Sieg der Leidenschaft
sie ihn in St. Augustine zurückgelassen, in der Obhut Chantelles, der Kinderfrau und Haushälterin.
»Also hast du dich meinetwegen von deinem Baby getrennt«, seufzte Tia eines Nachts. Nach einem langen, anstrengenden Tag lagen sie erschöpft im Bett. Durch den Spalt der Zeltklappe warf ein Vollmond elfenbeinweißes Licht herein. Seit Taylors Abreise war eine Woche verstrichen. »Dazu hatte mein Mann kein Recht ...«
»Er wusste, was er tat«, fiel Risa ihr energisch ins Wort. »Jamie geht's gut und er soll lernen, auch mal ohne mich zurechtzukommen. Bald muss er die Mutterliebe mit einem Geschwisterchen teilen.«
»O Risa, das ist - wundervoll.« Aber Tia konnte sich nicht rückhaltlos freuen. Natürlich wünschten sich Männer und Frauen sogar in diesen schweren Kriegszeiten Kinder. Im Norden wie im Süden sehnten sich die Männer nach Erben, die Frauen nach Töchtern, die sie zu guten Ehefrauen und Müttern erziehen wollten. Doch wie sie aus bitterer Erfahrung wusste, kam es bei vielen Geburten zu Komplikationen, durch die Entbehrungen während des Krieges verursacht. Immer wieder starben junge Mütter im Kindbett. Tia kannte einige Frauen, die schon lange vor der Niederkunft Pflegemütter für ihre Babys gesucht hatten.
»Keine Bange, alles wird gut«, versicherte Risa, als hätte sie die Gedanken ihrer Schwägerin erraten. »Das hat Rhiannon mir prophezeit.«
»Wird's ein Junge oder ein Mädchen?«
»Noch ein Junge. Und was wünschst du dir?«
»Vorerst gar kein Kind«, erwiderte Tia unbehaglich. »Nicht vor dem Kriegsende.«
»Nun ja, mein neues Baby war auch nicht geplant.« Lachend drehte sich Risa im Feldbett auf die Seite und schaute Tia an. »Ich wusste sehr gut, warum ich St. Augustine zu Weihnachten nicht verließ. Wie ich's erwartet hatte, segelte Jerome den St. Johns herab, an allen Kanonenbooten der Yankees vorbei. Leider mussten wir uns bald wieder trennen. Aber wir hatten unser gemeinsames Weihnachtsfest.«
»Das freut mich.«
»Hoffentlich bekommst du auch bald ein Baby.«
»Ich habe doch eben erst geheiratet.«
»Sei nicht so naiv, Tia! Um ein Kind zu kriegen, muss man nicht unbedingt heiraten. Dafür braucht man nicht einmal eine ganze Nacht - manchmal nur eine halbe Stunde.«
Darauf gab Tia keine Antwort. Sie liebte Kinder. Aber solange der Krieg andauerte, wollte sie nicht Mutter werden. »Gute Nacht«, flüsterte sie.
»Schlaf gut.«
Doch sie fand keinen Schlaf.
Am nächsten Morgen beschloss Ian, das Lager abzubrechen. Inzwischen hatte man die ganze Gegend nach Verwundeten abgesucht und es war nicht anzunehmen, dass man noch weitere finden würde. Die Reise nach St. Augustine wurde vorbereitet.
Der Ritt nach Süden hätte Taylor fast acht Tage gekostet und fünfzig Meilen pro Tag wären eine harte Belastung für Friar gewesen.
Aber Taylor konnte an Bord eines kleinen, mit drei Kanonen bestückten Schiffs gehen, das von St. Augus-tine aus nach Key West fuhr. An einem verlassenen Kai, fünfzig Meilen nördlich vom Miami River, sollte er an Land gesetzt werden. Damit ging der Captain ein gewisses Risiko ein. In Küstennahe gab es viele Untiefen und Sandbänke, die sich ständig verlagerten - ein gefährliches Gebiet für ein Kanonenboot, wenn es auf Grund lief, trotz der Unionsblockade, die diese Gewässer souveräner kontrollierte, als es die Rebellen zugeben mochten.
Wegen eines Schiffswracks war Taylor südwärts beordert worden und seine Mission sollte keine weiteren Verlust heraufbeschwören. Im Süden der Halbinsel lebten mehr Indianer als Weiße. Es würde sich vielleicht lohnen, ein wenig Zeit zu opfern und Informationen zu sammeln.
Am ersten Abend stand er an Deck neben dem Ruder und sah die Lichter eines Schiffs in südöstlicher Richtung, die plötzlich erloschen.
»Colonel?«, flüsterte der Steuermann.
»Aye?«, erwiderte Taylor ebenso leise.
»Haben Sie das Schiff gesehen?«
»Da vorn?«
»Aye, Sir, und ich dachte schon, ich hätte Halluzinationen.«
»Diesem Schiff sollten wir ausweichen.«
In diesem Augenblick kam Captain Henley, der junge Kommandant des Kanonenboots, an Deck. »Colonel! Wenn Sie im Rang auch über mir stehen, Sie gehören der Army an, während ich bei der Navy bin, und das ist mein Schiff. Nichts für ungut, aber ich fürchte, Sie wollen diesem Schiff ausweichen, weil es ein notorischer Blockadebrecher ist und von einem Ihrer Verwandten befehligt wird - Captain Jerome McKenzie, an Bord der Lady Varina.«
»In der Tat, Captain«,
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