösen war …
    »Wie halten Sie das bloß aus?«, wandte sich Tom scherzhaftan Decker. Er kannte die meisten Beamten aus Ems Abteilung vom Sehen. Und natürlich auch aus ihren Erzählungen.
    »Aushalten? Mit der da?«

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