Silberband 035 - Magellan
stürzten
rauschende Wasserfälle in die Tiefe. Darüber hingen weißliche Dunstschleier, die das Licht der
untergehenden Sonne in allen Farben des Spektrums reflektierten.
»Die versuchen es mit allen Mitteln«, sagte Gucky trocken.
Es war eine Spiegelung. Die Kristalle zauberten den Menschen und Mausbibern genau das vor, was
sie sich als ›paradiesisch‹ vorstellten. Sie wollten sie in die Phantasielandschaft locken, durch
den roten Vorhang hindurch.
Die Absicht war zu eindeutig, um nicht rechtzeitig erkannt zu werden.
»Fehlen bloß die tanzenden Mädchen«, murmelte Iwanowitsch – und hielt schnell den Mund,
als unten am Wasserfall, dicht neben dem natürlichen Becken, eine Gruppe leichtbekleideter Damen
materialisierte. Sie tanzten zwar nicht, aber sie sprangen in das kristallklare Wasser und
tauchten in die grundlose Tiefe.
Die anderen streckten sich am Ufer aus und ließen sich von der Sonne bescheinen.
»Da bleibt einem doch die Spucke weg!« schimpfte Gucky. »Da hat doch Iwanowitsch nichts
anderes im Kopf …!«
»Und was soll das Feld mit dem Gemüse da drüben, dicht neben der Palme? Na, was ist denn das?
Ich wette, es sind Mohrrüben! Na also!«
Gucky schnappte nach Luft.
»Möchte nicht fragen, was moralisch wertvoller ist: Bikinimädchen oder Mohrrüben«, hielt er
dem jüngeren Goratschin entgegen. »Nun, keine Lust, sich das mal aus der Nähe anzusehen?«
»Ich verzichte vorerst«, sagten Iwan und Iwanowitsch zugleich.
Mit herausgedrückter Brust und einem leichten Zittern in der Stimme sagte Jumpy:
»Dann machen wir das eben, Papa.«
Gucky zuckte unmerklich zusammen, dann nickte er gelassen:
»Du sagst es, mein Sohn. Wer wäre auch besser für ein so riskantes Unternehmen geeignet als
wir, die tapfersten aller Ilts? Aber du bleibst noch hier. Ich gehe vor und probiere erst
einmal …«
Noch ehe ihn jemand daran hindern konnte, spazierte er auf den roten Vorhang zu und trat
hindurch.
Goratschin sprang vor, griff durch die Sperre und packte Gucky am Kragen. Mit einem Ruck zog
er ihn zurück und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige – das heißt, es wäre eine Ohrfeige
geworden, wenn Gucky den Druckhelm nicht getragen hätte. So wurde es lediglich ein heftiger
Schlag gegen den Kopf. Gucky schlug sofort zurück und traf Iwanowitsch, der daraufhin wütend
brüllte:
»Bist du verrückt geworden? Das war doch Iwan, nicht ich!«
»Soll einer wissen, wenn jemand zwei Köpfe hat«, knurrte Gucky und fügte ruhiger hinzu: »Aber
besser zwei Köpfe als keiner. Entschuldigt, ich war leichtsinnig. Soll nicht wieder vorkommen.
Aber trotzdem haben wir keine andere Wahl: Jemand muß da hinein!«
In ihren Gehirnen war noch immer der Befehl:
»Tretet ein! Empfangt die Macht! Öffnet euren Geist und kommt …«
Das Trugbild veränderte sich.
Mitten in der Landschaft erschien plötzlich ein leuchtender Gang, dessen hohe Wölbung so
aussah, als wäre sie von lauter herrlichen Diamanten bedeckt. Es waren sehr große Diamanten, die
die Funktion von Bildschirmen hatten, denn in ihnen waren supermoderne Städte zu erkennen. Und
diese Städte lebten!
In den breiten, hellen Straßen flutete der Verkehr. Menschen und andere Lebewesen bewegten
sich auf rollenden Bürgersteigen, und in der Luft schwebten Flugzeuge seltsamster Konstruktion.
Am Rande der meisten Städte waren Raumhäfen zu erkennen. Pausenlos landeten und starteten hier
Raumschiffe.
Der wunderbare Gang blieb mitten in der Landschaft. Er schien real zu sein, wenn er auch
Minuten vorher noch nicht existiert hatte.
»Ich werde zurückgehen und McGee unterrichten. Wir müssen auf Rhodan warten. Nur er kann
entscheiden, was zu geschehen hat.«
»Wir warten hier«, sagte Goratschin.
Um Marshall den Weg zu ersparen, teleportierte Gucky mit ihm zurück zur ersten Sperre. Sie
waren erfreut, Rhodan und seine Leute bereits vorzufinden. Schnell erzählten sie, was geschehen
war, und wie erwartet, verbot Rhodan das weitere Vordringen der Mutanten.
»Die Spezialroboter sind bereits unterwegs«, sagte er und nahm noch einmal Funkverbindung zum
Transportkommando auf. Er gab entsprechende Anweisungen. »Sie werden gleich hier sein. Die
Roboter besitzen biologisch-positronische Gehirne und reagieren somit auf die Hypnobefehle der
Kristalle. Sie werden die zweite Sperre überqueren, und ihr könnt dann beobachten, was mit ihnen
geschieht. Alles Weitere müssen wir der Zukunft überlassen. Ich bin aber überzeugt,
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