Silberband 014 - Rhodans Sohn
sollen –, als die Polizisten ihn packten und in ihren Wagen schleppten.
Sekunden später stieg das Fahrzeug wieder auf und verschwand im dichten Verkehr über den Dächern
der Stadt.
Knapp eine Stunde später luden die Polizisten den Mann in der Einöde der Wüste ab.
Der Kranke wurde nicht so recht gewahr, was mit ihm geschah. Irgend jemand, den er nicht sehen
konnte, nahm ihn auf und trug ihn in rasendem Flug auf eine Ansammlung von Gebäuden zu. Ohne daß
sich eine Tür geöffnet hätte, befand er sich plötzlich im Innern eines der kleinen Bauwerke. Es
war finster. Er lag eine Weile ruhig, damit seine Augen sich an das kleine bißchen Helligkeit,
das durch ein faustgroßes Loch in der Decke hereinfiel, gewöhnen konnte. Dann sah er sich um und
erkannte, daß außer ihm noch viele Menschen in der gleichen Verfassung wie er auf dem Boden der
Steinhütte lagen. Sie rührten sich nicht und zeigten keinerlei Interesse an ihm.
Offenbar erwarteten sie, daß er sich ebenso verhielt.
Das tat er jedoch nicht. Er stand auf und ging von einem der ruhig Daliegenden zum anderen.
Zum ersten Mal erkannte er eine Reaktion an ihren Blicken. Sie verfolgten seine Bewegungen mit
großen Augen, und es schien ihnen ein unglaublicher Anblick zu sein, daß jemand, der genauso
krank aussah wie sie, sich kurz nach seiner Einlieferung erhob und munter im Innern der Hütte
umherging.
Mit kraftlosen Bewegungen schoben sich zwei bis zur Rückwand und versuchten, sich daran
aufzurichten. Das gelang ihnen nach einer Reihe von Versuchen. Sie husteten und keuchten. Aber
sie saßen aufrecht und konnten den Mann, der vor ihnen stand, genau sehen.
Er nickte ihnen zu, befriedigt, wie ihnen schien. Mit einer Stimme, die ziemlich energisch
klang, sagte er: »Ihr seid alle noch genügend bei Kräften, um neugierig zu sein. Das ist gut,
denn in wenigen Tagen werden wir Männer brauchen, die sich bewegen können. Seid ihr alle
Terraner?«
Die beiden an der Wand nickten. Auch die, die auf dem Boden lagen, machten schwache Zeichen
der Zustimmung.
Der Mann vor ihnen winkte ab.
»Nicht sprechen, wenn es nicht unbedingt nötig ist!« rief er. »Spart eure Kraft!« Dann stellte
er sich vor.
»Ich komme direkt von der Erde, um euch zu helfen«, erklärte er. »Ich bin Major einer
terranischen Abwehrorganisation. Mein Name ist Ron Landry.«
So weit war der Plan also geglückt, registrierte Ron Landry. Sie hatten ihm noch
auf der Erde eine Droge injiziert, die die eigenartige Veränderung seines Aussehens hervorrief,
ohne ihm sonst weiter zu schaden. Er war zusammen mit fünf Begleitern von der FLORIDA unauffällig
auf Lepso abgesetzt worden und hatte sich sofort zu einem Gebäude begeben, in dem, wie er wußte,
die Springer ein Büro besaßen. Er hatte sich lange genug dort aufgehalten, um von den Springern
gesehen zu werden – und der Erfolg war offensichtlich. Die Springer hatten die Polizei
gerufen, und er wurde aufgegriffen.
Jetzt war er hier – mit vier Kranken zusammen, die bis vor kurzem noch so teilnahmslos
gewesen waren, daß sie untereinander nicht einmal ihre Namen kannten. Ron Landrys Erscheinen
hatte ihre Neugier geweckt und den letzten Rest ihrer körperlichen und geistigen Energie
aktiviert. Aber es war die Frage, ob das bißchen, was sie noch besaßen, ausreichen würde, um sie
zu retten.
Von den vieren war nicht allzuviel zu erfahren. Ron fand heraus, daß man vier- bis fünfmal
Liquitiv genossen haben mußte, um wirklich süchtig zu werden. Diese Frage hatte ihn seit langem
interessiert, denn er selbst war schließlich einmal dazu gezwungen worden, Liquitiv zu sich zu
nehmen, und er wollte wissen, wie dicht am Rand des Abgrunds er vorbeigegangen war. Ron erfuhr
außerdem, daß es in der Tempelstadt zwar in der Hauptsache humanoide Opfer der Liquitivsucht gab,
aber auch einige hundert nichtmenschliche. Damit schien bewiesen, daß das gefährliche Getränk auf
intelligente Wesen ohne Rücksicht auf Herkunft wirkte. Das machte es noch gefährlicher, als es
ohnehin schon war. Ron erkannte, daß er mit Hilfe des Liquitiv-Likörs den Antis, mit Springern
und Aras verbündet, unter Umständen gelingen könnte, die intelligenten Völker der ganzen Galaxis
süchtig und damit sich Untertan zu machen. Denn es schien niemanden zu geben, der ihrem
teuflischen Gebräu Widerstand zu leisten vermochte.
Die Kranken wußten selbst nicht, warum man sie in die Tempelstadt transportiert hatte. Ab und
zu
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