Sieg der Liebe
wiederherstellen, nicht, nachdem ich so viel Zeit mit Ihnen allein verbracht habe. “
Seltsam, wie sie beinahe wörtlich den Wunsch seiner Mutter wiederholte, Jerusa Sparhawk zu entehren, so wie deren Vater es mit Maman getan und alle ihre Hoffnungen enttäuscht hatte. Er würde Jerusa nach Martinique bringen, sie seiner Mutter vorführen, damit sie deren Schande mit eigenen Augen sehen konnte.
Es war ihm alles eine Spur zu glattgegangen, um ihn zufriedenzustellen. Das, so vermutete Michel, würde sich ergeben, wenn er ihrem Vater und ihren Brüdern begegnete.
„Was wird Carberry erst sagen, ma fille“, sagte Michel betont langsam und beobachtete ihre Reaktion, „wenn er erfährt, wie wir zusammen gereist sind, zusammen gegessen und geschlafen haben?“
Jerusa errötete vor Verlegenheit über das, was aus Michels
Worten herauszuhören war. „Wir ... ich habe Ihnen keine Freiheiten gestattet.“
„Ich habe mir auch keine herausgenommen, ma belle, egal, wie viele Möglichkeiten Sie mir auch geboten haben. “
Sie wollte widersprechen, doch sie brachte keinen Ton heraus. Michel erriet am Ausdruck ihrer Augen, daß sie voller Entsetzen daran dachte, wie er sie zuerst betäubt, dann teilweise von ihren Kleidern befreit und wie sie sich später in seinen Armen ausgeweint hatte. Noch einige ähnliche Gelegenheiten mehr, und man könnte ihn heiligsprechen.
„Ihr Tom wird Sie in dem gleichen ehrenwerten Zustand vorfinden, in dem er Sie verlassen hat. Ob er Sie allerdings wieder bei sich begrüßen wird, ist eine andere Frage. “
„Natürlich wird er das, sobald ich mit ihm gesprochen habe.“ Tapfer reckte Jerusa das Kinn. „Sonst wird Vater ihn dazu zwingen, mich zu heiraten. “
„Wie wunderbar romantisch.“ Und wie passend für die Sparhawks, dachte Michel zynisch.
„Aber ich liebe Tom!“ rief sie aufgebracht. „Nichts, was Sie sagen oder tun, kann daran etwas ändern! Ich liebe ihn!“
Trotz ihrer Worte schimmerten Tränen in ihren Augen, Tränen, die ihre ganze Hoffnungslosigkeit verrieten. Sie hatte Carberry geliebt, und nun hatte sie ihn verloren, aber ihr Stolz würde es nicht zulassen, ihn einfach gehen zu lassen.
„Ich habe nie behauptet, daß Sie das nicht tun, cherie.“ Zärtlich streckte Michel die Hand aus und strich ihr über die Wange. Er fühlte, wie sie unter der Berührung erbebte. „Aber lieben Sie diesen selbstherrlichen Mann genug, um sich nicht daran zu stören, daß er Ihre Liebe nicht erwidert? Genug, um sich damit zufriedenzugeben, nur ein weiteres Schmuckstück zu sein, ein hübsches Spielzeug, das er nach Belieben benutzen kann?“ Michels Gesicht war dem ihren zu nahe, bei jedem Wort strich sein Atem über ihre Haut. Früher hatten es manchmal Männer gewagt, ihre Wange zu berühren. Dann hatte sie gelacht und deren Hände weggeschoben. Aber bei Michel erschauerte sie, und das Herz schlug ihr wie wild in der Brust. Seine blauen Augen waren wie ein See, der sie wie magisch immer tiefer zog, bis sie darin versank.
Er umfaßte ihr Kinn mit seiner Hand, die nach dem Leder seiner Handschuhe und der Zügel roch.
„Sagen Sie mir, ma cherie“, flüsterte er weich. „Lieben Sie ihn so sehr, daß Sie sich mit der Asche zufriedengeben, wenn Sie das Feuer haben könnten?“
Und im nächsten Moment berührte er ihre Lippen mit seinen, so wie sie es ersehnt und gefürchtet hatte, und ohne weiter darüber nachzudenken schloß sie hingebungsvoll die Augen. Er küßte sie, zunächst sanft. Dann wurde sein Kuß fordernd und leidenschaftlich, und wieder dachte sie an den See, der so tief war, um für immer darin zu versinken. Und es machte ihr nichts aus. Leise seufzend öffnete sie den Mund und verlangte nach mehr.
Doch Michel reagierte auf die Einladung nicht. Verwirrt öffnete Jerusa die Augen. Zwar hatte er immer noch ihr Kinn umfaßt, doch seine Miene war ausdruckslos. Dieselben Lippen, die sie geküßt hatten, waren jetzt zusammengepreßt.
„Da hast du nun die Antwort, nicht wahr, Jerusa?“ sagte er kühl und strich sich das Haar zurück, ehe er seinen Hut aufsetzte. „Pflück noch ein paar Beeren, wenn du möchtest. Ich werde zu den Pferden gehen.“
Er wandte sich um und schritt zielstrebig davon, ehe er in Versuchung kommen konnte, sie noch einmal zu küssen.
8. KAPITEL
Jerusa träumte.
Es mußte ein Traum sein, denn sie war wieder zehn Jahre alt, und es war Winter. Sie wartete an der Hintertreppe ihres Hauses in Newport und hüpfte im Schnee herum, um sich
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