Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
Trailer kaufen würden, und starrte währenddessen auf einen Blutstropfen auf dem Teppich – er konnte durch die verschiedensten Vorfälle in den letzten achtundvierzig Stunden dort hingekommen sein. Dann sprach Adam, während ich noch den Fleck anstarrte.
»Du hättest sterben können.« Seine Stimme war noch rau von der Verwandlung.
»Genauso wie du, als Hank auf dich geschossen hat«, sagte ich und bemühte mich, nicht allzu abwehrend zu klingen, da er mich ja nicht angeschrien hatte. Noch nicht.
Adam war nicht der Einzige, der lernen musste, sich nicht über Dinge aufzuregen, die nicht geschehen waren.
Er war noch nicht vollkommen menschlich und kniete am anderen Ende des Trailers mit gesenktem Kopf auf dem Teppich, während er darauf wartete, dass die Verwandlung sich vollendete.
Selbst als er schließlich fertig war, blieb er dort, den Rücken zu mir. »Ich kann nicht …«, setzte er an, dann versuchte er es nochmal: »Als ich dich schreien gehört habe, dachte ich, es wäre zu spät.«
»Du bist gekommen«, antwortete ich leise. »Du bist gekommen und es geht mir gut. Als auf dich geschossen wurde, hätte ich den Mann, der dich töten wollte, fast umgebracht, und es war mir vollkommen egal. Nicht einmal das Wissen, dass er nichts dafür konnte, hätte dafür gesorgt, dass ich mich deswegen schlecht gefühlt hätte.« Ich atmete tief durch. »Und als mir klarwurde, dass du in Ordnung kommen würdest, wollte ich dich anschreien, weil du dich nicht schneller bewegt hast, weil du nicht unbesiegbar bist.«
»Was zur Hölle hast du in diesem Fluss getrieben?« Er sah mich immer noch nicht an und seine Stimme war noch tiefer.
»Versucht, so schnell wie möglich wieder rauszukommen«, versicherte ich ihm leidenschaftlich. Ich konnte seine Gefühle spüren – ein unglaubliches Wirrwarr, das ich nicht entschlüsseln konnte, bis auf die Tatsache, dass es eine primitive Macht ausstrahlte. »Adam, ich kann nicht versprechen, nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Ich habe es den Großteil meines Lebens über geschafft, aber die letzten paar Jahre haben das mehr als ausgeglichen. Der
Ärger scheint mir zu folgen und nur darauf zu warten, mir etwas Schweres über den Schädel zu ziehen. Aber ich bin nicht dämlich.«
Er nickte. »Okay. Okay. Mit ›nicht dämlich‹ kann ich umgehen.« Aber trotzdem drehte er sich nicht um. Und dann fügte er mit leiser Stimme hinzu: »Zumindest hoffe ich das.«
Einen Moment später sagte er: »Ich habe nicht alles wirklich klar mitbekommen. Das war Kojote. Der Kojote?«
»Das hat er zumindest gesagt – und ich neige dazu, ihm zu glauben.« Ich zögerte. »Es scheint auch so, als wäre er … oder vielmehr als wäre ein gewisser Aspekt von ihm … mein Vater. Es ist kompliziert. Ich habe es ansatzweise begriffen, aber ich musste ziemlich schräg denken, um das zu schaffen.«
Adam lachte. Es war kein langes Lachen, aber immerhin ein echtes. »Darauf wette ich.«
Adam versuchte, die Wut des Wolfes hinter sich zu lassen. Ich versuchte, etwas zu finden, was mir nicht wehtat und ihn nicht wütend machen würde.
»Ich nehme an, weil Kojote mal Mensch spielen wollte, bin ich Walker – obwohl meine Mom nicht indianisch ist.«
»Dein Vater ist nicht tot«, sagte er. »Deine Mom wird …«
»Ja«, stimmte ich zu, räusperte mich und versuchte, beiläufig zu klingen. Mein Vater war nicht tot – und war es doch. Hatte ich überhaupt je einen Vater gehabt? Es war besser, an meine Mutter zu denken.
»Sosehr ich mich auch an Mom dafür rächen will, dass
sie unsere Hochzeit geplant hat, ohne auch nur mit mir zu reden, das kann ich ihr nicht antun«, sagte ich und starrte auf meine inzwischen nackten Füße. Sie hatten so lange in den feuchten Schuhen gesteckt, dass sie verschrumpelt und bleich waren. »Sie hat Joe Old Coyote wirklich geliebt und … Curt ist wundervoll. Aber Joe … er hat sie gerettet, er hat sie geschätzt.«
Ich dachte zurück an Kojotes Stimme, als er über meine Mutter gesprochen hatte, und fügte hinzu: »Ich bin mir nicht sicher, ob Curt mit dem Mann konkurrieren könnte, an den sie sich erinnert – vielleicht könnte das nicht einmal Joe selbst. Und Joe ist tot, wirklich tot.« Ich räusperte mich wieder. »Er war nicht wirklich Kojote, nur ein Anzug, den Kojote eine Zeit lang getragen hat. Real für sich selbst und alle um sich herum, aber letztendlich doch ein Konstrukt. Und Kojote … Mom würde es irgendwann herausfinden. Aber bis dahin wäre
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