Silberband 034 - Die Kristallagenten
wenn auch nur wenige den Lebenskampf
überstehen und bis zur normalen Größe hochwachsen würden.
Die fünf Männer, die das Industriegebiet hinter sich gelassen hatten, flogen jetzt über der
freien Zone zwischen dem Dschungel und dem bebauten Land. Mit Chemikalien und Strahlwaffen hatten
die Perlians ein Stück Niemandsland geschaffen, um den Dschungel am Vordringen zu hindern. Und
die urwüchsige Natur hatte vor den Mitteln der überragenden perlianschen Technik kapituliert. Nur
noch vereinzelte Adern graubraunen Mooses wagten sich in das gerodete Gebiet. Einige Samenkörner,
vom Wind weggeblasen oder vom Regenwasser mitgespült, hatten im Niemandsland Wurzeln geschlagen
und gediehen prächtig. Flugroboter würden ihrem unerwünschten Dasein ein Ende bereiten, bevor sie
ihrerseits einen Schwarm von Samenkapseln ausstoßen konnten.
Der Boden war schwarz. In Furchen und Vertiefungen stand Regenwasser.
Sergeant Wish ›Big Mountain‹ Haagard hatte ein Gefühl, als sei alles an ihm geschwollen, seine
Füße, seine Hände, seine Zunge; vor allem seine Zunge, die groß und schwer im ausgetrockneten
Mund lag wie ein Fremdkörper. Er wußte, daß er Fieber hatte. Seine Umgebung nahm er mit seltsamer
Deutlichkeit wahr, ohne sie jedoch zu begreifen.
Er flog hinter Hohle und Olney, dann folgten Overmile und Fellmer Lloyd. Overmile ging es
besser, aber er schämte sich und sprach nur wenig.
Obwohl Haagard flog, war er sicher, daß die Landschaft an ihm vorbeiglitt, daß er bewegungslos
in der Luft hing. Diese Vorstellung resultierte ebenso aus dem Fieber wie das Gefühl, einen
aufgedunsenen Körper zu haben.
»Warten Sie!« rief Fellmer Lloyd. »Ich spüre Gedankenimpulse.«
Die Männer hatten sich an diese Warnungen gewöhnt. Sie stoppten ihren Flug und warteten, daß
der Mutant Einzelheiten berichtete. Meistens waren es Generäle, die von Lloyd geortet wurden,
seltener Perlians.
»Werden wir verfolgt?« erkundigte sich Hohle.
Der Telepath schüttelte den Kopf.
»Die Bewußtseinsströmungen kommen nicht von den Industriegebieten«, sagte er. »Ich glaube auch
nicht, daß Generäle oder Perlians dafür verantwortlich sind.«
Hohle runzelte die Stirn.
»Was hat das zu bedeuten?« wollte er wissen.
Lloyd schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Dank seines Zellaktivators war
er natürlich nicht so erschöpft wie seine vier Begleiter.
»Ich spüre die Mentalimpulse vieler Einzelwesen«, berichtete Lloyd. »Es müssen über tausend
sein, die auf einem verhältnismäßig kleinen Platz versammelt sind. Es fällt mir schwer, bestimmte
Gedanken zu lokalisieren.«
Haagard fragte sich, ob es auf Modula II außer den Perlians und den Generälen noch andere
Wesen gab.
»Wenn wir unsere jetzige Flugrichtung beibehalten, müssen wir bald mit den Fremden
zusammentreffen«, sagte Lloyd. »Sie halten sich irgendwo zwischen dem Dschungel und den
Randgebieten des Raumhafens auf.«
»Wir sollten auf jeden Fall einen Umweg machen, Sir«, schlug Mash Olney vor.
»Wir sind zu schwach, um uns noch in irgendwelche Auseinandersetzungen einlassen zu
können.«
»Wir müssen herausfinden, wer die Unbekannten sind«, entschied der Eskimo. »Vielleicht handelt
es sich um Gegner der Perlians. Dann können wir mit …«
»Still!« unterbrach ihn Lloyd. »Es sind Gefangene, Major! Vor uns liegt ein Gefangenenlager
der Perlians.«
»Ein Gefangenenlager? Wer hält sich darin auf?«
»Wir müssen weiterfliegen«, drängte Fellmer Lloyd. »Je näher wir herankommen, desto mehr kann
ich herausfinden.«
Haagard hörte teilnahmslos zu. Das Fieber hatte ihn geschwächt und gleichgültig gemacht.
»Wir müssen vorsichtig sein«, sagte Hohle. »Wir wissen nicht, wer die Bewohner des Lagers sind
und wie sie sich uns gegenüber verhalten werden.«
»Sollen wir unsere Deflektorschirme einschalten?« fragte Overmile.
»Nein«, entschied Hohle. »Sie sollen uns sehen. Wir nähern uns dem Lager langsam, damit sie
sehen, daß wir friedliche Absichten haben.«
Sie flogen weiter und stießen bald darauf auf die ersten Robotwächter, die das Lager
bewachten.
Es war nicht zu erkennen, ob die Roboter die Ankunft der fünf Terraner registrierten,
jedenfalls kümmerten sie sich nicht um die Männer.
Das Lager begann unmittelbar hinter dem Dschungel. Kleinere Hütten, ringförmig aufgestellt,
bildeten eine Art Zaun um das gesamte Gebiet.
Inmitten des Lagers standen größere Gebäude, aber sie waren
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