Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
sie sich hatten treiben lassen, floss über diesen letzten Hügelkamm und mündete in das weitläufige Tal. Zahlreiche andere Flüsschen und Bäche taten das Gleiche. In den schrägen Strahlen der tief stehenden Sonne funkelten Wasserfälle und Katarakte wie Quecksilber. Im Schatten der niedrigen Berge machte er überfluteten Wald und ausgedehnten schwarzen Morast aus, der gesäumt war von Schilf und hohem Gras. Es würde nicht einfach sein, das Gebiet zu durchqueren, und im Dunkeln bestand die Gefahr, dass sie die Orientierung verloren.
Er seufzte. Aber sie hatten keine andere Wahl. Er wandte sich Kiska und Pjotr zu, die auf einem umgestürzten Baum saßen. Die beiden Kinder sahen noch immer aus wie halb ertrunkene Kätzchen. Bis die Eiseskälte sie aufs Trockene trieb, hatten sie sich einen halben Kilometer weit in der Strömung treiben lassen. Dann waren sie auf das den Raubkatzen gegenüberliegende Ufer geklettert. Die Tiger hatten ihre Spur verloren, und der Fluss wurde im weiteren Verlauf immer breiter. Wenn die Tiger ihre Spur wieder aufnehmen wollten, mussten sie erst das reißende Gewässer durchqueren.
In den letzten zwei Stunden hatte Pjotr geschwiegen. Offenbar machte er sich Sorgen wegen Marta. Aber wenigstens war der Junge nicht in Panik geraten, und nichts in seinem Verhalten deutete darauf hin, dass die Tiger in der Nähe waren.
Wieder an Land, hatten sie die Kleider ausgezogen, sie ausgewrungen und anschließend wieder angezogen. Während der zweistündigen Wanderung zur wärmsten Tageszeit waren die Sachen weitgehend getrocknet. Jetzt würden sie abermals nass werden, und die Sonne ging unter. Es würde eine kalte Nacht werden.
Konstantin hatte jedoch recht. Sie mussten weitergehen. Solange zwei Tiger das Hochland unsicher machten, war es auf festem Boden nicht sicher. Der Sumpf würde ihnen zumindest einen gewissen Schutz bieten.
Monk machte sich an den Abstieg entlang des steilen Gebirgsgrats. Er half Pjotr, während Konstantin seine Schwester bei der Hand hielt. Die beiden jüngsten Kinder bauten immer mehr ab. Im Gänsemarsch ließen sie den warmen Sonnenschein hinter sich und drangen in den kühlen Schatten vor.
Monk bildete die Spitze und bahnte den Weg durch das dichte Unterholz aus Wacholderbüschen und Beerensträuchern. Je morastiger der Boden wurde, desto besser kamen sie
jedoch voran. Bald darauf sprangen sie von einem Moosflecken zum nächsten, was nicht weiter schwer war, da das Moos hier gedieh. Der weiche grüne Teppich bedeckte Felsnasen und zog sich an den weißen Birkenstämmen hoch, als wollte er sie in den Erdboden hinabziehen.
Sie kamen immer langsamer voran, denn sie mussten den immer zahlreicher werdenden Wassertümpeln ausweichen.
Monk vernahm einen durchdringenden Schrei. Ein Adler schwebte vorbei, seine Flügel hatte eine gewaltige Spannweite.
Auf der Jagd.
Der Adler rief Monk die Gefahren in Erinnerung, die hinter ihnen lauerten.
Er beschleunigte seinen Schritt. Den Kindern schien dieses Terrain besser zu liegen. Aufgrund ihres geringeren Körpergewichts sanken sie kaum ein, während Monk, wenn er nicht einen Stiefel verlieren wollte, darauf achten musste, wohin er seine Füße setzte.
Im Verlauf der nächsten Stunde legten sie Monks Schätzung zufolge keine zwei Kilometer zurück. Immer wieder flüchteten Schlangen vor ihnen, und einmal erhaschte er einen Blick auf einen Fuchs, der von einer Erhebung zur nächsten sprang und dann verschwand. Monk lauschte angestrengt. Im Sumpf wimmelte es von allem möglichen Getier. Einmal tauchte das schwere Geweih eines Elchs über dem Schilf auf.
Ehe sie sich’s versahen, befanden sie sich in knöcheltiefem Wasser und wanderten im Zickzack von Insel zu Insel. Die kalte Luft roch nach Algen und Moder. Insekten summten. Als die Sonne hinter den Bergen versank, dunkelte es rasch.
Monk stapfte vorsichtig weiter.
Konstantin wich ihm nicht von der Seite. Er hielt immer
noch Kiskas Hand. Das Mädchen war im Gehen fast eingeschlafen.
Pjotr hielt sich dicht hinter Monk. Wenn sie durch tieferes Wasser kamen, musste Monk den Jungen huckepack nehmen.
Plötzlich ergriff Pjotr Monks Hand und drückte fest zu.
Etwas brach durchs Gebüsch und kam geradewegs in ihre Richtung.
O nein …
»Lauft!«, rief Monk, der ahnte, was da auf sie zukam.
Er riss den Jungen hoch, der sich schreiend wehrte. Konstantin stapfte im Stelzschritt durchs Wasser und zerrte seine Schwester hinter sich her. Monk sank mit dem linken Fuß bis zur Wade
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