Silberband 035 - Magellan
und vor Roi Danton auf die
Knie stürzte.
Sein von Brandnarben verunstaltetes Gesicht trug einen verzückten Ausdruck. Dann rief er
dröhnend:
»Ihr lebt, mein König! Welch ein Frohlocken weckt Euer Anblick in meinem Herzen. Euer
untertänigster Diener Masut weint Tränen der Freude über dieses Wiedersehen!«
Roi Danton beugte sich lächelnd zu dem Ertruser hinab und rief:
»Erhebe dich, mon cher ami! Alles ist ja wieder gut.«
Diese Idylle wurde Jährlings zerstört, als eine zweite, nicht minder mächtige Stimme
erklang.
»Seht euch die beiden an! Der Freibeuter und sein tolpatschiger Muskelmann feiern ein
rührendes Wiedersehen …«
Melbar Kasom grinste maliziös.
»Hört nicht hin, mein König«, knurrte Oro und wandte Kasom ostentativ den Rücken zu. »Dieser
Bauer von einem Ertruser ist es nicht wert, gehört zu werden.«
Kasom feixte nicht mehr. Seine Miene verdüsterte sich. Drohend stieß er hervor:
»Wenn du den Bauern nicht sofort zurücknimmst, erzähle ich den Männern, wer ihnen immer die
Nahrungsvorräte stiehlt!«
Diese Unterstellung war zuviel für Masut.
Er erhob sich mit einem wilden Fauchen, wobei er seinen König abrupt losließ, so daß dieser
mit einem vernehmlichen Geräusch aufs Hinterteil fiel.
Die mächtigen Pranken des königlichen Leibwächters schlossen und öffneten sich erwartungsvoll.
Der bullige Schädel senkte sich zwischen die riesigen Schultern …
Da gebot eine laute Stimme den beiden Streithähnen Einhalt.
Perry Rhodan kam mit einigen Gurrad-Offizieren in den Raum.
»Was geht hier vor?« fuhr er die Ertruser an, die verlegen die Köpfe senkten.
Roi Danton, der sich inzwischen wieder erhoben hatte, lächelte blasiert.
»Wenn's beliebt, Grandseigneur«, sagte er gespreizt, »würde ich an Ihrer Stelle diesen
ertrusischen Kampfhahn, der sich Kasom nennt, einmal in ein Internat stecken. Dieser Tölpel hat
nicht die leiseste Spur eines geziemenden Benehmens.«
Der Freihändler retirierte vor dem USO-Spezialisten, der sich bezeichnend an die Stirn
tippte.
»Sehen Sie, Grandseigneur«, hüstelte Danton indigniert. »Wie ich sagte: Keine Ahnung, wie man
sich in Gegenwart einer königlichen Person zu benehmen hat.«
»Mister Danton!«
Rhodans Stimme klang tadelnd, und für einen Augenblick sah sich Roi, alias Michael Reginald
Rhodan, in das elterliche Wohnhaus in Terrania zurückversetzt, durch dessen Räume vor langer Zeit
eben diese tadelnde Stimme geklungen hatte, wenn er, Mike, etwas angestellt hatte.
Vater und Mutter! Seine Schwester Suzan! Terrania-City! Die Erde! Wie ein Kaleidoskop
wirbelten die Erinnerungen an Rois innerem Auge vorüber.
Rhodans Stimme war deutlich von Ironie gefärbt und weckte Roi aus seinen Gedanken.
Er trat vor seinen Vater hin:
»Ich danke Ihnen, Grandseigneur! Ich danke Ihnen vor allem aber im Namen der Männer, die
geduldig und mit Zuversicht auf Ihren Erfolg vertrauten. Ohne diesen Erfolg wären wir jetzt in
einer äußerst fatalen Lage.«
Die Worte des Freihändlers klangen schlicht und waren frei von Ironie.
Seine schlanke, hochgewachsene Gestalt straffte sich. Danton vollführte mit der rechten Hand
eine ausholende Bewegung und preßte dann die Handfläche gegen sein Herz.
Einen Augenblick lang war Perry Rhodan nicht sicher, ob diese Geste einer tatsächlichen und
von Herzen kommenden Dankbarkeit entsprang, oder nichts weiter als eine der unzähligen Späße des
Freihändlers war. Forschend blickte er deshalb in Dantons Gesicht, in die nachtblauen Augen, die
ihn immer irgendwie an ein anderes Augenpaar erinnerten, und erkannte betroffen, daß Danton
tatsächlich zutiefst bewegt war. – Eines der vielen Rätsel, mit denen der Freihändler
aufzuwarten verstand.
Roi Danton benahm sich oft – viel zu oft, sagte sich Rhodan – wie einer der
dekadenten Zeitgenossen am Hofe Ludwigs des Siebzehnten.
Diesmal aber hatte er wieder einmal alles stutzerhafte Benehmen abgelegt. Nun war er nichts
weiter als ein junger, ganz normaler Mann. Obwohl zutiefst erschöpft, abgerissen, verschmutzt und
unrasiert, mit blutunterlaufenen Schrammen im Gesicht, die von dem erfolglos verlaufenen
Ausbruchsversuch zeugten, lag trotzdem ein glücklicher Ausdruck in seinen Augen.
Die Maske war für kurze Zeit gefallen, hinter der sich Danton stets verbarg, um nicht seine
wahre Persönlichkeit preisgeben zu müssen.
Mit Gewalt riß sich Perry Rhodan von diesen Gedanken los.
»Sparen Sie sich Ihre Dankbarkeit,
Weitere Kostenlose Bücher