Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
dessen Gesicht, forschte nach einem Riss in der aalglatten Fassade. Falls der Mann wusste, dass Painter kein einfacher Vertreter der Militärstrafbehörde war, so ließ er es sich nicht anmerken.
»Der Senator war so freundlich, sich von mir begleiten zu lassen«, sagte Painter. »Ich hoffe, wir können das geplante Gespräch trotzdem führen. Ich habe nur ein paar Fragen, die dazu dienen, ein paar Unklarheiten zu beseitigen. Ich verspreche Ihnen, es wird nicht lange dauern. Vielleicht gibt es hier ja einen Ort, wo wir ungestört plaudern können.«
Karlsen wirkte verstimmt und sah Gorman an. Painter meinte, in Karlsens Augen einen Anflug von schlechtem Gewissen wahrzunehmen. Der Sohn des Senators war bei dem Massaker in Afrika ums Leben gekommen. In Anwesenheit des trauernden Vaters konnte er Painter seine Bitte nicht abschlagen.
Karlsen sah auf die Uhr, dann nickte er zu einer Türöffnung zur Rechten hinüber. »Da drüben liegen die Büros. Der Catering-Service hat die vordere Hälfte in Beschlag genommen, aber der kleine Konferenzsaal sollte eigentlich frei sein.«
»Das wäre prima.«
Gemeinsam gingen sie hinüber.
Painter bemerkte, dass die blonde Frau ihnen nachsah. Ihre Miene war undurchdringlich, doch ihre Augen waren kälter als Eis. Sie wandte den Blick ab, als fühlte sie sich ertappt.
Offenbar war ihr so allein gar nicht wohl auf der Party.
Krista beobachtete, wie die drei Männer die Büros der Samenbankverwaltung ansteuerten. Ihr schwante Unheil.
Als wie aus dem Nichts der schwarzhaarige Sigma-Agent aufgetaucht war, hätte sie sich beinahe an der in ihrem Wodka Soda schwimmenden Olive verschluckt. Zu allem Überfluss hatte der Mann auch noch Senator Gorman im Schlepptau. Sie hatte sich gerade noch rechtzeitig an den Rand des Geschehens begeben können.
Von dort beobachtete sie, wie sich die Bürotür schloss. Wie waren sie hierhergekommen? Sie hatte geglaubt, sie hätte sie in Oslo zurückgelassen.
Da sie plötzlich das Gefühl hatte, alle Blicke seien auf sie gerichtet, zog sie die Kapuze des Parkas so weit herunter, dass das Nerzfutter ihr Gesicht beschattete. Zum Glück hatte sie daran gedacht, eine blonde Perücke aufzusetzen. Der Zwischenfall mit Antonio Gravel hatte ihr gereicht.
Sie ging den Tunnel entlang. Er mündete auf einen Quergang, von dem die drei Samenbunker abgingen, jeder mit eigener Luftschleuse gesichert. Da die anderen Gäste noch den Ansprachen lauschten, war sie hier ungestört und hatte Gelegenheit, sich zu sammeln.
Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Eingang des Bunkers und schloss die Finger um das Handy in ihrer Tasche. Ihr Vorgesetzter hatte sich nicht gemeldet. Was sollte sie tun? Er hatte gemeint, er wolle sich um den Sigma-Agenten kümmern, doch jetzt war der Mann in Begleitung des Senators hier erschienen. Sollte sie auf eigene Faust handeln? Oder auf Anweisungen warten? Bei ihrer hohen Stellung in der Organisation wurde von ihr eigenständiges Handeln erwartet. Notfalls musste sie eben improvisieren.
Sie atmete mehrmals tief durch, während sich allmählich ein Plan herauskristallisierte. Wenn sie handeln musste, würde sie es tun. Vorerst aber würde sie abwarten. Das bedeutete jedoch
nicht, dass sie keine Vorsichtsmaßnahmen hätte ergreifen können.
Sie nahm das Handy aus der Tasche. So weit unter der Erde bekam es kein Signal. Nach der Ankunft im Bunker hatte sie sich deshalb bei Ivar entschuldigt und im Computerraum ein Telefon mit Außenleitung entdeckt. An der Leitung hatte sie einen Verstärkersender angebracht, der ihr die Einwahl ins Netz erlaubte.
Sie wählte mit einer Hand. Bei Longyearbyen standen ihre Leute bereit. Es war an der Zeit, sie herzubeordern. Als die Verbindung hergestellt war, wies sie sie an, alle Bergstraßen zu sichern. Sie wollte verhindern, dass es zu bösen Überraschungen kam.
Als sie auflegte, fühlte sie sich ein wenig beruhigt. Vor allem das Warten hatte ihr zugesetzt. Es tat gut, endlich zu handeln, auch wenn ihre Möglichkeiten beschränkt waren. Sie streifte sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und beschloss, die Toilette aufzusuchen und ihr Make-up zu überprüfen.
Plötzlich vibrierte das Handy in ihrer Hand. Ihr wurde ganz kalt, und sie zitterte im Rhythmus des Handys. Sie hob es ans Ohr.
»Ja?«, meldete sie sich.
Endlich erteilte ihr die wohlbekannte Stimme eine Anweisung. Sie war einfach und direkt.
»Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, sollten Sie sich schleunigst absetzen.«
19
13. Oktober, 10:13
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