Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
Nackenfell.
»Reg dich ab, Wolf«, sagte Kojote geistesabwesend und ließ das »Wolf« klingen wie eine Beleidigung. »Ich hätte nicht zugelassen, dass die Kreatur sie verletzt.«
»Wirklich?«, fragte ich zweifelnd. »Was hättest du schon tun können, wenn sie mich ein wenig früher gefangen hätte?«
»Irgendwas«, erklärte er wegwerfend. »Schau dir doch an, wie viele Informationen wir jetzt gesammelt haben.
Hey, hast du diese Otter gesehen? Ich habe noch nie solche Otter gesehen.«
»Sie gehören zum Feenvolk«, sagte ich.
Er grunzte. »Es ist nie eine gute Idee, eine Art einzusetzen, ohne zu wissen, was man tut.«
Dann schritt er weiter Entfernungen ab und ging bis ins Wasser. Ich hätte mich dem Fluss nicht mehr nähern können, selbst wenn mein Leben davon abgehangen hätte.
»Wenn wir annehmen«, sagte Kojote, »dass sie zuschlägt wie eine Schlange, können wir davon ausgehen, dass sie mit ungefähr der halben Körperlänge zugeschlagen hat.« Er hielt einen Finger hoch, um jedem Einwand zuvorzukommen. »Ja, ich weiß, dass es wahrscheinlich eher ein Drittel ist, aber ich gehe lieber auf Nummer sicher. Sosehr das manche Leute auch überraschen mag.«
Er blieb stehen, als er ungefähr knietief im Wasser war, dann zählte er auf dem Weg zurück wieder seine Schritte. »Das ist nicht gut«, murmelte er. »Das ist größer als in meiner Erinnerung.« Er schürzte die Lippen und starrte schlecht gelaunt auf die eingedrückte Erde.
»Fast zehn Meter von dort, wo ich stand, bis hier«, sagte er. »Das bedeutet, sie ist zwischen zwanzig und dreißig Meter lang. Ziemlich groß.«
Sein Blick glitt an meiner nassen, schmutzigen Gestalt entlang und landete auf dem schleimigen Schlauchstück zu meinen Füßen.
»Hah!«, rief er und trottete zu mir. »Gut. Ich dachte, wir hätten es im Fluss verloren.« Er beugte sich vor und hob das Stück des Flussteufels auf.
»Ich fühle mich als hätte ich mich in einen Animé-Film
verirrt«, sagte ich, als Kojote sich wieder aufrichtete. »Einen voller Monster mit Tentakeln.« Die meisten von ihnen waren nicht jugendfrei und endeten mit jeder Menge Toten.
Kojote rieb das Ding zwischen den Fingern, dann zog er mit einer Hand mein T-Shirt hoch, ohne auf mein »Hey!« und Adams Knurren zu achten.
Und tatsächlich, um meine Hüfte zogen sich zwei parallele Wunden. Ich hatte mich davor gefürchtet, es mir anzusehen, weil es richtig wehtat. Als ich sie sah, entschied ich, dass sie wirkten wie Säureverbrennungen.
»Mmmm«, sagte er und ließ mein kaltes, nasses T-Shirt wieder über die Verbrennungen fallen – was nicht gerade half, obwohl die Kälte eigentlich hätte betäubend wirken müssen.
Er nahm das Stück Tentakel in beide Hände, hielt es hoch und verglich es mit meiner Breite – und dann ging mir auf, was er bemerkt hatte. Das Stück war ungefähr sechzig Zentimeter lang, hatte sich aber zweimal um meine Hüfte gewickelt.
»Muss elastisch sein.« Er zog daran, bis beide Arme ausgestreckt waren. »Ja. Allerdings elastisch. Was müssen wir noch wissen?«
Er zog ein Messer aus der Tasche seiner Jeans – ein kleineres, weniger gefährlich wirkendes Messer als die, mit denen er das Monster bedroht hatte. »Werwolfzähne sind offensichtlich scharf genug, um Eindruck zu hinterlassen«, murmelte er. »Aber Stahl?« Die Klinge prallte einfach von dem gummiartigen, zähen Ding ab.
»Hier«, sagte er. »Halt das Ende hier am Boden fest.« Er packte meine Hand, zwang mich auf die Knie und ließ
mich ein Ende des Tentakels halten, während er ihn weiter dehnte. Erst als Spannung darauf war und feste Erde darunter, schaffte er es, die Spitze des Messers ins Fleisch zu drücken.
»Okay. Stahl ist keine gute Waffe«, sagte er. »Gut zu wissen.«
Er steckte das kleinere Messer weg und ersetzte es durch eins der größeren mit Sägeklinge. Wie das Messer von Gordon bestand es aus Obsidian. Es war nicht so groß, wie ich erst gedacht hatte, aber es war auch nicht klein. Und es schnitt ganz prima durch die Haut.
»Ah«, sagte er, »lästig, weil die Dinger ziemlich nervig sind und gerne brechen. Aber zumindest funktionieren sie noch.«
Er sah mich an. »Wie geht es deinen Händen?«
Ich sah auf sie herunter. »Nass. Kalt. Gut?«
Grunzend stand er auf und schob sich das Tentakelstück in den Gürtel. »Wie ich mir gedacht habe. Was auch immer diese Verbrennungen anrichtet, es hat aufgehört, sobald Adam den Tentakel durchtrennt hatte – sonst würde er es jetzt
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