Signum - Die verratenen Adler
ja heiter werden«, murmelte Lucius.
Varus hat viel mehr begriffen, als der Princeps meint, dachte Caius.
Der Statthalter machte eine wegwerfende Handbewegung und lächelte versöhnlich. »Es gibt auch Fortschritte«, sagte er. »Ihr habt ja selbst das Feldlager drauÃen gesehen. Zwei Drittel meiner Hilfstruppen bestehen inzwischen aus Germanen. Und es sind die verlässlichsten, die ich habe. Ich hörte, dass es heute Mittag fast eine Massenschlägerei bei ihnen gegeben hätte, die von einem unserer Centurionen geschlichtet wurde. Solche Vorfälle sind bezeichnend für das, was hier im Gange ist.«
Sie nippten erneut an ihren Bechern, dann wandte Varus sich wieder an Caius. »Wie mir zu Ohren kam, war auch Rullianus bei eurer Besprechung in Rom zugegen.« Caius erstarrte innerlich, lieà sich allerdings nichts anmerken. Was kommt denn jetzt, dachte er. »Hat Rullianus sich über die Hilfstruppen geäuÃert?«, fragte Varus nun etwas bestimmter. »Hattest du den Eindruck, dass er Zweifel an ihrer Loyalität hegt?«
Die Frage war von einer überraschenden Direktheit, und Caius fühlte, wie seine Gedanken rasten. »Es gab da so eine Bemerkung«, erwiderte er vage, um Zeit zu gewinnen. »Sie hätten in der Vergangenheit oft genug die Seite gewechselt oder so ähnlich.«
Varus nickte langsam. »Das haben sie in der Tat. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass es in unseren eigenen Reihen Leute gibt, um deren Loyalität es nicht besser bestellt ist.«
Caius und Lucius tauschten einen Blick und nickten sich zu. Caius wartete kurz, ob der Statthalter noch etwas sagen wollte.
Aber Varus schwieg, griff wieder nach seinem Becher und holte tief Luft. Er schien zu überlegen, wie er das Thema wechseln könnte, denn je schwerer die Stille im Raum lastete, desto mehr Bedeutung schienen seine letzten Worte zu bekommen.
Auch Lucius atmete jetzt hörbar ein. »Es gibt da eine Sache, die du wissen musst«, sagte er schlieÃlich und schaute dem Statthalter mit einer Selbstsicherheit in die Augen, die auf überwältigende Weise erwachsen wirkte. Er blickte zu Caius und der nickte erneut. Dann fuhr Lucius fort: »Wir haben auf dem Weg zum Rhein bei einer Raststation in den Alpen eine Entdeckung gemacht. In einem kleinen Wald hinter dem Gasthaus lag ein Toter ohne Kopf. Es war ein Kurier auf dem Weg nach Rom. Ein Bote des Princeps.«
Bei diesen Worten setzte sich der Statthalter mit einem Ruck kerzengerade auf und schwang dabei die FüÃe auf den Boden. Seine Augen verengten sich. Er hockte auf der Kline wie auf einem Stuhl und durchbohrte Lucius mit seinem Blick. »Ja und?«, stieà er leise und ungeduldig hervor.
»Aller Wahrscheinlichkeit nach war Rullianus zu dem Zeitpunkt vor Ort, als der Bote ermordet wurde. Als wir ankamen, fuhr er nämlich gerade ab.«
»Woher wisst ihr, dass es ein Bote des Princeps war?«, wollte Varus wissen. Es klang, als wollte er die Geschichte nicht glauben.
»Caius hat ihn erkannt. Ihm fehlten zwei Finger an einer Hand. AuÃerdem lag neben ihm eine Schatulle, wie sie die Kuriere des Princeps für Briefe benutzen.«
Varus war bei der Kurzbeschreibung des Boten bleich geworden. »Warum hat der Mörder die Schatulle nicht mitgenommen?«, fragte er, und Caius wusste, worauf er hinauswollte. »War sie leer?«
Lucius blickte Caius Rat suchend an, der daraufhin das Wort ergriff. »Wie man es nimmt«, sagte er. »Der Mörder hat jedenfalls nicht gefunden, was er gesucht hat.«
»Aber wir«, fiel Lucius wieder ein. Ein Hauch von Genugtuung lag in seiner Stimme.
Der Ton kam Caius unangebracht vor, und er warf seinem Freund einen ärgerlichen Blick zu, bevor er weitersprach: »Die Schatulle enthielt ein Geheimfach mit einem Brief von dir an den Princeps.« Und als müsste er den Statthalter wegen der Indiskretion im Voraus beschwichtigen, fuhr er fort: »Und als wir den Brief nun einmal in der Hand hatten â¦Â«
»⦠da habt ihr ihn natürlich auch gelesen«, ergänzte Varus und seufzte. Als müsste er seine durch die Offenbarung angeschlagene Autorität wiederherstellen, setzte ersich auf. Sein Blick wurde hart. »Weià sonst noch irgendjemand von dem Brief?«, fragte er knapp.
»Nein«, antwortete Lucius.
»Und wo ist er jetzt?«
»In unserer Unterkunft«, erwiderte Caius.
»Dann holt ihn her.
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