Silberband 017 - Die Hundertsonnenwelt
können.«
Sekunden später betrat Rhodan den Lift, der ihn in die Tiefe brachte. Zwar bestand immer noch der alte, geheime Abstieg, aber er wurde kaum noch benutzt. Als er die eigentliche Kammer betrat, überkam ihn wieder das eigenartige zeitlose Gefühl, das er immer verspürte, wenn er Ellerts Körper sah.
Reglos ruhte die hagere Gestalt – ein lebender Leichnam – auf dem Bett. An Kopf und Brust waren Leitungen angeschlossen, die zu einer komplizierten Apparatur führten. Die Alarmanlage dicht vor dem Mund Ellerts würde den ersten Atemzug des Körpers sofort registrieren und weitermelden. Bisher war es so gewesen, daß Ellert nur wenige Tage oder gar nur Stunden in seinem Körper blieb, dann verließ er ihn wieder. Solange er das tat, alterte der Körper nicht.
Rhodan setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Er betrachtete das Gesicht des Mutanten. Die Augen waren fest geschlossen, und man hätte meinen können, der Mann sei tot. Aber niemand wußte besser als Rhodan, daß Ellert lebte. Irgendwo im Universum.
Er legte Ellert die flache Hand auf die Stirn, um den körperlichen Kontakt herzustellen. Dann begann er zu sprechen, leise und eindringlich: »Ernst Ellert, wo immer du auch bist, kehre nach Terrania zurück. Ich brauche dich. Wir alle brauchen dich und deine Fähigkeiten. Kannst du mich hören, Ernst Ellert?«
Rhodan wußte, daß die Antwort nicht sofort kommen würde. Einmal hatte er drei Tage gerufen, ehe Ellert antwortete. Er würde Geduld haben müssen.
»Ernst Ellert, hörst du mich?« wiederholte er und sprach dann weiter. Es waren immer wieder dieselben Sätze, aber sie waren von der Dringlichkeit der bevorstehenden Aufgaben getragen. »Melde dich, Ellert! Ich warte auf dich! Wo bist du?«
Nach zwei Stunden – Rhodan wollte es schon für heute aufgeben – bekam er Antwort.
Ellerts Mund bewegte sich zu einem kaum hörbaren Flüstern. Ein Teil von Ellerts Bewußtsein war in dem Körper aktiv. Es stand mit dem Hauptbewußtsein in Verbindung.
»Perry Rhodan – du bist es? Ich höre dich. Aber ich kann nicht kommen – jetzt noch nicht. Ich habe eine Aufgabe, die ich beenden muß.«
»Hier erwartet dich ebenfalls eine Aufgabe, Ernst Ellert.«
»Wenn du willst, daß ein ganzer bewohnter Planet untergeht, so werde ich heute noch kommen. Aber ich tue es nicht gern. Man vertraut mir, hält mich für einen Gott …«
»Wo hältst du dich auf?«
»Unweit der Galaxis in einem einsamen Sternhaufen. Es sind liebenswerte Geschöpfe, aber ihre Welt droht unterzugehen. Nur ich kann sie retten.«
»Wie lange?«
»Zwei Tage, Perry Rhodan. Vielleicht auch schneller.«
Rhodan gab nach. »Also gut, ich werde warten. In zwei Tagen werde ich hier sein, um dich zu empfangen. Zufrieden?«
»Eine Welt verdankt dir ihr Leben.«
»Nicht mir, Ellert, sondern dir. Viel Glück.«
Der Kontakt erlosch.
Rhodan kehrte ans Tageslicht zurück, wo ihn die drei Männer gespannt erwarteten.
»Nun?« fragte Bully. »Hast du ihn nicht gleich mitgebracht?«
»In zwei Tagen holen wir ihn ab«, erwiderte Rhodan. Mehr war aus ihm nicht herauszubekommen.
Schweigsam kehrten sie nach Terrania zurück.
Rhodan erledigte noch einige dringende Angelegenheiten, dann zog er sich auf sein Zimmer zurück. Die Stunden absoluter Ruhe und Entspannung waren selten geworden, aber wenn er Gelegenheit fand, versuchte er das nachzuholen. In Terrania begann das Nachtleben, denn hier war der größte Raumhafen der Erde. Aber Rhodan hörte nichts davon.
Er lag auf seinem Bett und hielt die Augen geschlossen.
Er war unsterblich und mächtig, aber immer noch ein Mensch. Er besaß einen verwundbaren Körper und war an dessen Grenzen gebunden.
Was aber war Ellert?
Zwei Tage später weilte Rhodan wieder in der Gruft.
Der Kontakt kam sofort zustande, und dann begann Ellert sich zu regen. Er schlug die Augen auf, blieb aber noch liegen. Es dauerte volle zehn Minuten, bis er Rhodan erkannte.
»Fühlst du dich noch schwach?« fragte Rhodan besorgt und dachte daran, daß er einmal in dieser gleichen Situation einen Arzt geholt hatte. Ellert war sehr aufgebracht gewesen und hatte betont, daß ihm – ginge etwas schief – kein Arzt helfen könnte. Im Gegenteil. Seitdem kam Rhodan stets allein.
»Geht schon wieder. Aber ich glaube, es wird immer schwieriger für mich, in meinen Körper zurückzukehren. Ob ich eines Tages völlig ohne ihn existieren kann?«
»Ich halte das für möglich – aber es wird uns allen merkwürdig
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