Silberband 051 - Vasall der Mächtigen
der neue Taschkar war noch vor kurzer Zeit ihr Chef gewesen. Das bedeutete für sie einen deutlichen Gewinn an Prestige und uneingeschränkter Macht.
»Sie wissen, daß Ihr Schiff das letzte ist, das noch hier landen durfte?« fragte einer der Hafenpolizisten Lavascha.
Der Moritator hatte sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet und erwiderte mit dröhnender Stimme:
»Ich weiß es. Und ich danke dafür dem Taschkar. Ein Unglücksfall, sagten Sie, habe den alten Taschkar ausgelöscht?«
Der Angesprochene bemerkte kurz:
»Ein tragischer Unglücksfall. Was haben Sie hier vor, Lavascha?«
Der Moritator breitete beide Arme aus und spreizte die Finger, dann machte er die rituelle Bewegung und antwortete als ginge ihn nichts auf diesem Planeten etwas an außer seiner Sendung:
»Ich will fünfzig Gleiter ausschwärmen lassen. Sie sollen, mit je vier Mann besetzt, die Landung verkünden und einen Platz ausrufen, an dem wir sprechen und diskutieren können. Welcher Platz bietet sich dafür an?«
»Sie meinen sicher das Große Stadion des Taschkars?«
Lavascha wirkte sehr überzeugend, als er sagte:
»Zweihunderttausend Besucher werden dort heute nacht die Botschaft erfahren, die wir ihnen bringen. Es wird das Stadion des Taschkars ungeheuer aufwerten, wenn Lavascha der Dröhnende gesprochen hat. Und es wird die Herrschaft des Taschkars festigen und bestätigen, die indes nur solange dauern kann, bis sie durch die Herrschaft des Ganjos abgelöst wird.«
»Das ist Ihre Meinung«, bemerkte der Wachhabende der Truppe. »Ich habe Erlaubnis, Ihnen die Benutzung des Stadions zu gestatten.«
Der Moritator verbeugte sich leicht.
»Dann also werden zweihundert meiner Mannschaft ausschwärmen. Ist etwas dagegen einzuwenden, wenn sie sich in persönlichem Gespräch an Passanten wenden und vielleicht etwas kaufen?«
»Nein, keineswegs. Es sei denn, sie haben die Absicht, wirre politische Diskussionen zu entfachen.«
Cascal spürte, wie er zusammenschrak und bleich wurde. Ein Terraner war in der Zentrale aufgetaucht. Er hatte sich mit einem Moritator unterhalten und den Kopf in eine andere Richtung gedreht. Diese Beleidigung wäre nicht schlimm gewesen, man hätte sie mit dem Hinweis auf leichte Trunkenheit herunterspielen können.
Aber der Terraner hatte Terranisch gesprochen.
Cascal vernahm neben sich einen harten Aufschlag. Er fuhr herum und starrte den Neuankömmling an. Aus dem Augenwinkel sah er, wie einer der Männer aus der Zentrale verstohlen nach seiner Waffe tastete. Neben Cascal hatte sich LaGrange Tuscalosa zu Boden geworfen und flüsterte, nur für Cascal hörbar:
»Nachmachen!«
Cascal fiel auf die Knie und streckte die Hände nach vorn aus.
Die tiefe Stimme Commander Tuscalosas schallte durch den Raum. Auch er sprach Terranisch, und zwar in einem etwas undeutlichen Küstendialekt. Er sagte langsam:
»Mitspielen, Myller!«
Myller, der jetzt fünf Meter weit im Raum stand, schaltete trotz seines eigenen Schreckens schnell. Er fiel ebenfalls auf den Boden und rief auf terranisch zurück:
»Ich spiele mit, Tusca. Was soll ich tun?«
»Aufstehen und herkommen. Und dann aufhören, in unserer Sprache zu reden.«
Cascal beobachtete Myller und den Commander, und als sich die beiden Männer erhoben, kam er ebenfalls auf die Beine. Sie gingen langsam aufeinander zu und schüttelten sich mit Ausdauer die Hände. Als Myller den Blick sah, den ihm Cascal zuwarf, wurde er kreidebleich. Dann trennten sie sich wieder und kehrten an ihre Plätze zurück.
Der Polizist fragte kopfschüttelnd:
»Habt Ihr neuerdings ein Irrenschiff, Lavascha?«
Der Moritator streckte einen Arm aus wie ein Patriarch, der seine Herde zählt, und verkündete lautstark:
»Diese drei Männer sind bisher in tiefer Kontemplation gewesen. Diese Wörter, die ihr niemals verstehen werdet, sind der Gruß der Kontemplativen untereinander und das Zeichen, daß sie wieder offen und laut sprechen dürfen. Mit jedem. Auch mit mir und euch.«
»Na ja«, sagte der Hafenpolizist, während die Marsav-Leute sich weiterhin mißtrauisch und argwöhnisch umsahen. »Jeder hat seine eigenen Probleme.«
Cascal, Myller und Tuscalosa verneigten sich wieder voreinander und sahen dann zu, wie sich die Mannschaft der Hafenpolizei langsam entfernte. Als es sicher war, daß erstens keiner von ihnen mehr an Bord war und als zweitens die Untersuchungen, ob sie Spionagegeräte hinterlassen hatten, negativ ausgefallen waren, sagte Cascal, dem der Schrecken noch in den
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