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Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Titel: Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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flechten. Meiner sah aus wie eine proportionslose Hängematte, komplett mit Löchern. Es ist mir nie gelungen, dafür zu sorgen, dass beide Griffe gleichzeitig halten.«
    Aber nicht einmal mit meinem tiefen Interesse an Geschichte schaffte ich es, mich für den einemillionzwölften Korb auch noch zu begeistern, so schön sie auch waren – und ich hielt schon um einiges länger durch als Adam. Es war nicht die Art von Korb, die man täglich benutzt. Die meisten waren gefertigt worden, um an Sammler oder Touristen verkauft zu werden.
    Sie erinnerten mich an eine meiner Geschichtsprofessorinnen, die immer das Verschwinden alltäglicher Dinge beklagt hatte. Jedes Museum, hatte sie gesagt, hat massenweise Hochzeits- und Taufkleider, indianische Zeremonienroben und mit Tonperlen oder Elchzähnen bestickte Kleider, die nur zu besonderen Gelegenheiten angezogen wurden. Großmutters altes Arbeitskleid oder Großvaters Jagdkleidung heben die Leute einfach nicht auf.
    Ich fragte mich, was Gordon Seeker uns hier hatte zeigen wollen. Die Familie war weitergegangen – ich konnte die Kinder im Flur vor dem Ausstellungsraum reden hören. Die Frau, die uns beobachtet hatte, konnte ich nirgendwo mehr entdecken.
    Ich blieb neben einem großen Steinbrocken stehen, der in der Nähe der Tür zu dem Flur lag, der in die restlichen Ausstellungsräume im Keller führte. Es gab hier mehrere Steinbrocken, in die Petroglyphen geritzt waren. Von diesem hier starrte mich ein riesiger räuberischer Vogel an.
    »Ich frage mich, wann er geschaffen wurde«, sagte ich und ließ meine Finger knapp über dem Stein schweben. Ich hätte ihn anfassen können – andere berührten die grauen Steine auch –, aber ich konnte mich nicht dazu bringen. Als könnte die Berührung meiner Finger ihn beschädigen, wo es Hunderte und vielleicht Tausende Jahre
von Wind und Regen nicht geschafft hatten. »Und wie lange es gedauert hat, ihn zu ritzen.«
    »Die Steine wurden vom ursprünglichen Fundort entfernt, als die Dämme entstanden und der Canyon, in dem sie waren, geflutet wurde«, sagte Adam nachdenklich, während er die kleine Karte neben dem Kasten las. »Ich nehme an, er wurde vor langer Zeit geschaffen, sonst wäre er noch rauer. Er ist auf jeden Fall tausend Jahre alt. Es könnten wahrscheinlich auch zehntausend sein.«
    Wir aßen ein paar Sandwiches im Bistro des Museums, direkt neben der Rodin-Ausstellung, dann machten wir uns auf den Weg zum Horsethief Lake, der ungefähr fünfundzwanzig Kilometer westlich des Museums lag.
     
    Janice Lynn Morrison war Grundschullehrerin und Fotografie-Freak. Ihre Bilder würden nie in einem Museum hängen, aber sie liebte es, ihre Abenteuer zu dokumentieren. Besonders dieses Abenteuer musste festgehalten werden, denn sie war sich unglücklicherweise sicher, dass ihr Leben bald in sich zusammenfallen würde.
    Sie hatten zum Mittagessen auf einem Picknick-Parkplatz am Columbia angehalten – ab jetzt würden sie in Restaurants einkehren, bis sie das Haus von Lees Eltern in Wyoming erreicht hatten. Alle hatten gegessen, die Reste waren als Snacks wieder weggepackt worden und die Jungs spielten auf dem steinigen Boden.
    Lee saß im Auto und telefonierte. Sie war sich nicht sicher, wann sie die Anrufe zum ersten Mal bemerkt hatte. Vielleicht, nachdem die Ferien angefangen hatten und sie öfter zu Hause war. Ihr Ehemann arbeitete von zu Hause aus und es war nicht ungewöhnlich, dass er geschäftliche Anrufe bekam und sich
dann zum telefonieren zurückzog. Aber diese Anrufe kamen jeden Tag um dieselbe Zeit – elf Uhr fünfzehn. Wann immer er aufgelegt hatte, achtete er sorgfältig darauf, sie aufmerksam zu behandeln – so aufmerksam, wie es jemand mit schlechtem Gewissen tun würde. Noch belastender war die Tatsache, dass er ihr nicht in die Augen sehen konnte, nicht direkt nach einem dieser Anrufe. Entweder hatte er einen Buchmacher oder eine Affäre.
    Nach ihrem Urlaub würde sie mit ihm darüber reden – also wollte sie noch so viele schöne Erinnerungen sammeln wie möglich.
    Sie schaffte es nicht, beide Jungs im richtigen Licht ins Bild zu setzen, also warf sie ihre Sandalen ab und watete ein kleines Stück ins Wasser, um es nochmal zu versuchen. Das Licht fiel direkt auf ihren digitalen Bildschirm, also musste sie den normalen Sucher verwenden und die Kamera ans Auge halten. Das Bild war immer noch nicht ganz richtig. Sie brauchte einen etwas größeren Bildausschnitt. Sie trat noch einen Schritt

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