Sieg der Herzen
reden.«
»Sie meinen Jacob und June McCaffrey, nicht wahr?«
Zuerst war er verblüfft, doch dann sagte er sich, dass er sich vermutlich irgendwie verraten hatte. »Ja«, gab er zu.
»Wer sind Sie, Jack?«
»Fragen Sie das nicht, Olivia. Ich kann es Ihnen nicht sagen. Noch nicht.«
»Aber Sie werden es sagen?«
»Ja.«
»Ich nehme an, das muss reichen«, meinte sie. Dann stand sie vom Stuhl auf, wandte sich von Jack ab und beschäftigte sich am Herd.
Er erhob sich linkisch und stand dort, beobachtete sie lange Zeit und wusste nur zu gut, dass sie seine Anwesenheit nicht mehr wünschen würde, wenn sie erst alles erfahren hatte. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass auch die McCaffreys ihn abweisen würden, obwohl sie zuerst froh sein würden, ihn wiederzusehen.
Er fühlte sich einsam wie nie, als er die Küche durchquerte und seinen Mantel und den Hut nehmen und zum Brimstone Saloon gehen wollte, den er bis jetzt gemieden hatte, doch ein plötzlicher Gedanke ließ ihn abrupt verharren.
Mit heiserer Stimme sagte er: »Wenn Sie nicht wollen, dass ich heute Nacht zum Übernachten zurückkomme, werde ich das verstehen.«
Sie sah ihn nicht an, machte unnötigen Lärm, wie es ihm vorkam, indem sie Topfdeckel anhob und Töpfe und eine Pfanne auf dem Herd verschob. »Wenn Sie vorgehabt hätten, mich in meinem Bett zu ermorden, hätten Sie das wohl schon getan«, erwiderte sie.
Er grinste freudlos. Ihre Worte waren nur ein kleiner Trost, aber mehr konnte er ja nun wirklich nicht erwarten. Er ging hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Olivia starrte lange auf die Tür, als könne sie Jack dadurch bewegen, zurückzukehren und Vernunft anzunehmen. Gleichzeitig wusste sie, dass sie ihn an diesem Abend nicht mehr sehen würde. Vielleicht auch nicht morgen oder sogar nie mehr. Der Gedanke war fast unerträglich für sie, obwohl sie allen Grund zu der Ann ahme hatte, dass jeder sonst in Springwater ohne ihn besser dran sein würde.
Sie hatte sich immer für eine intelligente Frau und eine gute Menschenkennerin gehalten, und ihr Gefühl sagte ihr, dass Jack ein guter Mann war, welche Geheimnisse auch immer in seiner Vergangenheit liegen mochten. Doch er hatte zugegeben, an der Tötung eines Menschen beteiligt gewesen zu sein, wenn auch nur indirekt, und er hatte sie davor gewarnt, dass es noch schlimmere Nachrichten geben würde.
Konnte sie ihn so falsch eingeschätzt haben? Sie wäre sicherlich nicht die erste Frau gewesen, die solch einen Fehler begangen hätte.
Seelisch erschöpft, verschränkte sie die Arme auf dem Tisch und legte den Kopf darauf, um sich zu sammeln. Nach einer Weile gewann sie ein wenig von ihrer Fassung wieder und zwang sich, mit der Planung des Springwater-Weihnachtsspieles fortzufahren. Zuerst hatte sie das Projekt nur widerstrebend übernommen, aber jetzt war sie froh darüber,' eingewilligt zu haben - froh, weil sie sich Gedanken über Musik, Engel und Schäfer, die Heiligen Drei Könige und all solche Dinge machen konnte. Sie wusste nicht, was sie getan hätte, wenn sie nicht mit dieser Aufgabe beschäftigt gewesen wäre.
Es war äußerst spät, als sie sich entschloss, schlafen zu gehen. Sogar das Licht auf der anderen Straßenseite in Dr. Parrishs Arbeitszimmer war erloschen. Die übliche wilde Musik drang aus dem Brimstone Saloon, aber sie hatte sich wohl allmählich daran gewöhnt, denn es schien angesichts der jüngsten Ereignisse das Geringste ihrer Probleme zu sein.
Sie konnte nicht länger leugnen, jedenfalls sich selbst gegenüber, dass sie in Mr McLaughlin verliebt war - oder wer auch immer er in Wirklichkeit war. Er hatte sie bisher nicht einmal geküsst - nur einmal kurz mit dem Mund berührt und gewiss hatte er sich in keinerlei Art und Weise verhalten, die man als unschicklich bezeichnen konnte. Trotzdem war Olivia von allen möglichen sonderbaren und unbestreitbar sinnlichen Sehnsüchten erfüllt, wenn er sich auch nur in ihrer Nähe aufhielt.
Sie ging langsam durch das Haus, schüttete Asche aufs Feuer, löschte vergessene Lampen und verharrte am Wohnzimmerfenster, um durch das Schneetreiben zum Zentrum der Sünde und Verderbtheit, das für sie der Brimstone Saloon war, hinüberzuspähen.
Sie verharrte dort eine Zeit lang und hoffte, einen Blick auf eine vertraute Gestalt zu erhaschen, die über die Straße zu ihrem Haus kam, doch das Warten war vergeblich. Schließlich wandte sie sich vom Fenster ab und stieg mit einer Kerze in der Hand die Treppe
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