Sieg der Leidenschaft
Ihren Vorgesetzten, Sir! Oder man wird in höchsten Regierungs- und Militärkreisen von diesem Zwischenfall erfahren.«
Das gab ihm zu denken. »Also gut, nehmen Sie die Negerin mit dem großen Mundwerk mit. Schade, dass sie keine Sklavin ist! Eine regelmäßige Tracht Prügel würde sie vielleicht zum Schweigen bringen. Aber der Mann und seine Frau bleiben hier.«
Die Stirn gerunzelt, wandte sich Sydney zu dem ausgemergelten farbigen Paar an Sissys Seite. Die beiden sahen wie 40-Jährige aus, waren aber wahrscheinlich erst zwanzig. »Sissy ...«
»Ma'am, ich hab's Ihnen doch erzählt. Neulich ist meine Mommy bei Manassas gestorben und deshalb musste ich Del und seine Frau Geraldine holen.«
Natürlich hatte sie nichts dergleichen erzählt und Sydney fragte sich, ob Del wirklich Sissys Bruder war. »Natürlich konnte ich ihn nach Mommys Tod nicht im Stich lassen, Miss Sydney, und ...«
»Sir«, fiel Sydney ihr ins Wort, »ich bürge für meine Angestellte und ihre Verwandten. Alle drei sind freie Menschen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Der Soldat musterte sie unschlüssig. »Angeblich sind Sie mit einem Yankee verheiratet, Ma'am.«
»Ja, aber das ändert nichts an meinen Anschauungen und meiner Herkunft. Sagten Sie vorhin nicht, Sie würden mich kennen? In diesem Hospital habe ich vielen hundert Konföderationssoldaten geholfen.«
»Und jetzt kehren Sie zu Ihrem Yankee-Ehemann zurück. Warum sollte ich Ihnen trauen?«
Von ihrer Großmutter hatte sie ihr entschlossenes Auftreten geerbt, die Gesichtszüge mit den ausgeprägten Wangenknochen, der geraden Nase und glatten Stirn - aber die waldgrünen Augen von der Mutter. Die hatte ihr auch beigebracht, ihre Interessen energisch zu verfolgen und trotzdem höflich zu bleiben. »Sie sollten nicht an meinem Wort zweifeln, Sir.«
»Haben Sie Ihre Papiere bei sich?«
»Natürlich, meine Reisepapiere. Ich bin aus rein privaten Gründen unterwegs. In Washington bekam ich die schriftliche Erlaubnis, den Norden zu verlassen, von General Magee unterzeichnet. Außerdem unterschrieb gestern General Longstreet meine Genehmigung, in den Norden zurückzukehren.«
»Also gut, Ma'am, gehen Sie durch die Sperre und nehmen Sie Ihre Leute mit. Ab jetzt kann ich Ihnen jedoch keine Sicherheit mehr garantieren, obwohl sie noch ein ganzes Stück von den Yankee-Linien entfernt sind.«
»Danke für die Warnung. Komm, Sissy! Und Sie beide folgen mir bitte auch, Del und Geraldine.«
Hoch aufgerichtet, die Schultern gestrafft, passierte Sydney mit ihrer Begleitung die Sperre. Auf dem Kutschbock des schlichten Wagens, den Brent ihr für die Rückfahrt nach Norden zur Verfügung gestellt hatte, saß ein Sanitäter aus dem Lazarett. Corporal Randalls magere Rotschimmelstute war am Heck festgebunden. An der Nordfront würde er sich von Sydney verabschieden und zum Hospital ihres Bruders außerhalb von Richmond zurückreiten.
»Wir haben Gesellschaft, Corporal«, erklärte sie dem dunkelhaarigen jungen Mann mit dem spärlichen Kinnbart. »Meine Dienerin und ihre Verwandten.«
Verblüfft spähte er über ihre Schulter und starrte die drei Leute an, die ihr folgten. »Schmuggeln Sie Sklaven in den Norden, Miss Sydney?«
»Um Himmels willen, nein! Vielleicht darf ich Sie daran erinnern, dass ich wegen meiner Spionage für die Rebellen im Gefängnis gelandet bin.«
»War nur eine Frage, Ma'am. Jetzt sind Sie mit einem Yankee verheiratet.«
»In der Tat, Sir, und ich versuche seine Loyalität nicht zu verurteilen. Allerdings hoffe ich, er wird mir auch meine nicht verübeln.« Zu Sissy und dem mageren Ehepaar gewandt, fügte sie hinzu: »Steigt ein, wir wollen fahren.«
Sissy, ihr >Bruder< und seine Frau kletterten hinten auf den Wagen. Nachdem Sydney neben dem Corporal Platz genommen hatte, ließ er die Peitsche knallen und spornte das Maultiergespann an. »Kennen Sie diese Leute?«, fragte er.
»Sissy hat mit meinem Mann zusammengearbeitet. Durch ihn lernte ich sie kennen. Sie wurde in Freiheit geboren und eines Tages von einem grausamen Schurken versklavt und misshandelt. Glauben Sie mir, Corporal, es ist durchaus möglich, eine loyale Rebellin zu sein und trotzdem zu beklagen, was manche Verbrecher ihren Mitmenschen antun.«
»Mir müssen Sie keine Predigt halten, Miss Sydney«, erwiderte er lächelnd. »Ich habe es nie für richtig gehalten, menschliche Geschöpfe zu >besitzen<. Andererseits missfällt es mir, wenn die Union den Bewohnern Virginias vorschreibt, was sie zu tun
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