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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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die sie bis Masada zurückverfolgt hatten, schien Israel wahrscheinlicher zu sein. Der Akzent war das letzte Indiz dafür, dass es sich um dieselbe Frau handelte, die Frost in Jesmond überwältigt hatte, wie dem Alten klar wurde.
    „Dann hat Devere Sie geschickt, um den alten Mann in seinem Rollstuhl zu erschießen?“, fragte Sir Charles, als sich ihre Blicke hinter dem Spiegel trafen. Es war durchaus plausibel, dass Devere ihm einen seiner Lakaien auf den Hals hetzte. Es war eine reine Machtdemonstration, die Sir Charles zeigen sollte, dass Devere ihn antasten konnte, egal wie gut seine Verbindungen waren, egal für wen er arbeitete und egal, wen er zu seinen Freunden zählte. Das also war der Grund für das dritte Telefonat gewesen. Er hatte in London angerufen, um diesen kleinen Besuch zu arrangieren. „Ich fühle mich geschmeichelt.“
    „Das sollten Sie auch.“, sagte die Frau, als sie die Tür hinter sich schloss.
    „Vielleicht können wir ins Geschäft kommen?“
    „Ich mache keine Geschäfte.“
    „Jeder macht Geschäfte, meine Liebe. In meinem Metier gibt es das Sprichwort, dass man nie einen Attentäter auf jemanden ansetzen soll, der mehr Geld hat als man selbst. Und ich habe viel Geld, glauben Sie mir. Egal, wie viel Devere Ihnen auch zahlen mag, ich gebe Ihnen das Doppelte davon, wenn ich Sie damit zu ihm zurückschicken kann. Wie klingt das in Ihren Ohren?“
    „Wie ein verzweifelter alter Mann“, sagte sie.
    Sie hatte Recht. Genau so hörte er sich an.
    Andererseits hatte er natürlich auch so klingen
wollen
. Ein Mann in seiner Situation sollte verzweifelt klingen. Verzweifelt oder resigniert, und resigniert hatte er noch lange nicht. Das war nicht seine Art. Er war ein Mann, der Dinge geschehen ließ, deshalb blieb ihm nur die Option, verzweifelt zu klingen. Ein verzweifelter Mann mit viel Geld würde zu feilsachen beginnen, also hatte er genau das getan. Wenn sie so gerissen war, wie sie selbst offenbar glaubte, dann hätte sie in seinen Augen sehen können, wie sich die Zahnräder in seinem Kopf drehten, wie er einen Spielzug verwarf und schnell nach einer Alternative suchte – alles, außer der Kugel im Hinterkopf. Es war Schlachtfeld-Denken: Neubewertung, Neuverteilung, Reaktion. Er streckte die Hand nicht weiter nach dem Telefon aus.
    Von seinem Stuhl aus musste er durch den Spiegel zu ihr aufblicken. Das trug zur Illusion seiner Hilflosigkeit bei. Für sie war er nur ein alter Mann im Rollstuhl. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn er vorher die Schublade hätte öffnen können, doch Schusswaffen waren nicht die einzige Lösung.
    „Wollen Sie Ihr Angebot nicht erhöhen? Das müsste doch der nächste Schritt sein, oder? Wollen Sie nicht betteln, flehen und mir Reichtümer jenseits meiner Vorstellungskraft versprechen?“
    „Nein“, sagte der Alte. „Heute nicht. Heute will ich Sie fragen, wie sehr sie an ihrem Leben hängen.“
    „Was für eine Frage soll das sein?“
    „Egal, für wie gut Sie sich halten – glauben Sie denn wirklich, Sie könnten einfach hier hereinspazieren, mich umbringen und wieder verschwinden, ohne dass es Konsequenzen für Sie hätte?“
    „Und da ist es wieder, das Zwölf-Schritte-Programm der Todesangst. Erst Verleugnung, dann Verhandlung, und jetzt sind wir bei den Drohungen angelangt. Als mein Auftraggeber Sie mir beschrieben hat, habe ich aus irgendeinem Grund gedacht, dass Sie anders wären. Das ist sehr enttäuschend. Bei ihm klang es fast so, als ob Sie ein wahrer Titan wären. Ich sage es Ihnen wirklich nur ungern, aber der zwölfte Schritt ist immer derselbe: Sie werden sterben.“
    „Dann soll ich Ihnen nichts von den Sicherheitsvorkehrungen hier erzählen, oder was passieren wird, sobald mein Herz aufhört zu schlagen? Einer meiner Mitarbeiter, Lethe, ist ein wahres Computer-Genie. Hat Devere das auch erwähnt? Alles in diesem Anwesen wird durch die Elektronik in meinem Stuhl gesteuert, abhängig von meinem Puls. Wenn mein Herz stillsteht, wird ganz Nonesuch abgeschottet. Dann gibt es keinen Ausweg mehr. Mein Team wird zurückkehren und Sie finden. Es gibt aber auch einen positiven Aspekt: Es ist mehr als genug zu Essen im Haus, also werden Sie bis dahin zumindest nicht verhungern.“
    „Wollen Sie mir etwa weismachen, dass ich in der Bat-Höhle gelandet bin und gerade Alfred erschossen habe? Nun, das ist zumindest origineller, als zu behaupten, dass ich von bewaffneten Wächtern umzingelt bin, die nur auf Ihr Signal warten, das muss ich

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