Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Signale

Signale

Titel: Signale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
auf!« schrie sie, sich umblickend, wo er sich verbergen konnte. »Das wissen Sie doch, oder?«
    Der Behälter, dessen Sensoren registriert hatten, daß der Körper entfernt war, bereitete sich automatisch auf einen weiteren Einsatz vor. Sein dünnes Plastikpolster löste sich aus den Ecken, rollte sich ein und fiel in einen seitlich angebrachten Müllkasten. Aus einem Schlitz am Behälterrand entfaltete sich ein neues, aseptisches Polster und wurde befestigt. Die Generatoren überprüften ihre Funktionstüchtigkeit mit einem Tastimpuls, fanden sich fehlerfrei und aktivierten sich einsatzbereit. Eine Behälterwand senkte sich. Das Instrumentenbrett schwenkte vorsichtig in Position.
    Das Mädchen war stehengeblieben, um den Vorgang zu beobachten; dann schüttelte sie den Kopf und lachte. »Haben Sie Angst vor mir?« rief sie. »Kommen Sie, wir wollen den Unsinn beenden.« Sie fügte hinzu: »Von mir aus: Gut, Sie haben mir einen Schreck eingejagt, und jetzt geben Sie mir ein paar Kleider, und dann wollen wir uns gemütlich über die Sache unterhalten.«
    Enttäuscht wandte Dandish seine Aufmerksamkeit ab. Ein Signal erinnerte ihn daran, daß es Zeit für die halbstündliche Überprüfung der Schiffskontrollen war, und, wie er es bereits einhundertfünfzigtausendmal getan hatte, noch einhunderttausendmal tun mußte, prüfte er die Temperatur in den Heliumtanks, glich die Quantität des Heliums in den einzelnen Tanks aus, vergewisserte sich über den Stand der Reserven, verglich den Kurs des Schiffs mit den Flugkoordinaten, maß den Energieverbrauch und wandte sich schließlich wieder dem Mädchen zu.
    Seine Maßnahmen hatten kaum eine Minute in Anspruch genommen, aber sie hatte bereits Kamm und Spiegel gefunden, welche er für sie bereit gelegt hatte und beschäftigte sich eingehend mit ihrem Haar. Ein Nachteil der Kälteschlaftechnik lag in dem Verhalten so feiner Strukturen wie dem Haar und den Finger- und Zehennägeln. Bei der Temperatur flüssigen Heliums wurde die organische Materie so trocken und spröde wie Prinz-Rupert-Drops, und bei der Entwicklung der Handhabungsmechanismen mußte dies berücksichtigt werden, indem man den Körper in einen elastischen Kokon hüllte und während der Einfriermaßnahmen den Gebrauch von Gegenständen vermied, die hart oder scharfkantig waren. Dennoch pflegten Nägel und Haa re irgendwie ständig abzubrechen. Die Auswanderungsbehörde hämmerte den Kolonisten endlos die Notwendigkeit geschnittener Nägel und kurzer Haare ein, aber die Kolonisten waren nicht immer einsichtig. Silvie sah nun wie eine Schaufensterpuppe aus, an der sich ein Perückenmacherlehrling versucht hatte. Sie löste ihr Problem schließlich, indem sie die Reste ihres Schopfes zu einem kleinen Knoten wand und den Kamm fortlegte; rings um ihren Kopf schlängelten sich dünne Haarsträhnen wie die Ausläufer eines Sandsturms.
    Traurig drückte sie den Knoten in den Nacken und sagte: »Ich vermute, Sie finden das sehr lustig.«
    Dandish überdachte die Frage. Er fühlte sich nicht zum Lachen gehalten. Vor zwanzig Jahren, als Dandish ein Teenager mit dem langen, fließenden Haar und den lackierten Fingernägeln war, eine Aufmachung, die der Kindermode des Jahres entsprach, hatte er fast jede Nacht von eben einer solchen Situation geträumt. Ein Mädchen für ihn, als sein Eigentum – nicht, sie zu lieben, zu vergewaltigen oder zu heiraten, aber als Sklavin zu haben, ohne daß jemand ihn davon abhalten könnte, mit ihr zu tun, was er auch wollte – davon hatte er jede Nacht in hundert Variationen geträumt. Er hatte nie jemand von seinem Traum erzählt, jedenfalls nicht direkt, aber in der Schulzeit, als sie angewandte Psychologie durchnahmen, brachte er es vor, als habe er davon in einem Buch gelesen, und der Lehrer, durch seine Augen geradewegs in seine Träume starrend, erklärte, das sei der unterdrückte Wunsch, mit Puppen zu spielen. »Dieser Bursche praktiziert ein Rollenspiel«, meinte der Lehrer, »das aus dem Wunsch resultiert, eine Frau zu sein. Diese eindeutigen Ventile unterdrückter Homosexualität können zahlreiche Formen annehmen …« Und so weiter, und so fort, und obwohl die Träume in ihrem physischen Ergebnis so zufriedenstellend wie zuvor endeten, erwachte der junge Dandish am Morgen mit schlechtem Gewissen und Zorn.
    Aber Silvie war weder ein Traum noch eine Puppe.
    »Ich bin keine Puppe!« sagte Silvie so scharf, so plötzlich, daß Dandish einen Schock erlitt: »Kommen Sie heraus und

Weitere Kostenlose Bücher