Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
mich zusammen, weil er schon genug Sorgen hatte, ohne dass ich auch noch seinen Wolf beunruhigte. »Tut mir leid. Das weiß ich.« Ich knurrte kurz; nicht ernsthaft, sondern nur, um ihn wissen zu lassen, dass ich nicht glücklich war. »Mir gefällt es nicht, dass du verletzt bist. Und noch weniger gefällt mir, dass es um einiges schlimmer hätte kommen können.«
»Gut.« Er hob sein Gesicht in den Wasserstrahl. »Ich werde versuchen, dafür zu sorgen, dass du immer so denkst. Meine Mutter hat meinem Vater immer damit gedroht, ihn zu erschießen.«
Er konnte kaum noch aufrecht stehen und riss noch Witze.
Ich biss ihn leicht in die Schulter. »Ich kann mir vorstellen, warum sie das wollte. Ich sage dir was: Wenn du mich wütend genug machst, um eine Waffe auf dich zu richten … werde ich direkt zwischen die Augen zielen.«
»Damit ich es nicht spüre?«, fragte er.
Ich biss ihn wieder, sanft, so dass er gerade meine Zähne spürte. »Nein. Damit die Kugel einfach von deinem harten Schädel abprallt.«
Er lachte. »Gleich und gleich, Mercy.«
Hätte Hank seine Waffe mit Silberkugeln geladen, hätte ich dieses Lachen niemals wieder gehört.
Noch vor zwei Jahren musste man Silberkugeln selbst herstellen – ich hatte meinen Anteil angefertigt. Nachdem die Wölfe sich geoutet hatten, konnten die Leute plötzlich Silberkugeln im Wal-Mart kaufen. Die Polizei war nicht allzu glücklich darüber, weil Silber auch ziemlich gut als panzerbrechende Munition funktioniert, aber ohne entsprechende Gesetzgebung konnte jeder, der es wollte, dreißig Dollar für eine Kugel ausgeben. Hank hatte gewusst, was Adam war, und trotzdem war seine Waffe mit Blei geladen gewesen. Für mich bedeutete das, dass er nicht vorgehabt hatte, Adam zu erschießen – oder dass er wirklich pleite war und sich die dreißig Dollar nicht leisten konnte.
Dann stellte sich mir noch eine andere Frage: Warum hatte er auf Adam geschossen statt auf Fred, Jim, Gordon oder mich?
Wenn man davon ausging, dass er unter der Kontrolle des Flussteufels oder was auch immer es war stand, hatten
er oder beide zusammen vielleicht beschlossen, dass der Werwolf die größte Bedrohung darstellte. Soweit es Fred und mich betraf, konnte ich diesen Gedankengang verstehen. Wer machte sich schon Sorgen um einen Bussard und einen Kojoten, wenn auch ein Werwolf mit von der Partie war? Jojo-Mädchens Vorahnung wies darauf hin, dass Adam wichtig war. Vielleicht wusste der Flussteufel, warum.
Ich lehnte Adam gegen die Wand und trocknete ihn so schnell ab, wie es mir möglich war. Dann hielt ich ein wachsames Auge auf ihn, während ich mich um mich selbst kümmerte und mich anzog.
»Du könntest dich jetzt verwandeln«, schlug ich vor.
Er schüttelte den Kopf. »Nicht, bevor ich etwas im Magen habe. Der Wolf ist aufgebracht. Kann dich nicht beschützen und wir sind von Gefahren umgeben. Es ist zu leicht, dich zu verletzen, wenn es mir so geht.«
Ich gab ein unhöfliches Schnauben von mir. »Ich, zerbrechlich? Du denkst an die falsche Frau. Ich breche nicht; ich weiche aus und komme zurück. Außerdem sind wir Gefährten, richtig? Dein Wolf wird mich nicht verletzen.«
»Stimmt nicht immer«, grunzte er, als ich ihm in eine Jogginghose half. »Frag Bran. Werde es nicht riskieren.«
»Schön«, sagte ich. »Dann schaffen wir dich mal zurück in den Truck.«
»Hemd«, verlangte er.
»Niemand wird dieses Mal sehen und wissen, dass du verletzt wurdest.« Ich sagte nicht, dass das auch niemand musste, bei der Art, wie Adam wankte. Willenskraft war gut und schön, aber es gab Grenzen. »Außerdem kann dich hier niemand sehen außer mir.«
»Hemd.«
Eine Diskussion würde nur Energie kosten, die keiner von uns hatte. Also nahm ich das geknöpfte Hemd, das ich mitgebracht hatte, und half ihm hinein. Die italienische Seide wirkte ein wenig seltsam in Kombination mit der Jogginghose, aber wer würde es schon sehen?
Zurück am Trailer setzte er sich an den kleinen Tisch und aß mit schweigender, wilder Konzentration. Ich gab ihm die Reste der Hamburger und die aufgetauten Steaks, bevor ich mich um das gefrorene Zeug kümmerte. Glücklicherweise hatte der Wunder-Wohnwagen auch eine Mikrowelle. Als ich damit fertig war, das tiefgefrorene Fleisch aufzuschneiden, beobachtete ich die Geschwindigkeit, mit der er aß, und wusste einfach, dass es noch nicht genug war.
Also buk ich auf dem schicken kleinen Herd Pfannkuchen und hatte bereits einen guten Stapel fertig, als er mit
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