Silberband 006 - Der Robotregent
schmale Tür öffnete. Grelles Licht drang in die
kleine Kabine. Tiffs Augen gewöhnten sich schnell an den Helligkeitsunterschied. Er blickte in
die entschlossenen Gesichter von mindestens einem Dutzend Aras, die sie erwarteten.
»Worauf warten Sie?« fragte einer von ihnen barsch.
Tiff nickte Sengu zu und verließ den Lift. Die Aras wichen ein wenig zurück, als befürchteten
sie eine ansteckende Krankheit. An die Möglichkeit, die Gefangenen könnten entfliehen, dachten
sie nicht. Hier unten, mehr als zehn Kilometer unter der Oberfläche, gab es diese Gefahr kaum
noch.
Die Wände der großen Halle unterschieden sich nicht von jenen oben dicht unter der Oberfläche.
Die gleiche Sauberkeit, die gleiche Helligkeit.
»Folgen Sie uns«, wurden die beiden Terraner aufgefordert. Die Aras gingen voraus. Sie
schienen nicht daran zu zweifeln, daß Tiff und Sengu folgten.
Tiff schickte Gucky eifrig Informationen und beschrieb ihre Lage. Seiner Schätzung nach mußten
sie sich in zehn Kilometer Tiefe direkt unter dem Flugfeldrand befinden, dem Verwaltungsgebäude
mit den Flaggen etwa genau gegenüber.
Sie durchschritten einen Korridor und gelangten in einen weiten Saal, in dem weiß gekleidete
Ara-Wissenschaftler an Tischen und unbekannten Geräten arbeiteten. Das mußte eins der
Laboratorien sein, von denen Themos gesprochen hatte – und die man auf Aralon vermutet
hatte. In großen Gefäßen erkannte Tiff unbewegliche Lebewesen, die in einer konservierenden
Flüssigkeit schwammen. Die Schilder an den Gefäßen bewiesen, daß es sich um Spezies handelte, die
außerhalb des Imperiums beheimatet waren.
Terraner in Spiritus! dachte Tiff entsetzt und sah sich bereits in einem Glasbehälter
schwimmen, um für die kommenden Generationen der Ara-Wissenschaftler aufgehoben zu werden. Erneut
ging sein Hilferuf an Gucky: Beeilt euch, um Gottes willen! Sie haben etwas Schreckliches mit
uns vor!
Tiff und Sengu bemerkten nicht, daß sich hinter ihnen die Türen stets völlig geräuschlos
schlossen. Sie saßen in einer vollkommenen Falle. Nur der Weg nach vorn blieb frei, aber er war
alles andere als verlockend.
Die Aras waren stehengeblieben. Einer von ihnen öffnete eine Tür seitlich und gab sie
frei.
»Ihr Zimmer, Terraner. Sie erhalten gleich etwas zu essen. Die Umgebung darf Sie nicht stören,
es wird Ihnen nichts geschehen – wenigstens vorerst nicht.«
Tiff ging schweigend an ihm vorbei und trat ein, als er sah, daß es sich in der Tat nur um ein
Zimmer und kein Labor handelte. Zwei Betten, sanitäre Anlagen und ein Tisch mit vier Stühlen
machten den Raum sogar ein wenig wohnlich, wenn man die Nähe der Labors vergaß.
Sengu folgte ihm. Die Tür schloß sich mit einem dumpfen Laut.
Es war Tiff, als sei damit die letzte Möglichkeit eines Rückzugs abgeschnitten.
Er setzte sich seufzend auf eins der Betten und sah Sengu an. »Zehntausend Meter unter der
Oberfläche. Kannst du mir verraten, wie wir hier wieder herauskommen sollen?«
Sengu sah auf den Boden. Er schüttelte den Kopf. Bei seiner Antwort benutzte er ebenfalls das
kameradschaftliche Du. »Nein, natürlich nicht. Aber es wird dich sicher interessieren, zu
erfahren, daß unter uns ein anderes Labor liegt. Es sieht eigentlich mehr wie eine
Verpackungsanstalt aus. Daneben ein Lager mit Tausenden von Kisten und Behältern. Ob dort die
Medikamente verpackt und gestapelt werden?«
»Wie tief liegt es unter uns?«
»Nicht mehr als zehn Meter.« Der Blick des Japaners glitt seitlich zur Wand und ging dann hoch
zur Decke, als verfolge er eine nach oben kriechende Fliege. »Ich sehe Thora. Sie wird im Aufzug
nach oben gebracht.«
Tiff unterdrückte das unheimliche Gefühl, das ihn unwillkürlich überkam, wenn der Japaner so
einfach durch die festen Wände sah.
»Was hatte sie hier unten zu tun?« fragte Sengu.
»Vielleicht«, vermutete Tiff, »zeigte man ihr die Vorräte des heilenden Serums, denn man weiß,
daß Rhodan daran interessiert ist. Sie wird als Lockvogel eingesetzt – oder man wird Rhodan
mit ihr erpressen wollen. Verdammt, ich fürchte, wir haben wieder einmal zu human gedacht. Diese
Aras sind keine Mediziner, wie wir sie von Terra her kennen, sie sind Teufel.«
Sengu sah immer noch gegen die Decke. »Bully sagte einmal: Wir werden auch mit dem Teufel
fertig. Ich glaube ihm aufs Wort, Tiff. Keine zehn Meter unter uns lagert der Stoff, den wir
brauchen. Sehen kann ich ihn, aber das hilft uns auch nicht
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