Silberband 015 - Mechanica
sich des Admirals zu bemächtigen.
Thekus bewegte sich zielsicher durch die Menge und bog schließlich in eine Seitenstraße ab, in
der der Verkehr schwächer war. Die Straße wand sich in eigenartigen Krümmungen. Die Gebäude zu
beiden Seiten glichen mächtigen Eiern, die auf der Spitze standen. Gewöhnlich war die untere
Hälfte eines Eies ein einziges großes Fenster, aus dem es glühendrot leuchtete. Trat man näher
hinzu, dann sah man, daß sich hinter dem Fenster nicht Luft befand, sondern eine Flüssigkeit. Es
war die Flüssigkeit, die leuchtete. Von Zeit zu Zeit tauchten groteske Wesen auf, die sich in dem
leuchtenden Element träge bewegten, eine Zeitlang hinter der Scheibe verharrten und dann wieder
im Hintergrund verschwanden.
Dies war die Straße der Laurelianer. Hier bezogen die Arkoniden die beliebtesten Arten von
Haustieren, Geschöpfe von Laurel, die mit eigenartigen, unterhaltsamen Fähigkeiten ebenso begabt
waren, wie sie von grotesker Gestalt waren.
Thekus blieb stehen.
»Meine Nichte liebt laurelianische Tiere«, erklärte er Ron. »Ich glaube, ich werde ihr einen
Mokoki schenken.«
Ron lächelte. Der Entschluß war eines arkonidischen Admirals würdig. Ein Mokoki kostete
soviel, wie ein Major der terranischen Raumflotte nicht einmal in zwei Jahren verdiente. Ein
Mokoki war das exklusivste Geschöpf, daß man sich als Haustier vorstellen konnte. Und tatsächlich
wurde es unter Arkoniden als Bestätigung der hohen sozialen Stellung empfunden, wenn jemand einen
Mokoki besaß.
Das Ei hatte seinen Eingang auf der Seite. Die Tür öffnete sich automatisch, wenn sich ihr
jemand bis auf weniger als einen Meter näherte. Hinter der Tür lag ein schwach erleuchteter Gang,
aus dem merkwürdig dumpfer Kellergeruch strömte. Die Flüssigkeit, in der sich die Laurel-Wesen
bewegten, enthielt Schwefeldioxyd, Chlor und Zyankomplexe in gelöstem Zustand. Der Gang
erweiterte sich nach ein paar Schritten und endete in einer Art Kuppel. Die Kuppel war nach allen
Seiten hin verglast. Hinter dem Glas strömte die rotleuchtende Flüssigkeit, und alle möglichen
Sorten von Getier bewegten sich darin. Es gab in der Kuppel kein anderes Licht als das glühende
Rot, das die Flüssigkeit ausstrahlte.
Thekus und Ron brauchten nicht lange zu warten. Aus dem roten Hintergrund löste sich eine
dunkle, unförmige Gestalt und kam auf die Glaswand zugeschwommen. Vier Fangarme schossen aus dem
scheinbar konturlosen Körper, trafen das Glas und verbreiterten sich zu Saugnäpfen. Ein fünfter
Tentakel schob sich in die Höhe und reichte bis zum Zenit der Kuppel. Eine mechanische Stimme
sprach aus einem unsichtbaren Lautsprecher.
»Es ist mir eine ganz besondere Ehre«, sagte die Stimme auf arkonidisch, »Seine Exzellenz, den
Herrn Admiral, hier zu sehen. Womit kann ich dienen, meine Herren?«
Fasziniert starrte Ron das Wesen hinter der Glaswand an. Das war der Besitzer des Ladens,
selbst Laurelianer. Er war mit einem flüssigkeitsgefüllten Raumschiff von seiner Heimat gekommen,
um hier auf Arkon mit den Tieren, die er von Laurel gebracht hatte, gewinnbringenden Handel zu
treiben. Er war der älteste unter den Laurelianern auf Arkon. Sein Beispiel hatte Schule gemacht.
Andere Leute von Laurel waren gekommen. Und jetzt besaßen sie eine ganze Straße in den Östlichen
Verkaufsläden.
»Ich wünsche einen Mokoki zu kaufen«, antwortete Thekus.
Der Lautsprecher gab einen schlürfenden Ton von sich.
»Vorzüglich, Exzellenz. Sie wissen, bei mir findet man immer die schönsten und klügsten
Mokokis. Ich werde Ihnen ein paar davon zeigen. Natürlich nur die allerbesten.«
Der Händler verließ seinen Platz nicht. Anscheinend hatte er seine eigene Methode, seine Tiere
herbeizulocken. Plötzlich tauchten zehn oder zwölf kinderkopfgroße, kreisrunde Wesen auf,
schossen rasch herbei und hefteten sich mit kleinen, zierlichen Fangarmen an die Glaswand.
Ron beobachtete sie voller Interesse. Die kleinen Körper waren in fortwährender Bewegung. Sie
schienen aus weichem, muskellosem Fleisch zu bestehen. Die Oberfläche war gelblich weiß, heller
als die Haut des Laurel-Händlers. Man konnte keine besonderen Züge an einem Mokoki feststellen.
Ein kleines Horn bildete sich in der Mitte des Kugelkörpers. Das mochte ein Auge sein, oder auch
ein Ohr. Aber nur solange, bis das Horn wieder verschwand. Dann wurde seine Funktion von einer
anderen Stelle des Körpers übernommen.
Es dauerte nicht lange,
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