Signale
für ein paar Minuten dem endlosen Summen des Raumschiffs, dann aktivierte er den Gefrierbehälter. Er war lange genug Verlierer gewesen, um zu wissen, wann er seine Niederlage eingestehen mußte. Das Mädchen sprang auf, als die Seitenwände des Behälters sich öffneten. Weiche Tentakel ergriffen sie und legten sie auf den Boden des Behälters, und die Sicherheitsgurte legten sich über sie und rasteten ein.
»Sie verdammter Narr!« schrie sie, aber Dandish antwortete nicht. Die Betäubungsmaske senkte sich über ihr widerstrebendes Gesicht, und sie kreischte: »Warten Sie einen Augenblick! Ich habe nie gesagt, ich würde nicht …«
Aber was sie sagen wollte, vermochte sie nicht mehr auszusprechen, weil die Maske ihre Worte erstickte. Innerhalb einer Sekunde schlief sie ein.
Eine Plastikfolie entfaltete sich und hüllte sie ein, legte sich über ihr Gesicht, ihren Körper, ihre Beine, auch um das Handtuch auf dem Kopf, und der Behälter rollte lautlos zu der Gefrierkammer. Dandish beobachtete den weiteren Vorgang nicht. Er wußte, was geschehen würde, und außerdem erinnerte ihn das Signal an die halbstündliche Überprüfung. Temperatur: Normal; Energieverbrauch: Normal; Kurs: Korrekt; von der Gefrierkammer war ein neuer Tank unterwegs in die Kältehallen, ansonsten: Normal.
Good bye, Silvie, sagte Dandish zu sich selber, du warst ein schöner Reinfall.
Vielleicht später, mit einem anderen Mädchen … Aber Dandish hatte neun Jahre benötigt, um Silvie zu wecken, und er bezweifelte, daß ihm genug Zeit büeb, einen zweiten Versuch zu unternehmen. Er dachte an Onkel Henry, der am Amazonas einen Bagger steuerte. Dandish hätte an seiner Stelle sein können. Er genoß immerhin die Vergünstigung, seine Strafe im Steuermechanismus eines Sternenschiffs absitzen zu dürfen.
Er starrte mit den Rezeptoren, die jetzt seine Augen waren, hinaus auf die zehn Millionen Sterne. Er tastete sich mit den Radarantennen, die seine Arme waren, durch den Raum. Er trieb auf einem Strom von Ionen, fünf Millionen Meilen lang, der aus den Triebwerken kam, dahin. Er dachte an die Tonnen von hilflosem Fleisch in seinem Rumpf, die ihm hätten Lust bereiten können, befände sich sein eigener Körper nicht mit dem von Onkel Henry auf der Nachtseite des Merkur, an die Ängste, an denen er sich hätte weiden können, wäre es ihm gegeben, Angst einzujagen. Er hätte geschluchzt, wäre zum Schluchzen noch seine Stimme vorhanden gewesen.
Erde 18
Diese liebreizende Flugstrecke zwischen Los Angeles und Old Nueva York gehört zu den pittoreskesten planetarischen Routen der Erde. Von Ost nach West begegnet man überall den Spuren der frühen Tabakindianer, die den schrumpfenden Büffelherden bis zum Großen Goldrausch nach Hollywood folgten. Von West nach Ost trifft man stellenweise auch auf den Verlauf der Vernichtungs-Eklipse von 1999. Reich an historischen Sehenswürdigkeiten, herrlich in seinen natürlichen Schönheiten, ist Erde 18 als freundliches und preiswertes Erholungsziel berühmt, für alle, deren Haushalt keine größeren Vorhaben erlaubt.
0 km; wir beginnen die Besichtigung von Erde 18 mit der urzeitlichen Ansiedlung El Puebloli de Nuestra la Reine de Los Angeles, einst die (flächenmäßig) größte Gemeinde auf diesem Kontinent, heute die Niederlassung von ein paar tausend Menschen unter Verwaltung einer weganischen Raumbasis, die bei Capella XV unter Vertrag steht. Zur Zeit der Eroberung der Erde wurden hier von den Eingeborenen verschiedenartige Verteidigungsanlagen geschaffen, die sich aber als nutzlos erwiesen und heute von den Weganern als Trainingsobjekte für die Zerstörung von Verteidigungsanlagen gebraucht werden. Kaum noch etwas erinnert an dieses einst mächtige System von Mauern und Befestigungen, örtlich als Autobahnen bekannt. Auch an die Leute, die sie bauten, erinnert nichts mehr.
Von hier aus ist eine Anzahl von Abstechern möglich, welche der erfahrene Reisende aber zu meiden pflegt:
4 km westlich, erreichbar über die lokale Route Wilshire Boulevard, die La Brea Tar Pits, ein Gebiet von zehn Hektar Pleistozän-Asphaltschichten, Bestandteil einer sedimentären Serie aus Sand, Lehm und Kies, gegenwärtige Dicke zwischen 10 und 50 m. In ihrer geologischen Vergangenheit enthielten diese Schichten offen daliegende Teeradern, wahrscheinlich mit einem dünnen Wasserfilm getarnt, um die durstige Fauna anzulocken. Kleine Tiere blieben im Teer stecken und lockten Fleischfresser an, die sie
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