Sieg der Leidenschaft
und sein Zustand besserte sich sehr schnell. Tia wechselte regelmäßig seinen Verband und saß oft an seinem Bett. Eines Morgens erzählte sie ihm, was in letzter Zeit geschehen war.
»Also haben Sie Colonel Douglas geheiratet.« Das schien ihn nicht zu überraschen. »Mussten Sie's tun?«
»Gilly!«
»Nein, nein, so meine ich's nicht. Hatten Sie Ärger, als Sie die Godiva spielen mussten?«
»Ich wurde Taylors Frau, weil ich's wollte.« Mit dieser Erklärung wich sie der Wahrheit zwar aus, aber sie log nicht.
»Ein verdammt netter Kerl. Für einen Yankee.« »Er stammt aus Florida. Und manche Leute würden ihn einen Verräter nennen.«
»Wie Ihren Bruder, Miss Tia«, betonte Gilly.
»Wie meinen Bruder ...«, gab sie zu.
»Wenn man gegen den Strom schwimmt und seinem Gewissen folgt, muss man sehr stark sein. Taylor Douglas mag ein Feind sein, so wie ihr Bruder. Trotzdem hat er sich als mein guter Freund erwiesen. Auch als Ihr Freund. Immerhin kennt er die Geheimwaffe der Konföderation.«
»Geheimwaffe?«
»Sie, Mrs. Douglas«, erklärte er grinsend.
»Unsinn, ich bin keine Geheimwaffe ...«
»Aber eine Legende, die auch nach dem Krieg weiterleben wird. Jetzt beschützt Sie Ihr Mann. Niemand kann Sie gefangen nehmen und töten.«
Unwillkürlich erschauerte sie, dann wechselte sie hastig das Thema. »Ein Glück, dass Sie gerettet wurden, Gilly ... Nun sind Sie bald wieder gesund.«
»Und ein halber Mann«, ergänzte er wehmütig.
»Seien Sie nicht albern! Was einen Mann ausmacht, steckt in ihm drin. Ob er einen Fuß verloren hat, spielt keine Rolle.«
Seufzend drückte er ihre Hand. »Erzählen Sie das den Mädchen, die sich nach dem Krieg weigern werden, einen Krüppel wie mich zu heiraten.«
»Eines Tages finden Sie sicher die Richtige, die Sie lieben wird.«
»Wie können Sie mir das versprechen?«
Tia entschloss sich zu schonungsloser Offenheit. »Nach dem Krieg werden viele Soldaten nicht einmal halbe Männer sein, sondern auf irgendeinem gottverlassenem Maisfeld unter der Erde liegen. Sie werden leben, Gilly! Eines Tages werden Sie einer lieben Frau begegnen. Und Sie sind immer noch imstande, Kinder zu zeugen.«
»Und was soll ich bis dahin machen?«
»Können Sie schreiben?«
»Natürlich!«
»Nicht so arrogant, junger Mann! Ich kenne viele Pflanzer, die bestenfalls ihren eigenen Namen kritzeln können. Helfen Sie mir doch, die Familien der Patienten zu verständigen, die wir verloren haben - im Norden und im Süden. Erzählen Sie, wie tapfer die Jungs auf dem Schlachtfeld waren. Damit werden Sie die Trauer der Angehörigen vielleicht ein bisschen lindern und sie mit Stolz erfüllen.«
»Ja, das würde ich sehr gern tun.«
»Wahrscheinlich haben Sie diesem Burschen das Leben gerettet«, meinte Colonel Bryer etwas später. »Für den Heilungsprozess ist der Überlebenswille enorm wichtig. Gilly war überzeugt, er würde hier sterben -womöglich durch Mörderhand, was ich ihm nicht verüble. Aber seit Sie ihn aufgemuntert haben, glaubt er auch an meine Fähigkeiten.«
Die Soldaten, die über Gilly hergefallen waren, hatten das Camp bereits verlassen und die übrigen behandelten die verwundeten Rebellen sehr freundlich. Wenn Tia sich nicht um Gilly kümmerte, unterstützte sie Cecilia bei der Betreuung anderer Patienten. Wie versprochen, schrieb sie an Canby Jacobs Ehefrau und erklärte, er sei für sein Land als Held gestorben, tapfer und würdevoll, im Glauben an Gott und voller Liebe zu seiner Familie. Kurz vor seinem Tod habe Canby den Wunsch geäußert, Darla möge nicht zu lange um ihn trauern, ihm zuliebe ein glückliches Leben führen und das Kind zu einem anständigen Mann heranziehen, der mithelfen würde, das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen.
Auch für die Soldaten, die am Leben geblieben waren, schrieb sie Briefe an die Familien, und Gilly half ihr dabei. Mit der Zeit vergaßen die Yankees, dass er ein Rebell war. In diesem kleinen Außenposten erkannten sie alle, wie viel sie mit dem Feind verband - die
Liebe zu ihren Familien, zu ihrer Heimat, Angst vor der Zukunft, Reue über den Brudermord in der Vergangenheit.
Risa war in Tias Zelt gezogen. Jeden Abend führten sie lange Gespräche.
Inständig hoffte Risa, der Krieg möge bald ein Ende finden. Sie sorgte sich unentwegt um ihren Vater, einen Unionsgeneral, und ihren Mann, einen Blockadebrecher von der Konföderation. Außerdem vermisste sie ihren kleinen Sohn Jamie. Als sie ins Landesinnere geritten war, hatte
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