Silber
umschlug. Es sind immer die Treuesten, dachte Abandonato, als er Blickkontakt mit dem Mann aufnahm, dessen silberne Klinge den Heiligen Vater getötet hatte. Das war seit jeher die Methode der Sikarier gewesen.
Nur eine Tür trennte ihn von seiner Erlösung.
Doch diese Tür war nicht nur verschlossen und versiegelt, sie wurde auch noch bewacht vom letzten Assassinen der Sikarier, dem Mörder von Papst Petrus II. Und der Assassine hatte einen letzten Auftrag: Er sollte dafür sorgen, dass das Siegel des Konklaves nicht gebrochen wurde, bis der neue Stellvertreter Christi gewählt war. Bis dahin würden sämtliche Mitglieder des Kardinalskollegiums tot sein – gestorben durch die Hand Abandonatos.
Er wusste, dass er versagt hatte.
Er wusste, dass es zwecklos war.
Und dennoch musste er es versuchen.
„Ich muss mit dem Kardinaldekan sprechen“, sagte er atemlos. Seine Worte kamen ohne Überzeugung, als ob er von vornherein eine Absage erwartete. Er hatte kaum genug Luft in den Lungen, um laut sprechen zu können. Er war ein gebrochener Mann.
„Das Konklave ist versiegelt, Monsignore“, sagte der Assassine. „Es kann nicht unterbrochen werden. Das ist das Gesetz des Konklaves. Egal, welche Nachricht Sie bringen, sie wird warten müssen.“
„Nein“, brachte Abandonato hervor, „sie kann nicht warten. Ich muss sofort mit dem Kardinaldekan sprechen.“ Er ging einen Schritt nach vorn und streckte die Hände nach der Uniform des Wächters aus, um ihn zu schütteln, um ihm begreiflich zu machen, was hier auf dem Spiel stand. Doch der Assassine wusste das natürlich. Immerhin hatte er selbst alles eingefädelt. Er war Salomons linke Hand. Abandonato zögerte, als er gerade „sein loyalster Diener“ denken wollte. Es erschien ihm falsch, das Wort ‚loyal‘ in Zusammenhang mit dem Mörder zu verwenden. Der Priester kannte nicht einmal seinen richtigen Namen; er wusste nur, dass er nicht aus der Schweiz stammte. Seine ganze Identität war eine einzige Lüge, obgleich er eine flüchtige Ähnlichkeit mit dem jungen Mann hatte, dessen Leben er gestohlen hatte. Sobald das Feuer in der Kapelle brannte, war seine Aufgabe hier erfüllt, und er würde den Vatikan verlassen und zu seinem Meister zurückkehren. Abandonato hielt in der Bewegung inne, seine Hände verharrten in der Luft, während der falsche Gardist ihn durchdringend anstarrte. Abandonato konnte den schwarzen Hass sehen, der in seinen Augen schwelte.
„Reißen Sie sich zusammen, Monsignore. Das Konklave wird nicht unterbrochen werden.“
„Sie verstehen das nicht“, sagte er. „Sie müssen die Türen öffnen. Sie müssen mich hineinlassen. Bitte“, flehte Abandonato. Er wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen. Den ganzen Weg hierher war es sein einziger Wunsch gewesen, diese Tür zu erreichen, als ob Gott sie dann weit für ihn aufstoßen würde, so, wie er die Wogen des Roten Meeres für Moses geteilt hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Assassine ihm den Weg versperren würde. Er hatte geglaubt, sich einfach auf das Mitgefühl der Wächter verlassen zu können. Er stand so kurz vor dem Ziel, das er es kaum ertragen konnte. Er streckte die Hand nach den Ketten an der Tür aus, doch zwei der Gardisten schlossen sofort zu ihm auf, sie packten seine Arme und zogen ihn zurück. Dabei gingen sie nicht besonders sanft mit ihm um. „Hier ist ein Verräter.“ Er brachte die Worte kaum über die Lippen. „Das Konklave ist unterlaufen worden …“
„Das ist völlig ausgeschlossen“, sagte der Assassine mit vernünftig klingender Stimme. Der Blick seiner schwarzen Augen brannte sich in die von Abandonato. „Wir sind auf diesem Posten, seit die Türen versiegelt worden sind. Niemand ist hineingegangen, niemand ist herausgekommen. So lautet das Gesetz des Konklaves. Sie müssen sich irren, hier gibt es keinen Verräter. Wenn Sie weiterhin versuchen, sich gewaltsam Zutritt zur Kapelle zur verschaffen, dann müssten wir in Ihnen einen Verräter vermuten, und dann müssten wir sie festnehmen. Glauben Sie nicht, dass mir das Vergnügen bereitet, Monsignore, aber Gesetz ist nun einmal Gesetz.“
Abandonato spürte, wie der letzte Rest Kraft seinen Körper verließ. „Seien Sie barmherzig“, bat er. Doch es gab weder Barmherzigkeit noch Erlösung für ihn. Seine Sünden hatten ihn eingeholt.
Der Assassine trat ein Stück auf Abandonato zu, er brachte seine Lippen bis auf wenige Zentimeter an sein Ohr heran, bevor er sagte: „Kehren
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