Silberband 018 - Hornschrecken
man völlig
hilflos ausgeliefert ist? Ich glaube es nicht. Was wird wirklich gespielt, Homunk?«
In diesem Augenblick ging mit Wanderer eine Veränderung vor.
Die hundert Sekunden waren längst vergangen, aber die NOSTASA hatte sich bereits zwanzig
Lichtsekunden von dem Planeten entfernt. So kam es zu der geringfügigen und nur scheinbaren
Verzögerung. Aber nun war die Frist abgelaufen.
Wanderer begann an allen Stellen zugleich aufzuglühen. Die Atomglut raste über die Scheibe
dahin und zerfraß die fiktive Landschaft. Die Atmosphäre flammte auf, die künstliche Sonne
erlosch. Der Himmel stürzte ein. Dann zog sich der Feuerball zusammen. Er wurde schnell
kleiner.
»Wenden Sie, Hogard. Nach Wanderer zurück.«
Homunk schien etwas sagen zu wollen, aber dann schwieg er doch. Er mochte einsehen, daß er
Rhodan nicht von seinem Entschluß abbringen konnte.
Der ganze Vorgang hatte höchstens eine Minute gedauert. Bei einer normalen atomaren
Vernichtung eines Planeten würde eine neue Sonne entstehen, die langsam verglühte. Zumindest
würde eine glühende Wolke den Platz bestimmen, an dem einst ein Planet gestanden hatte.
Wanderer aber war verschwunden.
Die NOSTASA beschrieb einen weiten Bogen und kehrte an die Stelle zurück, an der Wanderer
gewesen war.
Ein winziges Stück Materie schwebte im Raum. Es war kaum größer als ein Haus, unregelmäßig
geformt und von einem relativ starken Kraftfeld umgeben. Langsam rotierend zog es auf seiner Bahn
dahin, die sich nicht geändert zu haben schien.
Das war alles, was von der Welt des ewigen Lebens übriggeblieben war. Ein Asteroid, ein
kleiner Brocken Materie.
Homunk berührte Rhodans Arm. »Mein Herr, der Unsterbliche, ist fort. Aber er hat eine
Nachricht hinterlassen. Sie wird von jenem Asteroiden dort ausgestrahlt werden, sobald wir weit
genug von ihm entfernt sind. Gib Befehl, daß dieses Schiff zur Erde zurückkehrt. Oder nach Arkon,
wohin du willst. Aber bleibe nicht hier.«
Rhodan nickte Hogard zu. Die NOSTASA nahm erneut Geschwindigkeit auf. Der Asteroid war
innerhalb von Sekunden verschwunden, untergetaucht in der Unendlichkeit des Alls.
»Eine Botschaft? Was willst du damit sagen?«
»Gar nichts. Ich kann nichts sagen, weil ich nichts weiß. Die Botschaft wird für alle
Intelligenzen der Milchstraße bestimmt sein.«
»Vielleicht betrifft sie die Gefahr, vor der ES die Flucht ergriff. Ich frage mich nur, wie
wir uns einer Gefahr erwehren sollen, vor der ES flüchtete. Wir sind schwächer und sterblich. Wir
sind materiell. ES war vergeistigt und unsterblich – und flüchtete.«
In diesem Augenblick erfüllte eine Stimme das ganze Schiff, so laut und dröhnend, daß jeder
sich unwillkürlich die Ohren zuhielt. Das Funkpersonal der NOSTASA wurde halb betäubt, denn die
Stimme kam aus den Geräten. Ein unvorstellbar starker Hypersender schlug durch und übertönte
alles andere. In allen Lautsprechern des Schiffes war die Stimme, und Rhodan erkannte in ihr die
Stimme des Unsterblichen.
Das mußte sie sein, die Botschaft.
Die Stimme sagte: »Hier spricht der Unsterbliche. Der Galaxis droht eine furchtbare Gefahr,
vor der ich mich zurückziehen muß, denn mich würde sie zuerst treffen. Versucht, eines Tages mit
ihr fertig zu werden – ohne meine Hilfe. Aber allen Intelligenzen dieser Galaxis sei
mitgeteilt, daß ich ein Geschenk zurücklasse – ein Geschenk für die Tüchtigsten, Klügsten
und Fähigsten. Fünfundzwanzigmal verschenke ich das ewige Leben. In Form kleiner Zellaktivatoren
verstreute ich es auf fünfundzwanzig Welten. Sucht – und ihr werdet das ewige Leben finden.
Und beginnt bald, denn ihr habt nicht mehr viel Zeit. Die Galaxis ist in großer Gefahr, aber es
besteht Hoffnung. Erkennt die Gefahr früh genug – und findet das ewige Leben.«
Ein schreckliches Gelächter beendete die Sendung, die sich nach wenigen Minuten zu wiederholen
begann.
Ausdruckslos starrte Rhodan auf Homunk. Er hatte begriffen, was die Botschaft des
Unsterblichen bedeutete. Das Geheimnis der Zellaktivatoren war zum zweitenmal enthüllt worden.
Diesmal jedoch mit einer derartigen Intensität, daß es in der gesamten Galaxis gehört werden
konnte.
Die Jagd nach den Zellaktivatoren würde beginnen. Überall dort, wo eines dieser Geräte
auftauchte, würde es zu chaotischen Verhältnissen kommen. Jene, die einen Aktivator fanden,
würden sich ihres Schatzes nicht lange erfreuen können, denn bald würden andere
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