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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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Vielleicht gab es gar keine Wachablösung. Vielleicht waren er und seine toten Freunde die einzigen Beteiligten. Er roch mindestens so schlimm wie die Geiseln, die sie in diesem kleinen Raum eine ganze Woche lang zusammengepfercht hatten.
    „Zurück! Bleib zurück!“ Seine Stimme überschlug sich bei der letzten Silbe.
    Frost ignorierte ihn und trat einen weiteren Schritt auf ihn zu. Dreieinhalb Meter.
    „Ich meine es ernst! Geh zurück!“
    Frost machte noch einen Schritt. Er tat nicht so, als ob er dem Mann Frieden anbieten wollte.
    „Ich werde sie töten! Ich werde sie alle töten!“
    „Dann werde ich dich töten“, stellte Frost nüchtern fest.
    Sieben Schritte.
    „Tatsächlich werde ich dich so oder so töten, egal, was du tust. Und das weißt du auch, nicht wahr?“
    Sechs Schritte.
    „Ich werde dich dafür töten, was du ihrem Sohn angetan hast“, sagte er mit einem Nicken in Annies Richtung. „Ich werde dich für das töten, was ihr ihren Vätern und Ehemännern angetan habt. Ich werde dich töten, weil du den Tod verdient hast. Los, mach es mir leicht“, drängte Frost. „Nur zu. Drück den Abzug.“
    Frost hob die Browning. Die Mündung befand sich weniger als zwei Meter vor dem Gesicht des Mannes. Der Wahnsinn eines Fanatikers flackerte in seinen Augen.
    „Von hier aus werde ich nicht daneben schießen. Und egal, wie schnell du mit diesem Ding bist“, – Frost richtete den Blick kurz auf die MP5 – „ich kann dir versprechen, dass ich hiermit schneller bin.“
    Er rechnete damit, dass der Mann um sein Leben betteln würde.
    Er war enttäuscht, als er es nicht tat. Der Entführer starrte ihn angriffslustig an.
    „Sag mir, wer hier die Befehle gibt“, sagte Frost.
    „Scher dich zum Teufel!“, schnappte der Mann. Er schüttelte den Kopf. Er stand unter Strom. Jeder Muskel unter seiner schmutzigen Haut zitterte.
    „Du bist nicht der Boss hier“, sagte Frost. Es lagen nur noch drei Schritte zwischen ihnen. Er konnte den Mundgeruch des Mannes wahrnehmen und sah jede Pore, aus der der Schweiß strömte. „Du bist nur ein Handlanger. Du hast das hier nicht geplant. Wer gibt dir deine Anweisungen? Wer ist dein Boss?“
    „Du glaubst, das sage ich dir einfach?“ Der Mann grinste spöttisch. „Bist du wirklich so blöd?“ Er schüttelte den Kopf.
    Ohne den Augenkontakt abzubrechen, ließ Ronan Frost seine linke Hand nach vorn schnellen, krallte sich damit in den fettigen Haaren des Mannes fest und zog sie mit einem scharfen Ruck nach unten. Die Bewegung brachte den Mann aus dem Gleichgewicht. Frost presste ihm die Mündung seiner Waffe auf die Stirn. „Letzte Chance. Rede.“
    „Ich werde meine Leute
niemals
verraten.“
    „Mehr wollte ich nicht wissen“, sagte Frost, und drückte den Abzug.
    Der Kopf des Mannes wurde zurückgerissen, sein Körper erschlaffte. Frosts Griff in seinen Haaren hielt ihn davon ab, zu Boden zu fallen. Ein Ring aus verbranntem Pulver umgab das Einschussloch. Es gab überraschend wenig Blut und nur eine kleine Verletzung auf der Stirn. Vom Hinterkopf konnte man das natürlich nicht behaupten. Die Austrittswunde war eine einzige Masse aus Knochensplittern, Hirngewebe und Blut. Frost stieß die Leiche zur Seite und steckte die Browning ins Holster.
    Die Frauen und Kinder hinter Annie starrten ihn an wie einen Racheengel – sie wussten, dass er ihnen helfen wollte, aber er machte ihnen auch Angst. Er lächelte einem der größeren Mädchen zu. Sie schluchzte, ein langer Atemzug, der in ihrer Kehle steckenblieb, und fing dann an zu weinen, als eine Welle der Erleichterung durch ihren Körper spülte. Sie zitterte am ganzen Leib. Eine der Frauen ging zu ihr hinüber und nahm sie wortlos in den Arm. Das Gefühl der Erleichterung, das sich im Raum ausbreitete, war fast greifbar.
    „Okay, Leute, es ist Zeit, nach Hause zu gehen“, sagte er, und streckte die Hand aus. Annie ergriff sie. Sie sah ihn an, mit einer wilden Mischung aus Trauer, Dankbarkeit und Entsetzen. Ihre beiden Töchter hielten wieder ihre Beine umklammert. Frost beugte sich nach unten, hob eine von ihnen hoch und legte sie in seinen linken Arm. Sie schlang beide Arme um seinen Hals. „Wie heißt du, Kleine?“, fragte er das Mädchen.
    Sie zog sich eng an ihn, legte die Lippen dicht an sein Ohr und flüsterte: „Vicky.“
    „Schön, dich kennenzulernen, Vicky. In ein paar Minuten werde ich dich bitten, die Augen zuzumachen. Das machst du für mich, oder?“ Das Mädchen nickte. Frost lächelte

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