Sieh dich nicht um
ist alles, was ich wissen muß.«
Wieder bog ein Wagen in den Parkplatz. Du darfst nicht bei mir bleiben, schrie ihre innere Stimme. »Tom, ich muß zu Hause anrufen.«
»Darf ich Sie wenigstens zur Tür begleiten?« Er nahm ihren Arm. Nach ein paar Schritten blieb er stehen. »Sie humpeln ja.«
»Ist nicht schlimm. Ich bin über meine eigenen Füße gestolpert.« Lacey betete, daß er ihr nicht ansah, welche Schmerzen sie beim Gehen hatte.
Tom hielt ihr die Tür zum Hausflur auf. »Wann höre ich von Ihnen?«
»In einer Stunde oder so.« Sie zwang sich, ihn anzulächeln.
Seine Lippen berührten ihre Wange. »Ich mache mir Sorgen um Sie. Ich habe Angst um Sie.« Er nahm ihre Hände in seine und blickte ihr tief in die Augen. »Aber ich warte auf Ihren Anruf. Sie haben mir gerade etwas Wunderbares gesagt. Und neue Hoffnung gegeben.«
Lacey wartete in der Eingangshalle, bis sie seinen dunkelblauen BMW wegfahren sah. Dann hastete sie zum Aufzug.
Sie machte sich nicht die Mühe, den Mantel auszuziehen, bevor sie zum Telephon griff und das Fitneßstudio anrief. »Edina Health Club. Bleiben Sie bitte dran«, meldete sich die aufgekratzt fröhliche Stimme der Geschäftsführerin.
Eine Minute verstrich, zwei Minuten. Zum Teufel mit ihr,
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dachte Lacey und knallte den Hörer auf die Gabel.
Es war Samstag; wahrscheinlich war ihre Mutter zu Hause.
Zum ersten Mal seit Monaten wählte Lacey die vertraute Nummer direkt an.
Ihre Mutter nahm beim ersten Klingeln ab.
Lacey wußte, daß sie keine Zeit zu verlieren hatte. »Mom, wem hast du erzählt, daß ich hier bin?«
»Lacey? Keiner Menschenseele. Warum?« rief Mona beunruhigt.
Zumindest nicht absichtlich, dachte Lacey. »Mom, bei dem Essen gestern abend – wer war dabei?«
»Alex und Kit und Jay und Jimmy Landi und sein Partner, Steve Abbott, und ich. Warum?«
»Hast du irgend etwas über mich gesagt?«
»Nichts Wichtiges. Nur, daß du einem neuen Fitneßclub mit einem Squashplatz beigetreten bist. Das war doch in Ordnung, oder?«
Mein Gott, dachte Lacey.
»Lacey, Mr. Landi möchte sehr gern mit dir reden. Er hat mich gebeten zu fragen, ob die letzten Seiten von Heathers Tagebuch auf unliniertem Papier geschrieben waren. Erinnerst du dich?«
»Warum will er das wissen? Ich habe ihm eine vollständige Kopie übergeben.«
»Er sagt, wenn das der Fall sei, habe jemand diese Seiten der Kopie aus dem Polizeirevier gestohlen. Außerdem ist auch das ganze Original gestohlen worden. Lacey, willst du etwa sagen, der Mann, der dich ermorden wollte, weiß, daß du in Minneapolis bist?«
»Mom, ich kann nicht reden. Ich rufe dich später an.«
Lacey legte auf. Noch einmal versuchte sie es beim
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Fitneßstudio. Diesmal wartete sie nicht ab, bis sie auf die Warteleitung gelegt wurde. »Hier spricht Alice Carroll«, unterbrach sie die Geschäftsführerin. »Bitte -«
»Oh, Alice.« Die Geschäftsführerin schlug einen mitfühlenden Ton an. »Ihr Vater war hier und hat sie gesucht.
Ich bin mit ihm zum Squash-Court gegangen, weil ich dachte, Sie wären noch da. Ich habe Sie nicht weggehen sehen. Jemand hat uns gesagt, Sie hätten sich den Knöchel verstaucht. Ihr Vater war so besorgt, da habe ich ihm Ihre Adresse gegeben. Das war doch richtig, oder? Er ist gerade erst vor ein paar Minuten gegangen.«
Lacey nahm sich noch die Zeit, die Kopie von Heather Landis Tagebuch in ihre Einkaufstasche zu stopfen. Dann eilte sie halb hopsend zum Auto und fuhr in Richtung Flughafen. Sturmböen trieben Schnee gegen die Windschutzscheibe. Hoffentlich kommt er nicht gleich darauf, daß ich nicht mehr da bin, sagte sie sich. Dann habe ich ein bißchen Zeit.
Zwölf Minuten, nachdem sie den Ticketschalter erreichte, sollte eine Maschine nach Chicago starten. Lacey konnte gerade noch an Bord gehen, bevor sich die Türen schlossen.
Dann saß sie drei Stunden lang im Flugzeug auf der Rollbahn fest, weil keine Abfluggenehmigung erteilt wurde.
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Sandy Savarano saß in seinem Mietwagen, einen Stadtplan vor sich auf dem Lenkrad, und spürte, wie ihn das Jagdfieber packte.
Sein Puls ging schneller. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er sich ihrer angenommen hatte.
Schon hatte er die Hennepin Avenue 520 auf der Karte gefunden. Sie war nur zehn Minuten vom Radisson Plaza entfernt, wo er abgestiegen war. Er schob den Schalthebel auf DRIVE und gab Gas.
Immer noch ärgerlich, weil sie ihm im Fitneßstudio so knapp entkommen war, schüttelte er den Kopf. Wenn sie
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