Sieg der Herzen
kleine Plauderei, bevor ich uns beide gegen Erfrierungen behandeln muss.«
Unter anderen Umständen hätte Jack gelächelt. Er mochte den Arzt und hielt ihn für einen freundlichen Mann, der gute Arbeit leistete. »Nacht«, sagte er.
Parrish hob grüßend eine Hand und wandte sich ab.
Ich habe lange genug gewartet, sagte sich Jack. Er öffnete die Gartenpforte und ging auf die Straße hinaus; auf halbem Weg zur Springwater Station dachte er an Jacobs schwaches Herz, machte kehrt und ging zu Olivias Pension zurück.
Wütend auf sich selbst, stieg er die Treppe zu seinem Zimmer hinauf. Dort zog er den Koffer unter dem Bett hervor, und dann stand er nur da, starrte darauf und traf keine Anstalten zu packen. Er verdiente keine Leute wie Jacob und June; Olivia ebenfalls nicht und auch nicht dieses kleine Mädchen, das ihn so offensichtlich für das hohe und ehrenvolle Amt ihres Papas nominieren wollte. Er würde keinem von ihnen einen Gefallen erweisen, indem er blieb, aber er brachte es nicht fertig, wegzureiten.
Es war ihm nicht bewusst, dass er die Tür offen gelassen hatte, und als er es bemerkte, war es zu spät.
»Dein Vorsatz war nur von kurzer Dauer, nicht wahr?«, fragte Olivia ruhig. Sie hatte den offenen Koffer gesehen und offenbar das Richtige daraus gefolgert.
Er wandte den Kopf und sah sie in einem hochgeschlossenen Nachthemd auf der Türschwelle stehen, das schöne Haar mit der Farbe von Rosenholz zu Zöpfen geflochten, die Augen groß und voller Gefühl.
»Und wenn es ihn umbringt?«, sagte er unglücklich. »Wenn es für sie beide so schmerzlich ist, dass ...«
Er sprach nicht weiter, aber sie wusste natürlich, dass er Jacob und June meinte. »Mehr als ihre beiden Söhne zu verlieren, meinst du, und niemals ihre Leichen begraben zu können?«, fragte sie sanft. Trotz ihres weichen Tonfalls stachen die Worte wie Speere in sein Herz.
»Es ist an der Zeit, nicht mehr wegzulaufen«, fuhr sie fort. »Was auch immer zwischen dir und mir geschieht, Jack, du musst dich zusammennehmen und die Wahrheit erzählen.«
»Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich noch weiß, was das ist«, sagte er und meinte es ernst. Er hatte vor langer Zeit gelernt, dass man Dinge sehen, mit den Händen berühren und mit Herz und Seele glauben konnte, dass sie real waren, nur um dann herauszufinden, dass man sich die ganze Zeit über geirrt hatte.
»Dir zuliebe und ebenso um ihretwillen - und meinetwillen - solltest du dies ein für alle Mal klären. Du hast ein Recht auf dein Leben, Jack. Nimm es dir zurück.«
Er stand steif da, hörte ihr zu und wusste, dass sie Recht hatte. Das hieß jedoch nicht, dass er in der Lage sein würde, ihren Rat zu beherzigen. Wortlos legte er den Koffer wieder auf den Boden und schob ihn mit einem Tritt unters Bett.
Olivia sagte nichts mehr. Aus den Augenwinkeln sah er sie davongehen. Einen Augenblick später schloss sich die Tür ihres Schlafzimmers leise am anderen Ende des Flures.
Eine fast verzweifelte Sehnsucht erfasste ihn; er wollte zu ihr gehen, Zuflucht in ihren Armen, in ihrem Herzen, in ihrem Körper suchen. Aber er hatte kein Recht dazu, noch nicht.
Schließlich zog er sich aus, löschte die Lampe und legte sich in sein kaltes Bett. Der Mondschein fiel so hell durch das Fenster herein, dass man hätte lesen können; doch er lag im Bett, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte zur Decke.
Und erinnerte sich.
Nach dem Sieg bei Chickamauga wurde Wes völlig übermütig; man hätte denken können, er hätte diese Yankees ganz allein zurückgeschlagen, so prahlte er damit. Er hatte nicht so viel Verstand wie ein Pferd, um sich zu fürchten, obwohl rings um sie Männer im Geschosshagel zerfetzt wurden wie Flaschen, die in der Hitze zerplatzten. Will hingegen hatte mehr als Furcht. Er hätte fast alles - einschließlich eines Armes oder eines Beines - dafür gegeben, um zur elterlichen Farm heimkehren zu können. Und wenn er nie wieder etwas über den Krieg gehört hätte, wäre das wunderbar für ihn gewesen.
Wes spielte inzwischen mit einigen Jungs von Virginia Karten - sie hätten keine fünf Cents einsetzen können, Wes eingeschlossen, selbst wenn sie alle ihre Taschen umgestülpt hätten -, und während er sich selbst zugab, dass er Heimweh hatte, wusste er, dass er nicht so bald heimkehren würde. Nicht jetzt, wo sie den Blauröcken Saures gaben und sie ein für alle Mal fertig machten, wie er es formulierte.
Will starrte ins Lagerfeuer und fragte sich in
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