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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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Großvater des Attentäters von Arizona, Jared Loughner, sein können. Mit aufmerksamer Miene studierte er die neueste Ausgabe von Field & Stream . Sechs Meter rechts des Opa-Loughner-Typs begutachtete ein Schwulenpärchen mittleren Alters, das Jack an Robin Williams und Nathan Lane in The Birdcage – Ein Paradies für schrille Vögel erinnerte, im Bereich mit den Neuheiten eine Hardcover-Ausgabe des mit dem Man-Booker-Preis ausgezeichneten Titels Wölfe von Hilary Mantel.
    Jack schob seine Skimaske tief in die Manteltasche und ging in die Ecke mit den Büchern über Schachstrategie. Es gab ungefähr ein Dutzend davon in zwei ordentlichen Reihen im vierten und fünften Regalfach. Der vielversprechendste Titel sprang ihm förmlich in die Augen:
    Schach für Dummies
    Mit dem ausgestreckten Zeigefinger kippte Jack das Buch aus der vierten Reihe, während er spürte, wie sich in seinem Magen ein Gefühl von Vorfreude auszubreiten begann, als schwirrten Schmetterlinge darin umher, und er konnte sich keine treffendere Wahl für seinen Vater denken. Doch Don Yuntz’ Tage als Dummie, der immer wieder ungeschoren davonkam, würden bald vorbei sein. Es war der einzige Weg, der Jack einfiel, wie er die Dinge wieder in Ordnung bringen konnte.
    Er klemmte sich das Buch unter den rechten Arm und drehte sich seitwärts, als er den Mann in der Tarnjacke passierte, um ihn nicht mit der Schulter anzurempeln. Nach der tief gerunzelten Stirn und den verbissenen Kiefern zu urteilen – ganz zu schweigen davon, dass er förmlich nach Ärger roch , wenn man ihm so nah kam –, schien er nicht zu der Sorte von Menschen zu gehören, mit denen man sich freiwillig anlegte. Ein harmloser Rempler hätte womöglich schon ausgereicht, um ihn explodieren zu lassen.
    Jack erreichte die Ladentheke und blieb vor der alten Frau auf der anderen Seite stehen. Sie balancierte ihre schicke Brille auf der Nasenspitze und spähte auf das Buch hinunter, das er ihr reichte, dann setzte sie die Brille wieder ab und ließ sie an der Goldkette um den dicken Hals baumeln. »Interessierst dich wohl für Schach, wie?«
    Jack nickte und griff nach seiner Geldbörse in der Gesäßtasche, um seinen einzigen, zerknitterten Zwanzig-Dollar-Schein hervorzuholen. Er hielt ihn ihr hin. »Ja, Ma’am. Ich mag Schach sehr. Es ist mein Lieblingsspiel.«
    Die Frau nahm den Schein nicht sofort. »Bist du gut?«, wollte sie wissen.
    »Gut? Wie meinen Sie das?«
    »Im Schach.«
    Jack zuckte die Schultern. Er fühlte sich töricht, während er mit der nach wie vor ausgestreckten Hand dort stand. Die Alte war geschwätzig, so viel stand fest. Allerdings befand er sich mit den Gedanken bereits woanders. Weit, weit weg. »Ich weiß nicht. Ich bin schon recht gut, schätze ich. Wenn die Bedingungen stimmen, kann ich mich einigermaßen behaupten. Ich spiele manchmal im Park.«
    »Wie lange spielst du schon?«
    »Seit vielleicht drei Jahren.«
    Die Frau ließ den Blick durch den Laden wandern, dann beugte sie sich vor. Sie schob Jacks Hand zurück, ohne das Geld zu nehmen. »Steck das wieder ein, Junge«, sagte sie mit gesenkter Stimme. »Das Buch geht aufs Haus. Es ist schön, junge Menschen wie dich zu sehen, die immer noch die edleren Dinge im Leben zu schätzen wissen.«
    Sie nickte voll Abscheu in Richtung des nach Patschuli riechenden Hippie-Pärchens und rümpfte die Nase. »Junge Menschen wie dich, die den Wert und den Nutzen von Körperhygiene noch zu schätzen wissen.«
    Jack hielt dem Blick der Frau mehrere Herzschläge lang stand, um sich zu vergewissern, dass er richtig gehört hatte. Schließlich steckte er verlegen das Geld wieder in die Brieftasche und schob das mit Klettband gesicherte Polyester zurück in die rechte Gesäßtasche. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Damit hatte er nicht gerechnet. »Danke«, stieß er schließlich hervor. »Ich habe derzeit nicht so viel Geld.«
    Die alte Frau verdrehte die Augen. Ihr wässriger Blick beschrieb einen vollständigen Dreihundertsechzig-Grad-Kreis in dem stark geschminkten Gesicht. »Gütiger Himmel, Junge, wer hat das schon? Aber keine Ursache, okay? Nun mach, dass du hier rauskommst, und lies dein Buch. Wenn du es mir eines Tages zurückzahlen möchtest, dann grüß mich in der Zeitung, wenn du weltberühmt geworden bist.«
    Jack fühlte sich immer noch eigenartig und stand wie gebannt da. Er versuchte, die Füße zu bewegen, aber seine Schuhe fühlten sich an, als wären sie am Boden festgeleimt. Friede auf Erden

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