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Sieg der Herzen

Sieg der Herzen

Titel: Sieg der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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fortreiten. Jeder mit einer Spur von Verstand hätte genau das getan. Das Dumme war, dass er ungefähr so viel Verstand wie eines dieser Hühner in diesem baufälligen Stall hatte, wenn es um Miss Olivia Darling ging.
    Sie blickte von ihrer Arbeit auf. »Möchten Sie etwas?«, fragte sie, weil sie zweifellos gespürt hatte, dass er sie beobachtet hatte.
    Er getraute sich nicht, diese besondere Frage ehrlich zu beantworten, obwohl er keine Probleme gehabt hätte, eine Liste seiner Wünsche zu erstellen. »Warum haben Sie es getan?«
    Einen Moment dachte er, sie würde etwas Schnippisches erwidern wie zum Beispiel »Was getan?«, doch das tat sie nicht. Sie errötete ein wenig, und es fiel ihr offensichtlich schwer, ihm in die Augen zu sehen.
    »Es tut mir leid«, sagte sie sehr leise.
    Er griff über den Tisch und nahm ihre Hand, bevor ihm klar wurde, was er da tat, und sie zog die Hand nicht fort. Es war eine eigentlich unbedeutende Sache, doch ihr Verhalten erfüllte ihn mit einem Verlangen, zu dem er sich nicht mehr fähig gewähnt hatte. »Ich wollte keine Entschuldigung hören. Nur eine Erklärung.«
    Sie schaute fort, wich seinem Blick aus. Und ließ ihre Hand in seiner, obwohl er spürte, wie sie sich anspannte, bereit zum Rückzug und vielleicht sogar zur Flucht. »Ich weiß nicht, warum ich es getan habe«, antwortete sie, und so unzulänglich die Antwort auch war, er wusste, dass sie die Wahrheit sagte.
    Er lächelte sie an und ließ ihre Hand los. Für einen flüchtigen Augenblick glaubte er Enttäuschung in ihren Augen zu sehen, doch das war vermutlich nur Wunschdenken. Eine Weile sahen sie einander nur stumm an.
    Dann brach Jack das Schweigen. »Ich habe lange nachgedacht - vielleicht sollte ich gleich weiterziehen, anstatt noch zu warten.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. »Oh«, sagte sie und starrte auf die Tischplatte.
    »Als ich herkam, nahm ich an, ich wüsste, was ich tue. Was ich sagen würde, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es irgendeine Möglichkeit gibt, das zu tun.« Er sprach mit sich selbst und zugleich mit Olivia, als er diese Worte äußerte. Er verschränkte die Hände, weil er befürchtete, dass sie sonst ihr Zittern sehen würde. »Anscheinend würde ich mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken, wenn ich hier bliebe.«
    »Warum?«, fragte sie leise. Seine Worte hatten sie ein wenig gekränkt, das konnte er ihr ansehen. »Warum wäre es so falsch zu bleiben?«
    Er seufzte. »Es gibt vieles, über das ich nicht reden kann, Olivia. Nicht, ohne zuvor mit anderen Leuten darüber gesprochen zu haben.« Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und überlegte angestrengt, wie er ihr wenigstens so etwas wie einen Grund nennen konnte. »Vor langer Zeit war ich jemand anders. Vor kurzem haben Sie mich gefragt, ob ich ein Bandit sei; und ich ... ich habe das bestritten. In gewisser Hinsicht war das eine Lüge ...«
    Gott, wie sehr er wünschte, ihr alles zu erzählen. Er sehnte sich danach, sich irgendwo niederzulassen, normale Dinge zu tun, wie sich rasieren und die Haare schneiden zu lassen. Wieder seinen richtigen Namen anzunehmen - vorausgesetzt, er konnte sich wieder daran gewöhnen, darauf zu reagieren. Er hatte sich so lange »Jack McLaughlin« genannt, dass er manchmal vergaß, wer er in Wirklichkeit war.
    Abermals wirkte Olivia, als hätte er sie geschlagen. Sie setzte sich kerzengerade auf; es brach ihm das Herz zu wissen, dass sie sich auf das Schlimmste gefasst machte. »Ich habe an einigen Überfällen teilgenommen. Jemand kam ums Leben.«
    Sie wurde weiß. »Haben Sie den Mord begangen? Oder ihn geduldet?«
    »Ich war dabei«, sagte er. »Ich habe nicht abgedrückt, und ich hätte eingegriffen, doch Tatsache ist, dass alles vorbei war, bevor ich wusste, was passierte.«
    »Guter Gott«, flüsterte Olivia und schloss die Augen.
    Er wäre am liebsten im Boden versunken, als er ihr entsetztes Gesicht sah. »Danach trennte ich mich von den anderen und nahm ehrliche Arbeit an«, fuhr er fort, und das war bei Gott die Wahrheit. Er hatte sich von der Bande abgewandt, mit der er geritten war, aber der Sheriff war lange, lange Zeit hinter ihm her gewesen.
    »Sie werden steckbrieflich gesucht?«
    »Vielleicht«, sagte er. »Ich weiß es nicht. Es sind viele Jahre vergangen.«
    »Da gibt es noch mehr, nicht wahr?«
    Er hielt ihrem Blick stand. Nickte. »Ich werde Ihnen alles erzählen, aber wie schon gesagt, ich muss zuerst mit jemand anderem

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