Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Sie weiter daran. Melden Sie sich bei mir, sobald Sie etwas Neues herausgefunden haben.«
»In Ordnung, Sir.«
Als der Uniformierte gegangen war, drehte sich Brown zu Dana um. »Ich frage mich, warum der Mörder das Foto überhaupt in das Buch gelegt hat. Scheint mir ein ziemlich dämlicher Schachzug zu sein, diese Tür so weit offen zu lassen. Und was soll die Patrone? Er hat so etwas noch nie zuvor gemacht, hat noch nie so viele Beweise an einem Tatort hinterlassen. Abgesehen von den Büchern hat er sich immer völlig bedeckt gehalten. Bisher war das ein erfolgreiches Schema. Warum also sollte er jetzt riskieren, aufzufliegen?«
Dana zuckte die Schultern. Es war eine gute Frage, nur kannte sie keine Antwort. »Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Vielleicht will er uns verwirren. Vielleicht langweilt er sich, weil wir offensichtlich nicht vorankommen. Oder er möchte uns diesmal die richtige Richtung zeigen. Es könnte alles Mögliche sein. So viel wir über die Psychologie von Mördern auch wissen, wir wissen noch längst nicht alles. Die Wissenschaft entwickelt sich ständig weiter.«
Brown nickte. Er war zwar schon fast so lange beim FBI wie Dana, allerdings hatte er ursprünglich in der Abteilung für Wertpapierbetrug gearbeitet, bis er vor einigen Jahren zum Serienmord gekommen war. Und so lernte sie ihn nun an, wie ihr Mentor Crawford Bell sie damals angelernt hatte.
Beim Gedanken an Crawford spürte sie, wie sich in ihrem Hals ein Kloß bildete. Sie versuchte, ihn hinunterzuschlucken, aber es ging nicht. Für einen erschreckenden Moment hätte sie sich beinah völlig in der Erinnerung an ihn verloren – und an die unaussprechliche Art und Weise, wie ihr Mentor und früherer Partner gestorben war. Doch sie drängte den Gedanken entschieden in eine hintere Ecke ihres Gehirns. Es ging nicht anders. Wenn sie jetzt zuließe, dass sie an Crawford dachte, würde sie an Ort und Stelle zusammenbrechen und anfangen, sich die Augen aus dem Kopf zu heulen. Nicht gerade die beste Möglichkeit, um Zuversicht unter den Kollegen zu verbreiten.
Sie wusste, dass Crawford sie verstehen würde, wäre er noch am Leben.
Dana atmete einmal tief durch und fasste sich. Zu ihrem Glück war Brown in jeder Hinsicht ein wunderbarer Schüler, der sein Ego zurückstellte, wann immer es nötig war, um einen Killer zu schnappen – was bei einigen der Kollegen, mit denen sie im Lauf der Jahre zusammengearbeitet hatte, nicht immer der Fall gewesen war. Herrgott, Brown war insgesamt ein fantastischer Mann .
Sie wünschte nur, er hätte sie nicht belogen, was seine Vergangenheit anging.
»Aber warum sollte der Killer versuchen, die Sache spannender für sich zu machen, Dana?«, fragte Brown. »Bisher ist er ungestraft davongekommen. Warum sollte er jetzt anfangen, mit dem Risiko zu spielen, gefasst zu werden? Ich verstehe das nicht.«
Dana verdrängte den Gedanken an Browns Unaufrichtigkeit – es war ohnehin eher ein Verschweigen als eine aktive Lüge gewesen. Dies war nicht der Zeitpunkt, um etwas zu betrauern, was hätte sein können. Nicht, solange das Leben eines Kindes in Gefahr schweben konnte. »Serienmörder sind von Natur aus Narzissten«, antwortete sie und zog sich die Latexhandschuhe mit einem schnappenden Geräusch von den Fingern. »Tief in ihrem Innersten wollen sie, dass man ihnen für ihre Leistungen Respekt zollt. Sie wollen uns beweisen, wie gerissen und überlegen sie sind.«
Mit der Rechten knüllte sie die Handschuhe zusammen, mit der freien Hand schob sie eine lose Strähne ihrer kurzen blonden Haare hinters Ohr. Ein beunruhigendes Déjà-vu ereilte sie. Sadisten und intelligente Killer waren weder Brown noch ihr neu. Sie hatten mehr oder weniger vor genau demselben Problem gestanden, als sie ein Jahr zuvor den Cleveland Slasher gejagt hatten. Der Fall hatte Dana beinah in den vorzeitigen Ruhestand – und in den Wahnsinn – getrieben, doch mittlerweile war sie entschlossener als je zuvor, Mörder zu fassen. Dreckskerle, die Unschuldige töteten. Wenn sie es nicht machte, wer dann? Das FBI hatte eine Menge Zeit und Geld in ihre Ausbildung investiert, und sie fühlte sich verpflichtet, dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Abgesehen davon – was bliebe ihr im Leben ohne das FBI?
Nicht viel. Erst recht nicht nach dem, was sie unlängst über Browns Vergangenheit erfahren hatte. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie geglaubt, ihr Partner wäre ein Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen
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