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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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gefürchtet.“
    „Also wollten sie, dass Jesus getötet wird?“
    „Richtig. Sie wollten ihm alles nehmen, was ihn zu etwas Besonderem machte, weil sie dachten, dass er dann so feige sein würde wie sie selbst. Sie haben den Sinn seines Opfers nicht begriffen, es überstieg ihr Fassungsvermögen. Um ihm Leid zuzufügen, fügten sie den Menschen um ihn herum Leid zu. Nachdem er die Geldverleiher angegriffen hatte, ließen die Pharisäer ihre Wut an den Menschen aus, die der Botschaft von dem neuen, freundlichen Gott folgten, und sie taten ihnen weh.
    Also hat Jesus sich hier, in diesem Garten, an deinen Großvater gewandt und ihn gebeten, ihm dabei zu helfen, dem Leiden ein Ende zu bereiten. Auch wenn es bedeutete, dass er selbst dafür sterben musste. Judas wollte seinen Freund nicht verraten. Welcher Mann hätte das schon tun wollen? Aber welche Wahl hatte er? Die Menschen, die er liebte, waren in Not. Die Pharisäer verfolgten sie in Jesu Namen und verkündeten, dass das Leid erst aufhören würde, wenn er zum Schweigen gebracht wäre. Sie verbreiteten Lügen und Hass. Sie benutzten beides, um die Wahrheit so zu verdrehen, dass die Menschen wieder in den Tempeln Schutz suchten. Ihr größtes Werkzeug war dabei, wie immer, die Angst.
    Deshalb hatten die beiden Freunde einen Plan ersonnen, der die Tyrannei der Tempel ein für allemal beenden sollte. Und sie taten das hier, in diesem Garten, an demselben Ort, an dem mein Vater seinen Freund den Soldaten ausgeliefert hat, an demselben Ort, wo die Steine der Jünger sein Leben beendet haben. Hier, in diesem Garten.“
    Der Junge blickte sich mit großen Augen um, als ob er den Garten zu ersten Mal bewusst wahrnehmen würde. Wo Bäume und Büsche gewesen waren, sah er nun auch die Geister. Ja’ir erinnerte sich an dieses Gefühl. Er erinnerte sich daran, wie er geglaubt hatte, zu sehen, dass sein Vater ihm lächelnd zunickte, als seine Mutter ihm die Münzen gegeben hatte. Manchmal bekam man von seinem eigenen Geist die Dinge vorgespiegelt, die man am meisten vermisste. Er fragte sich, was der Junge wohl sah.
    „Dieses Versprechen hat meinen Vater vernichtet. Es hat den Mann getötet, der er einst gewesen war. Es hat seine Güte und seinen Humor und alles andere ausgelöscht, was meine Mutter an ihm geliebt hat. Den Rest seines Lebens war er nur noch eine leere Hülle, ein gebrochener Mann. Er wusste, dass sie auf ihn warteten, um ihn zu töten. Sie hat ihn angefleht, zu fliehen, aber er hat es nicht getan. Er wollte sterben.“
    Der Junge legte seine Stirn in Falten.
    „Was hast du, mein Sohn?“
    „Warum hat Jesus sich nicht einfach gestellt? Warum musste Großvater ihn ausliefern?“, fragte Menachem ernst.
    Diese Frage quälte Ja’ir schon den Großteil seines Lebens als Erwachsener. Er hatte mit ansehen müssen, wie so genannte heilige Männer seine Mutter bespuckten, sie verfluchten und eine Hure nannten. Das hatte ihn tief getroffen. Die Pharisäer hatten versucht, sie zu verleumden. Er hatte seine Mutter gefragt, warum Judas für diesen anderen Mann mit seiner neuen Religion hatte sterben müssen. Sie kannte beide Männer besser als irgendjemand sonst, also musste sie die Antwort auf diese Frage kennen. Und sie hatte ihm eine Antwort gegeben, die einzige Antwort, die Sinn ergab: „Weil Jesus an sich selbst zweifelte. Er zweifelte an seiner eigenen Stärke. Er brauchte jemanden an seiner Seite, um sicherzustellen, dass er es durchstehen würde. Er hat sich nicht einfach nur aufgegeben, er hat sich selbst geopfert. Und er hat das Gefühl gebraucht, dass er damit nicht allein war. Das ist das Opfer, das dein Großvater gebracht hat. Er hat sein Leben gegeben, damit sein Freund die Tyrannei der Pharisäer beenden konnte.“ Und dafür hatte sie zugelassen, dass sie angespuckt und als Hure beschimpft wurde.
    „Großvater muss sehr tapfer gewesen sein“, sagte der Junge.
    Ja’ir nickte langsam, er war wieder in Erinnerungen versunken, die nicht seine eigenen waren. „Selbst seine Freunde haben sich gegen ihn gewandt, weil er ihnen nicht die Wahrheit sagen konnte. Wie all die anderen haben sie geglaubt, dass er Jesus verraten hatte. Sie haben es nicht verstanden. Es gab so Vieles, das sie nicht verstanden haben. Sie haben geglaubt, er hätte aus Eifersucht und Habgier gehandelt. Sie haben geglaubt, dass es ihm nur um diese verdammten Münzen gegangen wäre. Aber so ist es nicht gewesen. Du weißt das jetzt. Er hat alles verloren, weil er der Stärkste und

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