Sieg einer großen Liebe
Zeitpunkt veröffentlicht worden war, der Gesellschaft formell bei einem Ball vorstellen werde, den der Herzog von Atherton in vierzehn Tagen für sie geben würde.
Kaum hatte die feine Gesellschaft von London diese aufregende Neuigkeit verdaut, als man auch schon den Beginn hektischer Aktivitäten im Stadtpalais des Marquis von Wakefield in der Upper Brook Street Nr. 6 beobachten konnte.
Zuerst kamen zwei Kutschen an, die neben einigen niedrigeren Dienern auch Northrup, den Butler, O'Malley, den obersten Lakai und Mrs. Craddock, die Köchin befördert hatten. Bald darauf folgte ein großer Wagen mit der Haushälterin, einigen Hausmädchen, drei Küchenbediensteten, vier Lakaien und einem Berg Gepäck.
Wenig später traf Miß Flossie Wilson ein. Die unverheiratete Tante des Herzogs war eine mollige ältere Dame, deren rotwangiges Engelsgesicht von blonden Locken umrahmt wurde. Auf dem Kopf trug sie ein entzückendes maulbeerfarbenes Hütchen, das einer jüngeren Dame wesentlich besser gestanden hätte. Miß Flossie, eine in London durchaus bekannte Erscheinung, kletterte aus ihrer Kutsche, winkte zwei zufällig vorbeikommenden Freunden zu und eilte die Treppe zum Palais ihres Großneffen Jason hinauf.
All das wurde von den elegant gekleideten Ladies und Gentlemen aufmerksam beobachtet, die gemächlich durch die Upper Brock Street flanierten. Doch keinem dieser Ereignisse wurde ein so lebhaftes Interesse entgegengebracht, wie der Ankunft der eleganten burgunderfarbenen Reisekutsche des Marquis vor dem Palais zwei Tage später.
Aus der prächtigen Equipage stieg zuerst Charles Fielding, Herzog von Atherton, und dann voll Anmut eine junge Dame, die nur
Jason Fieldings zukünftige Gattin sein konnte. Sie hängte sich bei dem Herzog ein und betrachtete staunend das prächtige, reichverzierte vierstöckige Gebäude mit den breiten Bogenfenstern.
„Das ist sie!" rief der junge Lord Wiltshire von seinem Beoabachtungsposten auf der anderen Straßenseite aus. „Die Gräfin Längsten“ fügte er hinzu und stieß seinem Begleiter zur Bekräftigung den Ellbogen in die Seite.
„Woher willst du das wissen?“ bemerkte Lord Crowley, indem er eine nicht vorhandene Falte in seiner Jacke glattstrich.
„Dem Dümmsten ist es klar, wer sie ist. Schau sie dir an, sie ist eine unvergleichliche Schönheit.“
„Du kannst ihr Gesicht doch gar nicht sehen“, hob der Freund vernünftigerweise hervor.
„Das brauche ich auch nicht. Wenn sie nicht bezaubernd wäre, hätte sie Wakefield nie zu einem Antrag gebracht. Hast du ihn jemals mit einer Frau gesehen, die keine strahlende Schönheit war?“
„Nein“, gab Lord Crowley zu. Er blinzelte durch sein Lorgnon und stieß leise einen überraschten Pfiff aus. „Sie hat rotes Haar. Das hätte ich nicht erwartet. “
„Es ist nicht rot, es ist ein goldener Farbton.“
„Nein, es ist rotblond“, widersprach Lord Crowley. Es entstand eine nachdenkliche Pause.
„Rotblond ist eine reizende Farbe. Ich habe sie schon immer bevorzugt“, erklärte er dann.
„Unsinn! Rotes Haar gefiel dir noch nie. Es ist auch überhaupt nicht modern.“
„Wird es aber werden“, sagte Lord Crowley voraus. Er senkte sein Lorgnon und warf seinem Freund einen Blick zu. „Meine Tante Mersley ist mit Atherton bekannt, sie wird eine Einladung zum Einführungsball der Gräfin Langston erhalten. Ich glaube, ich werde sie begleiten und....“ Er brach ab, als die junge Dame sich zur Kutsche umwandte und etwas rief.
Einen Augenblick später sprang ein großes silbergraues Tier aus der Kutsche. Die junge Lady führte es an der Leine die Eingangstreppe hinauf. „Wenn das kein Wolf war.." flüsterte Lord Crowley ehrfürchtig.
„Sie hat Stil“, verkündete Lord Wiltshire, als er die Sprache wiedergefunden hatte. „Ich habe noch nie von einer Frau gehört, die sich einen Wolf hielt. Wirklich sehr extravagant, diese Gräfin.“ Begierig, die Neuigkeiten über die geheimnisvolle Lady Victoria Seaton zu verbreiten, trennten sich die beiden und eilten in ihre jeweiligen Clubs.
~ * ~
Als Jason am nächsten Abend in London ankam und zum erstenmal seit Monaten den White’s Club betrat, um ein paar vergnügliche Stunden zu verbringen, war es eine bereits allgemein bekannte und akzeptierte Tatsache, daß er mit einer blendenden Schönheit verlobt war. Daraus folgte, daß Jason immer wieder von Bekannten angesprochen wurde, die ihm zu seinem ausgezeichneten Geschmack gratulierten und ihm die besten
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