Signal: Roman (German Edition)
Ich werde Sie führen, aber ich spiele nicht den Gepäckträger.«
»Das ist völlig in Ordnung.« Sie stand auf. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen, Gwi. Ich bin zäher, als ich aussehe. Ich bin zäher, als ich jemals gewesen bin.«
»Das müssen Sie auch sein.«
»Augenblick noch.« Whispr hielt den jüngeren Mann auf. »Sie haben uns noch nicht gesagt, was Sie innerhalb der Nerens-Anlage eigentlich machen. Sind Sie Wissenschaftler?«
Gwi drehte sich zu ihm um und grinste. »Die einzigen Wissenschaftler der San halten sich in Gaborone auf, und einige wenige arbeiten in Joburg. Die Jobs, die der SAHV meinen Leuten gibt, sind deutlich alltäglicher.«
»Und trotzdem halten Sie sich für clever genug, uns da reinbringen zu können?«
»Ich arbeite viel im Abwassersystem der Anlage. Daher bin ich davon überzeugt, dass ich Sie da reinbringen kann, Stock-Meld, schließlich arbeite ich den ganzen Tag mit Scheiße zusammen.«
Als Whispr, dessen Miene auf einmal finster geworden war, auf den jüngeren Mann losgehen wollte, hielt ihn Ingrid zurück und stellte sich zwischen die beiden. »Ich glaube Ihnen, Gwi.« Sie sah ihren Gefährten zornig an. »Ebenso wie ich glaube, dass wir keinen Kilometer weit kommen werden, wenn wir uns schon streiten, bevor wir überhaupt aufgebrochen sind.« Sie drehte sich zu ihrem neuen Führer um. »Der Teil der Anlage, in den wir reinmüssen, heißt ›Das große Ganze‹.«
Gwi sah sie mit leerem Blick an. »Nie davon gehört.«
Mit dieser Antwort hatte sie bereits gerechnet. Sie war ehrlich, aber gleichzeitig entmutigend. Sie mussten die Antwort auf eigene Faust herausfinden.
»Also gibt es trotz Ihrer Cleverness Teile der Anlage, die Sie nicht betreten dürfen?«, spottete Whispr.
Gwi antwortete, als würde er mit einem Kind sprechen. »Natürlich. Ich bin auf die allgemeinen sanitären Einrichtungen spezialisiert. Warum sollte man mich in die gesperrte Zone lassen?«
Das ließ Ingrid aufhorchen. »Aber Sie wissen von diesem Bereich?«
Der junge Mann nickte. »Die Sicherheitsmaßnahmen dortsind unglaublich gut. Wenn das Ihr Ziel ist, dann werden Sie da niemals reinkommen.«
Sie grinste. »Genau da wollen wir hin. Da müssen wir hin. An den Ort, an dem die Sicherheit am höchsten ist. Dort, wo keine anderen Besucher hindürfen.«
»Ich kann Ihnen den Weg zeigen«, gab er widerstrebend zu, »aber ich kann Sie da nicht reinbringen. Die Zone liegt auf der untersten Etage des Komplexes.«
»Natürlich tut sie das.« Whispr nickte weise. »Da ist sie näher an der Hölle als in jedem anderen Teil der Anlage.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie diesen berühmten warmen Ort noch nie besucht haben, Stock-Meld? Das hätte ich nicht gedacht. Aber keine Sorge, sobald das SAHV -Sicherheitspersonal Sie erwischt hat, werden sie Sie garantiert mit einer Fahrkarte dorthin ausstatten. Einer ohne Rückfahrschein.« Bevor Whispr eine unverschämte Antwort geben konnte, wandte sich Gwi wieder an Ingrid. »Lassen Sie uns weitere Lebensmittel für Sie besorgen gehen, Doktor Alice. Wir können heute Abend aufbrechen, wenn Sie wollen. Angesichts der Firmensucher ist es immer besser, nachts zu reisen.«
Whispr nickte. »Was für einen Kommunikator benutzen Sie, um sich im Dunkeln zurechtzufinden?«
»Das GPS auf meiner Festplatte.« Gwi tippte sich an die Stirn. »Hier drin. Siebentausend Jahre gesammeltes traditionelles Wissen aus erster Hand über diesen Teil der Welt, gelernt dank der Füße meiner Ahnen. Mein Kommunikator ist resistent gegen Sand, Wind und sogar dem SAHV -Sicherheitspersonal. All die Tierfährten sind da drin, alle Wasserlöcher, alle Höhlen und Nischen, in denen man sich vor den patrouillierenden Drohnen verstecken kann, von denen wir immer mehr sehen werden, je näher wir Nerens kommen.«Er hielt inne und sah Ingrid erneut an. »Ihnen sollte klar sein, dass ich keine andere Wahl haben werde, als Sie dem Sicherheitspersonal zu übergeben, falls man uns anhalten sollte.«
Sie verzog den Mund. »Ich würde nichts anderes von einem Vertreter des Volkes erwarten, das länger als jedes andere in der Wüste überlebt hat.«
10
Unter ihm und zu seiner Linken war diese nasse Leere, die man den südlichen Atlantischen Ozean nannte. Zu seiner Rechten befand sich die trockene Leere der Namib-Wüste. Die Natur in ihrer Gewaltigkeit und Vielfalt war Molé ziemlich gleichgültig. Er sehnte sich eher nach den Menschenmengen in den am dichtesten bevölkerten Städten der Welt. In
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