Sieg der Leidenschaft
und zu lassen haben.« Kurz vor den feindlichen Linien zügelte er das Maultiergespann, sprang vom Kutschbock und schaute seufzend zu Sydney. »Ich verlasse sie nur ungern, Ma'am.«
»Jetzt bin ich nicht mehr weit von den Yankee-Stellungen entfernt.«
»Hoffentlich begegnen Sie nur Unionssoldaten. In diesem Krieg gibt es mittlerweile zu viele Deserteure und menschliches Treibgut. Seien Sie auf der Hut und beeilen Sie sich. Viel Glück.«
»Danke, Corporal Randall. Sorgen Sie sich nicht, ich werde so schnell wie möglich fahren.«
Er ging hinter den Wagen, band sein Pferd los und stieg auf. Dann ritt er nach vom zum Kutschbock und salutierte. »Gott mit Ihnen.«
»Und mit Ihnen.« Lächelnd erwiderte sie seinen Gruß.
»Ich wünschte, Sie wären bei uns geblieben, Miss Sydney.«
Vielleicht hätte ich genau das tun und Brent im Hospital helfen sollen, dachte sie. Was trieb sie nach Washington zurück? Ein Ehemann, der sie seit der erzwungenen Hochzeit gar nicht mehr sehen wollte? Aber nun stand Weihnachten vor der Tür. Deshalb musste sie daheim sein, falls er zurückkommen würde. Immerhin hatte er ehrenwert gehandelt und sie geheiratet. Also war sie ihm zumindest den äußeren Schein einer glücklichen Ehe schuldig.
Corporal Randall salutierte ein letztes Mal, trat den Rückweg an, und Sydney lenkte den Wagen zu den Yankee-Linien. Sobald sie sich weit genug vom Rebellengebiet entfernt hatte, rief sie Sissy zu: »Setz dich zu mir nach vorn!« Wie sie inzwischen festgestellt hatte, konnte Sissy jede Rolle spielen - eine schüchterne Dienerin und eine raffinierte, engagierte Spionin. Meistens verbarg sie ihre Gedanken hinter gesenkten, dichten dunklen Wimpern.
Vorsichtig kroch sie auf dem schwankenden Wagen nach vorn und setzte sich neben Sydney. »Eigentlich hättest du >bitte< sagen können«, beschwerte sie sich im gleichen gebieterischen Ton, den auch Sydney anzuschlagen pflegte.
»Vielleicht - aber dafür bin ich nicht in der richtigen Stimmung!« Sydney ließ die Peitsche so hart knallen, dass die erschrockenen Maultiere fast durchgingen und der Wagen heftig schaukelte. Dels Frau stöhnte gequält und Sydney biss die Zähne zusammen - wütend auf sich selbst, weil sie sich von Sissy dermaßen irritieren ließ.
»Oft genug hast du mir erzählt, du würdest Herr-schaften kennen, die ihre Sklaven nicht nur freundlich, sondern höflich behandeln.«
»Du warst nie meine Sklavin und ich habe niemals irgendwelche Sklaven besessen. Das weißt du verdammt gut. Also mach mir keine Vorwürfe, nachdem du vorhin mein Leben riskiert hast.«
»Unsinn, dein Leben war nicht in Gefahr.«
»Oh, doch! Es sei denn, dieser Mann ist wirklich dein jahrelang vermisster Bruder - was ich nicht glaube. Sag mir die Wahrheit - sind das entlaufene Sklaven? Hast du mich gezwungen, mein Land zu verraten?«
»Hast du dein Gewissen verraten?«, konterte Sissy.
»Mein Gewissen, meine moralischen und ethischen Grundsätze und so weiter, gehen dich nichts an. Du hast mich ausgenutzt und wir schweben noch immer in Gefahr.«
»Soviel ich mich entsinne, hast du mir freiwillig geholfen.«
»Ja! Aber da wusste ich nicht, dass du Sklaven aus den Südstaaten in den Norden zu schmuggeln versuchst, und das ist verboten.«
»Nur im Süden.«
»Da sind wir immer noch.«
»Nicht mehr lange ...« Verzweifelt, mit leiser Stimme, fügte Sissy hinzu: »Ja, ich hätte dich notfalls ausgenutzt. Jeden hätte ich benutzt, alles hätte ich getan, um freien Menschen zu helfen, die gefangen gehalten werden.«
»Oh, mein Gott!«
»Du hast meinen Rücken gesehen!«
»Nicht alle Sklaven werden derart grausam geschunden und geschlagen.«
»Schau dir die beiden an!«, flehte Sissy. »Sehen sie so aus, als wären sie anständig behandelt worden?«
Sydney drehte sich kurz um und gab ihr Recht. Offensichtlich waren die knochendürren Schwarzen skrupellos ausgebeutet worden.
»Auf dem Rücken dieses Mannes könntest du schreckliche Narben sehen«, betonte Sissy.
»Vielleicht hat er's verdient, gelogen oder betrogen ...«
»Oder zu fliehen versucht ...«, ergänzte Sissy hartnäckig.
»Darauf kommt es jetzt nicht an. Du hast kein Recht, mich in deine Machenschaften zu verwickeln, nur weil ich eine Südstaatlerin bin ...«
»Jetzt bist du Jesses Frau.«
»Was nichts an der Tatsache ändert, dass ich die Meinung vertrete, der Norden müsste den Süden in Frieden lassen.«
»Und das wird er nicht tun.«
Unglücklich schüttelte sie den Kopf. Sie war in
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