Sieg einer großen Liebe
Dr. Worthing.
18. KAPITEL
Am frühen Nachmittag des folgenden Tages konnte Dr. Worthing berichten, daß Onkel Charles „sich immer noch behauptete“. Am nächsten Tag kam der Arzt hinunter in den Speisesaal, wo Jason und Victoria eben Mittag aßen, und teilte ihnen mit, daß sich Charles’ Zustand „wesentlich gebessert zu haben schien“.
Victoria konnte ihre Freude kaum zügeln, während Jason nur kurz die Augenbraue hob und den Arzt einlud, ihnen beim Essen Gesellschaft zu leisten.
„Hm... . danke“, sagte Dr. Worthing und musterte Jason wachsam. „Ich denke, ich kann meinen Patienten für kurze Zeit unbeaufsichtigt lassen.“
„Dessen bin ich sicher“, entgegnete Jason mit einem Sarkasmus, der Victoria in den letzten zwei Tagen irritiert hatte.
„Glauben Sie, er wird genesen, Dr. Worthing?“ fragte Victoria.
Dr. Worthing räusperte sich und mied Jasons prüfenden Blick sorgfältig, als er sich an Victoria wandte. „Das ist schwer zu sagen. Wissen Sie, er möchte sie beide verheiratet sehen, daran klammert er sich, das erhält ihn am Leben.“
Victoria biss sich auf die Lippe und schaute Jason unsicher an. „Was wird geschehen, wenn er sich zu erholen beginnt und wir . ihm erklären, daß wir unsere Meinung geändert haben?“ fragte sie den Doktor.
Bevor dieser etwas sagen konnte, antwortete Jason. „In dem Fall wird er zweifelsohne einen Rückfall erleiden.“ Er wandte sich an den Arzt. „Onkel Charles will diese Ehe haben, auch wenn sie erpresst ist, nicht wahr, Dr. Worthing?“
Dr. Worthing konnte Jasons stählernem Blick nicht standhalten. „Ich bin sicher, Sie kennen ihn besser als ich, Jason.“
Noch lange, nachdem beide Männer sich zurückgezogen hatten, blieb Victoria am Tisch sitzen und stocherte lustlos in ihrem Dessert. Sie bemühte sich, einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden.
Jason hatte recht, die Ehe war erpresst, und...was noch schlimmer war...er wollte sie gar nicht zur Frau haben.
Ihre Träume von einem glücklichen Zuhause, einem liebenden Gatten an ihrer Seite und einem Baby im Arm überkamen sie wieder. Sie hatte vom Leben ja keine Pelze, Juwelen und Paläste gewollt. Sie hatte sich nur ein Leben wie in Amerika erträumt, ein einfaches Zuhause...
Eine Welle von Heimweh überkam sie, und sie senkte den Kopf. Wie sehnte sie sich danach, die Zeit um ein Jahr zurückdrehen zu können. Ein Bild von Andrews hübschem, lachendem Gesicht erschien vor ihrem inneren Auge, aber Victoria schob es entschlossen wieder beiseite. Sie weigerte sich, auch nur eine Träne um diesen treulosen Mann zu vergießen.
Entschlossen schob sie den Stuhl zurück und machte sich auf die Suche nach Jason. Andrew hatte sie verlassen. Doch Jason war hier und sollte ihr helfen, eine Rettung vor einer Ehe zu finden, die offensichtlich keiner von beiden wollte.
Er war allein in seinem Arbeitszimmer und lehnte am Kamin. Er starrte in die leere Feuerstelle. Victoria empfand plötzlich Mitleid mit ihm.
„Jason?“ sagte sie leise und unterdrückte den Wunsch, zu ihm zu gehen und ihn zu trösten. „Was werden wir tun?“
Er hob den Kopf und sah sie an. Sein Gesicht war ausdruckslos.
„Was meinst du?“
„Diese unerhörte Idee, daß Onkel Charles uns als Ehepaar sehen will.“
„Weshalb ist sie unerhört?“
Seine Antwort überraschte Victoria, doch war sie fest entschlossen, die Angelegenheit frei und offen zu besprechen. „Weil ich dich nicht heiraten will.“
Sein Blick wurde hart. „Dessen bin ich mir bewusst, Victoria.“
„Du möchtest doch auch nicht gebunden sein“, entgegnete sie vernünftig.
„Du hast recht.“ Er starrte wieder in den Kamin und schwieg. Victoria wartete, daß er noch etwas sagen würde. Als er das nicht tat, seufzte sie und wandte sich zum Gehen. Seine folgenden Worte ließen sie überrascht herumfahren. „Jedoch könnte diese Ehe jedem von uns etwas geben, das wir tatsächlich wollen.“
„Und das wäre?“ fragte sie und betrachtete sein scharf geschnittenes Profil, um den Sinn seiner Worte zu erfassen.
Er richtete sich auf, steckte die Hände in die Taschen. „Du möchtest nach Amerika zurückkehren, unabhängig sein, bei deinen Freunden leben und vielleicht das Krankenhaus bauen, von dem dein Vater geträumt hatte. Wenn du ehrlich zu dir selber bist, wirst du auch zugeben, daß du außerdem gern zurückkehren würdest, um Andrew und allen anderen zu zeigen, daß sein Treuebruch dir nichts bedeutet hat, daß du ihn so leicht vergessen hast wie er
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