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Signale

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Titel: Signale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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bewegte sich ein Fackelzug mit Festwagen, Gesangvereinen und Freibier an jeder Ecke. Ich öffnete das Handschuhfach, nahm ein Fernglas und blickte hindurch.
    »Du brauchst nicht nachprüfen, Gunner. Ich habe mich darum gekümmert. Sie preisen alle das Programm an.«
    »Ich sehe es.«
    Nicht nur, daß die Marschierer Transparente trugen, die für unsere abendliche Show warben, welche die Sender schon auszustrahlen begannen, auch beförderten die Fahrzeuge Bildgeräte und Verstärker. In der ganzen Prozession sah man, wohin man blickte, nichts als Knafti, riesig und erschreckend in seinem goldenen Brustpanzer, wie er die Kinder ergriff und sie vor der Attacke des Monsters von einem fremden Planeten schützte. Das Monster war ich. Die Techniker hatten in allerkürzester Zeit eine glänzende Trickarbeit geleistet. Die ganze Szene lief ab, so realistisch, als hätte ich es wirklich so erlebt.
    »Möchtest du hören?« Candace reichte mir einen hyperbolischen Long-Hearer, aber ich benötigte ihn nicht. Ich erinnerte mich, was die Stimmen sagen würden. Connick würde da sein, mich anzuklagen. Timmy Brown würde mich anklagen. Die Kinder, alle. Colonel Peyroles würde anklagen, und Commander Whitling und sogar Knafti. All dieser Haß, und nur ein Ziel.
    Mich.
    »Natürlich wird Junior dich entlassen. Er muß es tun, Gunner.«
    Ich sagte: »Ich brauche ohnehin Urlaub.« Es spielte keine Rolle. Früher oder später, wenn der Trubel vorbei war, würde Junior eine Möglichkeit finden, mich wieder einzuschleusen. Einmal würden die Prozesse beendet. Einmal würde die Waffenstillstandskommission ihre Arbeit abschließen. Einmal würde ich einen kleinen Fisch auf der Gehaltsliste abgeben, mit einem unwichtigen Posten in einer Filiale der Firma. Mit einer unbedeutenden Zukunft.
    Wir glitten über eine spiralenförmige Rampe zu den Parkplätzen des Flughafens hinab. »Bis dann, Schätzchen«, sagte ich, »und ich wünsche euch beiden ein frohes Weihnachtsfest.«
    »Gunner! Ich wünschte …«
    Aber ich wußte, was sie wirklich wünschte, und ließ sie nicht aussprechen. Ich sagte: »Er ist ein netter Bursche, dieser Whitling. Und du weißt ja. Ich nicht.«
    Ich gab ihr keinen Abschiedskuß.
    Der Jet stand startbereit. Ich schob mein Ticket in den Entwerter; erhielt Grünlicht, betrat die Maschine und belegte einen Fensterplatz auf der abgewandten Seite.
    Man kann jede Sache gewinnen, wenn man den Preis zu zahlen gewillt ist. Es braucht nur ein Menschenopfer.
    Als der Jet zu röhren, zu erbeben und schließlich von der Startbahn abzuheben begann, realisierte ich endgültig die Tatsache, daß der Preis ein für allemal entrichtet war.
    Ich sah Candace auf dem Dach der Verladehalle stehen, der Düsenrückstoß riß an ihren Kleidern. Sie winkte mir nicht zu, aber sie stand dort, solange ich sie zu sehen vermochte.
    Dann würde sie natürlich an ihre Arbeit zurückkehren; und letztlich, am Weihnachtsmorgen, zu dem netten Burschen von der Klinik gehen. Haber würde seine inzwischen bedeutungslose Filiale wieder in Obhut nehmen. Connick würde jetzt gewinnen. Knafti würde seinen unbegreiflichen Geschäften mit der Erde nachgehen. Und falls einer von ihnen einmal an mich denken sollte, dann mit Ekel, Zorn und Verachtung. Aber auf die Art gewinnt man Wahlen. Man muß den Preis zahlen. Es war eben Pech in diesem Spiel, daß ausgerechnet ich der Preis war.

 
Der Unhold
     
    Wie schön sie ist, dachte Dandish, und wie hilflos. An ihrem Nacken baumelte der Identifikationsstreifen aus Plastik, und da sie gerade aus ihrem Flüssigkeitstank kam, trug sie nichts anderes.
    »Bist du wach?« fragte er, aber sie regte sich nicht.
    Dandish fühlte seine Erregung wachsen; sie lag so still, so ohne Schutz. Ein Mann könnte jetzt zu ihr kommen und ihr jedes und alles antun, und sie würde sich nicht wehren. Oder besser gesagt, natürlich nicht reagieren. Ohne sie zu berühren, wußte Dandish, daß ihr Körper warm und trocken war, zu vollem Leben erwacht, und in wenigen Minuten würde sie zu Bewußtsein kommen.
    Dandish verbrachte diese Minuten, ohne das Mädchen noch einmal anzusehen, dessen Name, wie er wußte, Silvie war, das er aber nie zuvor gesehen hatte. Er war der Kapitän und einziges Besatzungsmitglied des namenlosen interstellaren Raumschiffs, das im Kälteschlaf befindliche Kolonisten von der Erde durch das weite, leere, langweilige All zu einem Planeten transportierte, der in den astronomischen Karten keinen Namen, sondern nur eine Nummer

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