Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
und Comictiere abgebildet. Er begegnete einem schlaksigen Jungen im Schlafanzug. Ein kleines Mädchen ging neben ihm her. Die Köpfe der beiden waren an der Seite rasiert. Sie unterhielten sich angeregt auf Russisch.
Offenbar erholten sich die Kinder allmählich von ihrem Martyrium.
Das hieß, alle bis auf eines .
Er betrat einen weiteren langen Gang, an dessen Ende ein Einzelzimmer lag. Die Tür stand offen. Stimmengeräusch drang heraus.
Gray klopfte leise an und trat ein. In dem Raum befand sich ein Bett, daneben war ein kleiner Spielbereich mit einem gelben Plastiktisch und mehreren Kinderstühlen. Dr. Lisa Cummings trug gerade etwas ins Krankenblatt ein. Aufgrund ihrer medizinischen Erfahrung unterstützte sie die Chirurgen und Ärzte und hielt Painter über den Krankheitszustand und auftretende Probleme auf dem Laufenden.
Sascha saß am Tisch und malte. Eine rosafarbene Mütze bedeckte ihren kahl rasierten Schädel.
»Mister Gray!«, rief das Mädchen, sprang auf und kam ihm entgegengelaufen. Sie schmiegte sich an sein Bein.
Er tätschelte ihr die Schulter.
Sascha besuchte ihren Bruder ebenso oft wie Gray.
Pjotr saß am Fenster in einem Rollstuhl und schaute in die
Dämmerung hinaus. Er saß da wie eine Schaufensterpuppe. Aufrecht, steif, regungslos.
»Gibt es irgendwelche Veränderungen?«, fragte Gray und wies mit dem Kinn auf die Krankenakte, die Lisa in Händen hielt.
»Doch, schon. Er lässt sich inzwischen mit dem Löffel füttern. Mit Babynahrung. Er scheint infantilisiert zu sein. Die Ärzte glauben, dass er mit der Zeit in seinen Körper hineinwachsen könnte.«
Gray hoffte, sie würden recht behalten. Der Junge hatte die Welt gerettet und dabei alles geopfert.
»Gray, wenn du den Jungen ins Bett legst, lassen wir dich eine Weile mit ihm allein.«
Gray nickte.
»Komm, Sascha, wir gehen auf dein Zimmer.«
»Warte noch!« Sie ließ Grays Bein los und lief zu Pjotr hinüber.
»Sag Pjotr Gute Nacht, dann müssen wir gehen«, beharrte Lisa.
Sascha küsste ihren Bruder auf die Wange, dann kam sie zu Gray zurückgelaufen und reckte ihm die Arme entgegen.
Gray kniete nieder und bot ihr seine Wange zum Kuss. Sie küsste ihn, dann fasste sie sein Ohrläppchen. Sie flüsterte ihm ins Ohr, was ihn kitzelte.
»Pjotr ist nicht da«, sagte sie verschwörerisch. »Jemand anders ist da. Aber ich hab ihn trotzdem lieb.«
Gray lief ein Schauder über den Rücken. Offenbar hatte Sascha die Ärzte belauscht. Die Prognose sah düster aus. Selbst wenn Pjotr sich wieder erholen sollte, würde er nicht mehr der Gleiche wie früher sein.
Gray streichelte aufmunternd ihren Arm, wollte ihr aber auch keine falschen Hoffnungen machen. Für sie war es am besten, wenn sie sich auf ihre Weise mit der Realität abfand.
»Sascha«, mahnte Lisa.
»Einen Moment noch!«, rief Sascha und stürzte zum Tisch. »Ich hab etwas für Mister Gray gezeichnet.« Sie wühlte in einem Stapel Papier.
Lisa lächelte. »Sie will einfach nicht ins Bett.«
Sascha brachte Gray eine Seite, die sie aus dem Malbuch herausgerissen hatte. »Hier, nimm«, sagte sie stolz.
Gray betrachtete das Bild eines Clowns. Sie hatte es akkurat koloriert und sogar ein paar Schattierungen hinzugefügt, sodass der Clown traurig und auch ein wenig unheimlich aussah.
Sascha neigte den Kopf wieder an sein Ohr. »Du wirst sterben.«
Gray reagierte bestürzt, doch es lag keine Drohung in ihrer Stimme. Sie hatte es ganz sachlich gesagt, als machte sie eine Bemerkung über das Wetter. Gray überlegte, dass Sascha vermutlich noch Mühe hatte zu begreifen, was der Tod bedeutete. Sie hatte zu viel davon gesehen, und jetzt schwebte ihr Bruder irgendwo zwischen Leben und Tod.
Gray wusste nicht, was er sagen sollte. Aber auch jetzt wieder wollte er sie nicht anlügen. Er richtete sich auf, ließ seine Hand aber auf ihrer Schulter ruhen. »Wir alle müssen irgendwann sterben, Sascha. Das ist der Lauf der Dinge.«
Sie seufzte übertrieben, wie es genervte Kinder bisweilen tun.
»Nein, Dummkopf.« Sie deutete auf die Zeichnung. »Du musst dich davor hüten! Deshalb hab ich das gemalt!«
Lisa zeigte zur Tür. »Das reicht, Sascha. Zeit zum Schlafen.«
»Einen Moment noch!«
»Nein.«
Geknickt ließ Sascha sich von Lisa wegziehen. Sie winkte Gray zum Abschied zu.
Als sie weg waren, ging Gray zu Pjotr hinüber. Er saß gern bei dem Jungen, um ihm zu zeigen, dass er ihn nicht vergessen hatte und dass man sein Opfer in Erinnerung behalten würde. Außerdem kam
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