Silberband 051 - Vasall der Mächtigen
Grauens dadurch, daß sich alles lautlos und ungeheuer schnell abspielte.
Zwei Bürger des Planeten erschossen einen Marsav-Mann.
Ein Marsav-Mann drang in eine Wohnung ein und streckte eine junge Frau nieder.
Sie schossen ohne Warnung.
Als sich Cascal mit bleichem Gesicht umdrehte, sah er, daß der Raum fast leer war.
»Wir müssen weiter«, sagte Escroplan. »Alle Ihre Leute sind im Schiff, zusammen mit einigen von uns. Lavascha wird uns retten.«
»Einverstanden«, knurrte der Riese neben Cascal und hieb mit der bloßen Faust auf einen der Schirme. Der Schirm brach nicht, aber das Bild verschwand. Der Schlag war ein Ausdruck der rasenden Wut, die in LaGrange tobte.
»Wohin?«
Escroplan flüsterte:
»Dort hinten sehen Sie es bereits. Die Marsav stürmt diesen Stützpunkt. Wir gehen zu den Wesakenos.«
Wie ein Blitz durchfuhr es Cascal. Er kannte die Wesakenos, die sich ›Wahrer der Gerechtigkeit‹ nannten, gut. Er hatte sie unterhalb der radioaktiven Oberfläche eines Planeten erstmals kennengelernt.
»Es kommt niemand mehr?«
»Nein«, sagte der kleine Mann. Jetzt hatte er wirklich nichts mehr von einem Händler an sich, sondern wirkte wie einer, der kaum mehr zu verlieren hatte als sein eigenes Leben und der sehr genau wußte, welche Schritte aufeinander folgen mußten. Er zerrte Cascal am Ärmel zu einem anderen Bildschirm, und dort war zu sehen, wie sich ein Trupp von Marsav-Leuten durch einen unterirdischen Tunnel kämpfte, trotz der Sperren und der vielen Winkel und labyrinthischen Ecken. Gnadenlos schossen sie alles in Brand, was sie sahen.
»Nur wir vier?« fragte Cascal und deutete auf den Mann, der neben dem Transmitter hockte und sich eben die Kopfhörer abstreifte.
»Ja. Die Wesakenos haben ebenfalls einen Transmitter.«
»Gut. Diese Station?«
»Wird vernichtet.«
Es war ein schneller, kurzer Dialog, der aber alles beinhaltete, was gesagt werden mußte. Die drei Männer verließen die Wand mit den Sicherheitsschirmen und rannten auf den Transmitter zu. Escroplan als erster, dann folgte Cascal, Tuscalosa bildete den letzten. Der Moritator, der wie abwartend vor dem Transmitter stand, ging ruhig zu einem Schaltschrank an der Wand, klappte ihn auf und zog nacheinander sechzehn Hebel herunter. Sie rasteten mit scharfem Schnappen ein. Dann warf sich der Mann förmlich in den Transmitter hinein.
Drei Sekunden später schaltete sich der Transmitter ab.
Seine kleinen, übermannshohen Säulen fielen zusammen.
Weitere zwei Sekunden später flammten an fünfzehn verschiedenen Punkten der kleinen unterirdischen Station kleine Funkenentladungen auf, dann folgten die fünfzehn überschweren Detonationen nacheinander in so rascher Folge, daß man sie nicht mehr unterscheiden konnte.
Weit unterhalb der Stadt, sieben Kilometer vom Zentrum entfernt, bebte der Boden. Die Nadeln der Seismographen schlugen fünfzehnmal ins Maximum aus.
Schwer atmend standen die vier Männer in einem freundlichen, kleinen Raum.
Cascal sah hinter sich, wie der Rahmen einer Tür wieder sichtbar wurde. Der Transmitter, der sie hierher gebracht hatte, war hervorragend getarnt.
»Wo sind wir?«
»Im Hauptquartier der Wesakenos. In der Nähe des Hafens. Genauer gesagt im Verwaltungsgebäude für die Frachtabfertigung.«
Cascal ging schnell zum Fenster und sah hinaus.
Fast am Horizont erkannte er die Pyramide der LAVASZA.
Dann, als er sich umdrehte, kamen zwei Männer und eine hochgewachsene Frau in den Raum. Sie unterschieden sich in nichts von den zahllosen Cappins, die hier lebten. Einer trug sogar die Uniform der Marsav. Die Frau, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Merceile aufwies, lächelte geschäftsmäßig und hatte ein Diktaphon in den Händen.
Escroplan ging auf einen der Männer zu, schüttelte dessen Hand und sagte:
»Der Stützpunkt ist zerstört, Miraltans.«
Dann stellte er die beiden Terraner vor und erläuterte in wenigen Sätzen deren Funktion.
Plötzlich, genau in dem Augenblick, in dem Miraltans auf die Sessel deutete, die den großen Tisch umstanden, verschwand die nervöse Spannung. Hier hörten sie nicht mehr die hämmernden Geräusche der Strahlschüsse und die Schreie, hier gab es nur das zuverlässige Brummen schwerer Robotmaschinen, die vierzig Meter unter ihnen Waren verluden. Hier herrschte eine wunderbar temperierte Luft, die nichts von der Mittagshitze spüren ließ, die sich draußen unter den stechenden Strahlen der riesigen, purpurfarbenen Sonne bemerkbar machte.
Joaquin Manuel
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