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Sigma Force 05 - Das Messias-Gen

Titel: Sigma Force 05 - Das Messias-Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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einem der Feuer stand ein Ochsenkarren, hoch beladen mit Abfall. Der einhörnige Ochse bewegte sich unruhig, als der Wagen den Hang heruntergefahren kam.
    »Die andere Seite Indiens«, meinte Masterson. »Über drei Viertel aller Inder leben immer noch auf dem Land. Die hier stehen im Kastensystem freilich ganz unten. Das sind Harijan, wie Ghandi sie genannt hat, was so viel bedeutet wie ›Kinder Gottes‹. Meistens aber werden sie noch immer abfällig als Dalits oder Achutas bezeichnet, was ›Unberührbare‹ heißt.«
    Gray bemerkte, dass Luca seine Dolche wieder in die Scheide gesteckt hatte und aufmerksam lauschte. Unberührbare . Vielleicht hatten sie ja die gleichen Wurzeln wie sein eigenes Volk.
    Die mit Sicheln und Stangen bewaffneten Dörfler drängten sich im Feuerschein aneinander und blickten den Fremden misstrauisch entgegen.
    »Was sind das für Leute?«, fragte Gray, denn er wollte wissen, mit wem er es zu tun hatte.
    »Um das zu verstehen«, sagte Masterson, »müssen Sie über das indische Kastensystem Bescheid wissen. Der Legende
nach stammen alle Varnas - oder Menschenkasten - von einem gottähnlichen Wesen ab. Die Brahmanen, die Priester und Lehrer, entstanden aus dem Mund dieses Wesens. Herrscher und Soldaten aus seinen Armen. Kaufleute und Händler aus seinen Schenkeln. Die Arbeiter gingen aus den Füßen hervor. Jede Kaste hat ihre eigene Hackordnung, niedergeschrieben in den zweitausend Jahre alten Gesetzen Manus, worin genau aufgeführt wird, was man zu tun und zu lassen hat.«
    »Und die Unberührbaren?«, fragte Gray, während er die versammelten Männer und Halbwüchsigen aufmerksam musterte.
    »Die fünfte Varna stammt angeblich nicht von diesem Urmenschen ab. Das waren Ausgestoßene, die als unrein galten, weshalb es ihnen nicht gestattet war, sich mit gewöhnlichen Menschen zu vermischen. Diese Leute hatten Umgang mit Tierhäuten, Blut, Exkrementen und Leichen. Es war ihnen verboten, die Häuser und Tempel der Angehörigen höherer Kasten zu betreten, sie durften auch nicht deren Essgeschirr benutzen. Nicht einmal ihr Schatten durfte auf den Angehörigen einer höheren Kaste fallen. Wer gegen diese Regeln verstieß, wurde geschlagen, vergewaltigt, getötet.«
    Elizabeth beugte sich vor. »Und niemand unternimmt etwas dagegen?«
    Masterson schnaubte. »Die indische Verfassung verbietet solche Diskriminierungen, doch es gibt sie noch immer, zumal in ländlichen Gebieten. Fünfzehn Prozent der Bevölkerung gelten nach wie vor als unberührbar. Es gibt kein Entrinnen. Das Kind eines Achutas bleibt ewig ein Achuta. Sie sind Opfer einer jahrtausendealten Religion, die sie als Untermenschen klassifiziert. Und seien wir mal ehrlich. Wie ich schon sagte, irgendjemand muss all die Felder bestellen.«
    Gray dachte an die ausgedehnten Gehöfte und Obstplantagen.

    Masterson fuhr fort: »Die Unberührbaren sind die geborenen Sklaven. Es sind in dieser Beziehung einige Fortschritte zu verzeichnen, vor allem in den Städten, aber in den ländlichen Gegenden werden halt Arbeiter gebraucht - und das Kastensystem deckt den Bedarf. Es ist schon vorgekommen, dass Dörfer wie dieses niedergebrannt oder zerstört wurden, weil die Bewohner es gewagt hatten, höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Deshalb begegnen uns die Leute hier auch mit Misstrauen.«
    Er nickte zu dem mit Arbeitsgeräten bewaffneten Empfangskomitee hinüber.
    »Ach Gott«, sagte Elizabeth.
    »Gott hat damit nichts zu tun«, bemerkte Masterson säuerlich. »Es geht ausschließlich um die Wirtschaft. Ihr Vater hat sich sehr für diese Leute eingesetzt. In letzter Zeit fiel es ihm immer schwerer, Yogis und Brahmanen als Unterstützer zu gewinnen.«
    »Wegen seiner Verbindungen zu den Unberührbaren?«, fragte sie.
    »Ja … und weil er unter den Unberührbaren nach dem Ursprung des genetischen Markers suchte. Als sich das herumsprach, schlug man ihm immer häufiger die Tür vor der Nase zu. So viel zum Thema Erleuchtung. Nach seinem Verschwinden habe ich zunächst angenommen, er sei aus ebendiesem Grund ermordet worden.«
    Gray forderte Rosauro mit einer Handbewegung auf, bei den Müllfeuern zu halten. »Und dieses Dorf hier? Wurde Dr. Polk hier zum letzten Mal gesehen?«
    Masterson nickte. »Irgendwann rief Archibald mich an. Er klang aufgeregt. Er hatte eine Entdeckung gemacht und wollte sie mit jemandem teilen - anschließend habe ich nichts mehr von ihm gehört. Aber das kam häufiger vor - er verschwand für ein

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