Silberband 014 - Rhodans Sohn
gelangweilt, hatten plötzlich einen anderen Ausdruck
angenommen. Die Augen glänzten, und der Mund stand vor Erwartung weit offen. Die Männer hatten
die Arme vorwärtsgestreckt, als wollten sie etwas greifen, bevor es ihnen entrann.
Außerdem war er es, nach dem sie die Hände ausstreckten, und auf ihn kamen sie zu, als wollten
sie ein flüchtiges Wild einfangen, das einen wohlschmeckenden Braten verhieß.
Kalal fühlte sich äußerst unbehaglich. Mit den besonderen Geistesgaben, über die er verfügte,
versuchte er, in die Gedanken der Männer einzudringen und zu erfahren, warum sie sich auf einmal
so närrisch benahmen. Aber das gelang ihm nicht, sei es, weil er zu verwirrt war, um sich zu
konzentrieren, sei es, daß etwas anderes im Spiel war.
Auf jeden Fall empfand er die Situation als gefährlich, als auch die Springer am Fuß der
Lauftreppe sich in Bewegung setzten und hinter den Mechanikern her mit dem gleichen verzückten
Gesicht auf ihn zugeeilt kamen. Völlig ratlos, ohne auch nur die geringste Vorstellung davon, was
da geschah, drehte er sich um und rannte auf den Automatwagen zu. Seine Kleidung, bunt und
beinahe pomphaft, war für so rasche Bewegungen schlecht geschaffen. Kalal taumelte und wäre um
ein Haar gestürzt. Aber in diesem Augenblick hörte er dicht hinter sich das gierige Schnaufen der
Männer, die ihn verfolgten, und das riß ihn wieder in die Höhe.
Mit einem letzten, mächtigen Satz rettete er sich durch das offenstehende Luk des Wagens. Das
Luk schloß sich, als er den Schaltknopf auf der Armleiste neben seinem Sitz berührte. Entsetzt
sah Kalal, wie die Männer, blind vor Eifer, gegen den Aufbau des Fahrzeugs prallten,
zurücktaumelten und gleich darauf wieder sich die Gesichter an den Fenstern plattdrückten.
»Zum Tempel der Wahrheit!« schrie er auf arkonidisch, von Angst gepeitscht.
Der Autopilot, ein kleiner Kasten voll positronischer Pseudoweisheit, mit einem Mikrophon, das
aus dem kleinen Armaturenbrett ein Stück weit ins Innere des Wagens hineinragte, verstand die
Anweisung. Etwas begann zu summen. Mit einem Seufzer der Erleichterung sah Kalal den flachen,
glatten Boden des Landefelds nach unten zurückweichen und die Menge der verzückten, gierigen
Männer unter sich zurückbleiben.
Er war dem Alptraum entkommen, sozusagen im letzten Augenblick. Er hätte Grund gehabt, sich
jetzt erleichtert und erlöst zu fühlen. Aber das Gefühl hielt nicht lange an. Dann kehrte die
Sorge wieder.
Was war geschehen?
23.
Ron Landrys erster Gedanke nach der Landung auf Utik und der Begrüßung durch
Sergeant Hannigan war: Der Alte hätte mich wirklich woanders hinschicken können.
Vor einigen Tagen war eine Meldung von Mitchel ›Meech‹ Hannigan, einem neuen Spezialroboter
der Abteilung 3, auf Terra empfangen worden. In ihr war von ungewöhnlichen Vorgängen auf Utik die
Rede. Hannigan, dessen biopositronisches Gehirn in der Lage war, parapsychologische Impulse zu
registrieren, gehörte zu den Agenten, die auf Planeten mit Anti-Tempeln im Einsatz waren. Aufgabe
dieser Agenten war es, Aktivitäten der Baalol-Priester zu überwachen und ungewöhnliche
Vorkommnisse ans Hauptquartier der ISE zu melden. Hannigan hatte berichtet, daß die Bewohner
Massennocks, der Hauptstadt von Utik, einen Kult um eine violette Blume mit grellgelbem
Blütenkern entwickelten. Die Bürger von Utik schienen wie verrückt nach dieser Wunderblume zu
sein.
Deshalb hatte Quinto einige seiner besten Männer losgeschickt.
Ron Landry konnte seinem neuen Auftrag keine Begeisterung abgewinnen. Oberst Quinto und seine
Hypnoschulungsgeräte hatten ihn, Ron Landry, auf das vorbereitet, was ihn auf Utik erwartete. Es
wäre ihm lieber gewesen, man hätte ihn irgendwohin geschickt, wo es etwas Handfestes zu tun gab,
als nach Utik, wo offenbar Besitzer unangreifbarer Psi-Fähigkeiten einander ein Stelldichein
gaben. Zudem war Rons Aufgabe nicht klar umrissen. Er sollte zunächst Informationen sammeln. Das
war undeutlich genug und ließ ihm viele Wege offen – viele Wege, sich in etwas
hineinzumanövrieren, woraus er sich nachher aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte.
Es war ihm nur ein geringer Trost, daß Captain Larry Randall und der neue Agent Lofty
Patterson inzwischen ebenfalls auf Utik gelandet waren und daß er von ihrer Seite aus
Unterstützung haben würde. Er mochte seinen neuen Auftrag einfach nicht leiden, und dabei blieb
es.
Sergeant Hannigan kannte die
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