Sieg der Leidenschaft
Besuchers informiert worden. »Offensichtlich hat dir jemand einen Kinnhaken verpasst, Taylor.«
»Du solltest mal das blaue Auge des anderen Burschen sehen«, erwiderte Taylor grinsend.
Auch James lächelte. »Hättest du ihm was Schlimmeres angetan, wärst du jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten.«
»Dachtest du, so etwas würde ich tun?«
»Nein«, antwortete James nach einer kurzen Pause. »Aber ich musste sichergehen ... Warum bist du hier?«
»Weil ich einen Unionssoldaten suche. Er war an Bord eines Schiffs, das unterging, und trug Depeschen aus Key West bei sich - mit detaillierten Angaben über die Bewegungen unserer Navy.«
»Glaubt die Unionsregierung, er hätte die Seiten gewechselt und diese Informationen der Konföderation übergeben?«
Taylor zögerte nur kurz. »Wahrscheinlich.«
»Wenn ich diesen Soldaten kennen würde - warum sollte ich dir erlauben, ihn mitzunehmen und hängen zu lassen?«
Plötzlich öffnete sich eine Tür und ein schlanker junger Mann hinkte auf Krücken heraus. Zu einem Musselinhemd trug er eine dunkle Baumwollhose. Ein Fuß war bandagiert, der andere nackt.
James wandte sich zu ihm. »Michael, ich sagte doch
- Sie sollen drinnen bleiben.«
»Ja, Sir. Aber ich möchte Ihrem Haus den Krieg ersparen. Colonel Douglas, ich bin Lieutenant Michael Langley, der Mann, den Sie suchen. Die Depeschen stecken immer noch unberührt in der Tasche meines Jacketts. Falls ich mich vor einem Kriegsgericht verantworten muss - ich bin bereit.«
»Nein!« Jennifer McKenzie eilte aus dem Haus. Wie eine rabenschwarze Fahne flatterte das lange Haar hinter ihr her. Sie legte einen Arm um den Lieutenant und starrte Taylor herausfordernd an. »Als er hierher kam, war er halb tot. Er kann nach wie vor kaum gehen. Beinahe wäre er am Fieber gestorben!«
»Jennifer ...«, begann James in energischem Ton.
In diesem Augenblick trat Teela auf die Veranda. »Willkommen, Taylor ... Was für eine unangenehme Situation, nicht wahr?«
Aus dem Haus drang das jämmerliche Geschrei der kleinen Mary, die es nicht ertrug, von der Mutter getrennt zu werden.
»Vielleicht sollten wir hineingehen und in aller Ruhe miteinander reden«, schlug Taylor vor und lächelte Teela an. »Ich habe das Baby noch gar nicht gesehen.«
»Oh, Mary ist wunderschön«, versicherte Teela. »James ...«
»Ja, natürlich«, erwiderte ihr Mann. »Gehen wir hinein.«
Da stieg Teela die Verandastufen hinab und küsste Taylors Wange. Wie stets duftete sie nach Jasmin. »Kommst du herein, Billy?«
»Ja, ich möchte meinen Neffen im Auge behalten.« Billy warf Taylor einen kurzen Blick zu und ging an ihm vorbei. Etwas Besseres durfte ein Yankee nicht erwarten.
Trotzdem war es schmerzlich. Teela hängte sich bei ihm ein und führte ihn auf die Veranda. Mit tiefblauen Augen, die einen prägnanten Kontrast zur bronzebraunen Haut bildeten, schaute James ihn an. Dann umarmte er ihn.
O Gott, wie ich den Krieg hasse, dachte Taylor.
Schweigend gingen sie ins Haus. Teela nahm das Baby aus den Armen einer Halbindianerin entgegen. »Taylor, das ist Mary, meine kleine Tochter. Mary - dein Vetter Taylor.«
Zu seiner Verblüffung hörte das Mädchen zu weinen auf, streckte die Händchen nach ihm aus und Teela legte es in seine Arme. »Hallo, Mary«, sagte er unsicher. »Du bist sehr hübsch, eine typische kleine McKenzie mit blaugrünen Augen und pechschwarzem Haar.«
»Nun will ich mich um die Drinks kümmern.« Teela wandte sich ab und durchquerte die Halle.
»Mama!«, quengelte Mary.
»Nur keine Angst, wir gehen zu ihr«, versprach Taylor und eilte Teela nach. Vertrauensvoll schaute Mary zu ihm auf und er dachte wehmütig an andere Zeiten. Früher hatte er sich Kinder gewünscht, dann war Abby gestorben - und der Krieg hatte sein Leben bestimmt. Aber jetzt ...
Jetzt gab es eine Mrs. McKenzie, die dem Kind in seinen Armen näher stand als er selbst.
Hinter sich hörte er die hinkenden Schritte des jungen Lieutenants, dem James und Jennifer folgten.
Wenig später saßen sie in der Bibliothek. Jennifer hielt die kleine Mary auf dem Schoß. Unverwandt schaute sie Michael Langley an. In ihren Augen schimmerten Tränen. Ein Whiskeyglas in der Hand, lehnte er sich in seinem wuchtigen Ledersessel zurück und schilderte den Schiffbruch. Wochenlang war er bewusstlos gewesen, nur manchmal wachte er nachts immer noch auf, von Schüttelfrost und Fieber gepeinigt. »Die Depeschen sind in Sicherheit, Colonel Douglas. Glauben Sie mir, ich habe
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