Silberband 015 - Mechanica
schneidenden Schmerz des Treffers zu spüren. Aber
nichts traf ihn. Statt dessen leuchtete am anderen Ende des Raumes etwas auf. Für eine halbe
Sekunde erkannte Ron die Umrisse des Roboters, der Thekus' Rolle spielte. Er sah, wie seine
kostbare Kleidung aufflammte und das Metallplastik zerschmolz, das das Gerüst seines Körpers
bildete.
Fürchterliche Wut packte Ron. Er riß die eigene Waffe heraus und richtete sie dorthin, wo er
das grelle Licht hatte aufblitzen sehen, bevor Thekus getroffen wurde.
Er kam nicht zum Schießen. Eine scharfe Stimme fuhr ihn an: »Nicht, Sir! Stecken Sie Ihre
Waffe wieder ein!«
Ron erstarrte mitten in der Bewegung. Das war Meech Hannigans Stimme gewesen. Meech stand
irgendwo in der Finsternis. Aber warum …
Weiter drüben war Thekus nur noch ein glühendes, rauchendes Häufchen geschmolzener
Metallplastikteile. Hitze und Gestank erfüllten den Raum. Warum hatte Meech zugelassen, daß
Thekus vernichtet wurde?
Das Licht flammte auf. Weit im Hintergrund des Raumes stand Nike Quinto, den schweren Strahler
noch in der Hand. Hinter Ron, in der Nähe der Tür, wartete Meech Hannigan.
Ron sah von einem zum andern und ließ den Arm mit der Waffe endgültig sinken.
»Jetzt – jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, stammelte er.
Nike Quinto trat auf ihn zu.
»Das ist doch ganz einfach«, erklärte er mit seiner hohen Stimme. »Der Gegner hat unseren
Trick zurückgespielt.«
Ron verstand immer noch nicht. Nike Quinto schien es ihm anzusehen.
»Wir hielten die Geräte nicht unter Beobachtung«, erläuterte er, »während Sie mit Thekus
unterwegs waren. Warum sollten wir auch? Sie hatten den Admiral ja dauernd vor Augen. Aber als
Ihr Anruf über den merkwürdigen Zwischenfall in den Östlichen Verkaufsläden ankam, wurden wir
mißtrauisch. Wir versuchten, uns mit Thekus in Verbindung zu setzen. Das gelang uns auch. Thekus
befand sich bereits an Bord eines Raumschiffs – auf dem Weg nach Arkon II.«
Ron warf einen verständnislosen Blick auf die rauchenden Trümmer am Boden. »Und – das
hier?« fragte er stockend.
»Ist ein zweiter Roboter, den der Gegner Ihnen an Stelle des Admirals untergeschoben hat.«
Ein paar Sekunden lang beobachtete Nike Quinto Rons Reaktion. Dann fing er an, schallend zu
lachen.
Er lachte noch, als sie Thekus' Haus schon längst verlassen hatten und zu ihrem eigenen
zurückgekehrt waren. Ron fand die Situation zunächst keineswegs so amüsant. Die Rolle, die er
gespielt hatte, kam ihm ziemlich armselig vor. Aber mit der Zeit begann er zu verstehen, was Nike
Quinto so lustig fand.
Sie hatten dem unbekannten Gegner an Stelle von Admiral Thekus einen Roboter untergeschoben.
Der Gegner seinerseits hatte den Robot-Admiral entführt und seinen Bewachern wieder einen Robot
zugespielt.
Der Austausch war in den Östlichen Verkaufsläden vor sich gegangen. Ron erinnerte sich, daß er
ein paar Sekunden lang bewußtlos geworden war. Die Zeit hatte den Angreifern genügt, um den
richtigen Thekus-Robot zu ergreifen und den falschen an seiner Stelle zurückzulassen.
Soweit war alles klar.
Die Frage hieß jetzt: Weiß der Gegner, daß er einen Robot entführt hat?
In diesem Fall, entschied Ron, war die Aktion fehlgeschlagen. Der Gegner würde wissen, daß der
richtige Admiral Thekus tot war und auch die Kunst der terranischen ›Ärzte‹ ihn nicht am Leben
hatte halten können. Thekus aus dem Weg zu schaffen, war aber sein eigentliches Ziel gewesen. Er
würde sich nicht mehr rühren, wenn er erkannte, daß der neue Thekus ein Robot war. Das bedeutete,
er würde keine Spuren mehr hinterlassen. Das bedeutete, Oberst Quinto und seine Männer konnten
ebensogut ihre Koffer packen und wieder abreisen.
Ron diskutierte die Frage mit Nike Quinto.
»Denken Sie logisch«, forderte Nike Quinto ihn auf. »Es ist nichts geschehen, was den Gegner
besonders deutlich darauf hinwies, daß Thekus in Wirklichkeit ein Roboter ist. Allein die
Tatsache, daß er es sich sehr viel Mühe kosten läßt, den Admiral wieder zu entführen, beweist,
daß er noch keinen Verdacht geschöpft hat.«
»Aber Sie werden Thekus verhören, nicht wahr?« wandte Ron ein. »Unsere Absicht war, aus der
Heilung von Thekus eine solche Situation zu machen, daß der Feind nicht ein zweites Mal versuchen
würde, Thekus einfach über den Haufen zu schießen. Wir wollten seine Neugierde erregen. Wir
wollten, daß er sich für das medizinische Wunder interessierte. Und das
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