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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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strahlte sie, sichtlich stolz. »Herr Dorn hat ihn mir vor vielen Jahren gegeben. Falls mal irgendwas ist … Aber hier im Büro müsste eigentlich auch noch einer sein. In dem kleinen Schlüsselkasten neben dem Safe, wenn ich mich nicht irre.« Sie sprang hilfsbereit auf. Doch nach ein paar Schritten fiel ihr ein, dass das Büro ihres ermordeten Chefs noch immer tabu war.
    Em gab Zhou ein Zeichen, dass sie die Kriminaltechniker danach fragen sollte. »Haben Sie da drin irgendwas verändert oder angefasst?«
    »Das haben mich Ihre Kollegen auch schon gefragt«, antwortete Doris Senn mit einem leisen Lächeln. »Nein, habe ich nicht.«
    »Bestimmt nicht?«
    Sie schluckte. »Ich habe sofort gesehen, dass er … dass da nichts mehr zu machen ist, meine ich. Also bin ich sofort wieder raus und habe die Polizei gerufen. Und den Arzt.«
    »Danke«, sagte Em mit aufrichtiger Wärme. »Sie haben uns wirklich sehr geholfen.«
5
    Auf dem Klingelschild stand »DORN, T + H«.
    »Das H steht für Hannah«, hatte Doris Senn den beiden Polizistinnen noch mit auf den Weg gegeben, »Herrn Dorns Mutter.«
    Sie war nach dem Tod ihres Mannes zu ihrem einzigen Sohn gezogen, jetzt allerdings auch schon mehr als fünfzehn Jahre tot. Trotzdem hatte Theo Dorn das Schild offenbar nie ändern lassen, und Zhou überlegte, ob dies ein Zeichen von Verschrobenheit oder doch schlicht und einfach Bequemlichkeit gewesen war.
    Capelli gab ihr wortlos zu verstehen, dass sie sich hinter ihr halten solle. Dann zog sie ihre Dienstwaffe aus dem Holster und steckte den Schlüssel, den die Spurentechniker ihnen ausgehändigt hatten, ins Schloss der Wohnungstür.
    »Eine Beziehung?«, hatte Doris Senn gefragt. »Nein, nicht dass ich wüsste.«
    Capelli hatte ihr einen zweifelnden Blick geschenkt. »Ein Mann in seinem Alter? Seit fünfzehn Jahren nicht?«
    Das hatte die Angestellte immerhin ein wenig unsicher werden lassen. »Wann immer ich ihn mal eingeladen habe«, hattesie ausweichend geantwortet, »zur Konfirmation meines Jüngsten zum Beispiel oder zu einem runden Geburtstag, kam er allein. Aber natürlich kann ich nicht beurteilen, ob er … Herr Dorn war ein sehr diskreter Mensch, wie ich bereits sagte.«
    Diskrete Menschen machen fast immer Probleme, wenn sie ermordet werden, dachte Zhou unbehaglich.
    Während sie auf Capellis Zeichen wartete, schlossen sich ihre Finger fester um den Griff ihrer Heckler & Koch, die sie bereits gestern zusammen mit ihrem Dienstausweis erhalten hatte. Mit dem Vorgängermodell dieser P30 hatte sie bereits in der Zeit ihrer Ausbildung regelmäßig geschossen. Und natürlich hatte sie auch gestern, bei der Übernahme, ein paar Routineübungen auf dem Schießstand absolviert, um sich mit dem aktuellen Modell vertraut zu machen. Trotzdem fühlte sie sich urplötzlich schlecht vorbereitet.
    »Polizei!«, rief Capelli, nachdem sie die Tür geöffnet hatte. »Irgendjemand da?«
    Das Haus lag in fußläufiger Nähe zu Theo Dorns Laden. Ein Altbau mit zwölf Parteien. Gepflegt und seriös. Zhou hörte ein Baby weinen, als Capelli und sie gespannt auf Antwort warteten. Doch aus dem Inneren der Wohnung drang nichts als eine tiefe, raumgreifende Stille.
    Dann mal los , sagte Capellis Blick.
    Zhou nickte und folgte ihr in eine geräumige und erstaunlich modern eingerichtete Wohnung. Routiniert vergewisserten sie sich, dass die viereinhalb Zimmer tatsächlich leer waren. Dann trennten sie sich und fingen an zu suchen.
    Capelli begann im Wohnzimmer, Zhou nahm sich die kleine, aber edel bestückte Küche vor. Offenbar hatte der ermordete Uhrmachermeister gern gekocht. Zhou streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über. Dann öffnete sie Schränke, inspizierte Dosen und blätterte Kochbücher durch.
    »Theo Dorn war anscheinend tatsächlich gläubig«, rief sie ihrer Kollegin im Nebenraum zu.
    »Woran machen Sie das fest?«
    »Zwei Sets von Kochgeschirr«, murmelte Zhou, indem sie neben dem Herdunterschrank in die Knie ging.
    »Was?«
    »Sieht ganz so aus, als ob er koscher gekocht hätte«, rief sie, jetzt deutlich lauter als zuvor. »Er besitzt zwei Sätze von Töpfen und Pfannen.«
    »Aha.«
    »Die Speisegesetze besagen, dass Fleischiges nicht zusammen mit Milchigem verzehrt oder zubereitet werden darf.«
    »Was Sie so alles wissen!« Capellis Gesicht erschien im Türrahmen, und Zhou hatte den dringenden Verdacht, dass ihre Partnerin sich über sie lustig machte.
    »Natürlich könnten die Sachen auch noch von seiner Mutter stammen«,

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