Silberband 056 - Kampf der Immunen
Er ging selbst den Verdummten an Bord der GATOS BAY nach Möglichkeit aus dem Weg, obwohl sie vor der Katastrophe unter ihm gearbeitet hatten. Er zeigte sich ihnen nur, wenn es sich nicht anders machen ließ.
In diesem Fall zog er es vor, zu warten, bis der Verdummte außer Sichtweite war.
Der CheF erreichte mit einiger Verspätung die Kommandozentrale. Die zwei restlichen Immunen waren bereits vor ihm eingetroffen.
»Zum Teufel mit dieser morschen Sternenkiste!« schimpfte Hotchka Omolore gerade.
Cheborparczete Faynybret zuckte zusammen, als hätte man seinen Namen gerufen.
Hotchka Omolore war ein großer, massig gebauter Terraner mit brandrotem Haar. Er stand im Range eines Captains der Solaren Abwehr und hatte eine Ausbildung als Transmitter-Ingenieur genossen. Er war mürrisch und hatte an vielem zu nörgeln.
Als er merkte, daß der Cheborparner die Kommandozentrale betreten hatte, machte er ein betroffenes Gesicht.
»Tut mir leid, CheF«, sagte er. »Das mit dem Teufel ist mir so herausgerutscht.«
Es war bezeichnend, daß er sich bei dem Cheborparner entschuldigte und nicht bei der jungen Frau, in deren Gegenwart er geflucht hatte.
Aidala Montehue war die rauhe Sprache der Männer gewohnt. Sie hatte lange genug als Medizinerin in der Sternzentrale Blue-Süd ihren Dienst versehen, um nicht mehr bei jedem Kraftausdruck zu erröten.
Sie stand hinter Gaddard Pen-Tuku, der einigermaßen ratlos am Pult mit den Notsteueranlagen saß. Sie war von zierlicher Gestalt, mittelgroß, trug das dunkle Haar kurz geschnitten und besaß einen zartbraunen Teint. Obwohl von Plophos stammend, hatte sie etwas von einer Inderin an sich. Sie konnte in einem Moment unnahbar und verschlossen sein und im nächsten vor Fröhlichkeit überschäumen.
»Es scheint nun ernst zu sein«, empfing sie den Cheborparner.
»Allerdings«, erklärte Gaddard Pen-Tuku. »Ich habe euch wohl kaum aus Übermut zusammengetrommelt. Sehen Sie selbst, CheF. Der Reaktor liefert ausreichend Energie, alle Sektionen des Maschinenraums stehen unter Spannung – trotzdem zeigen die Armaturen einen Leistungsabfall des Waringschen Kompensationskonverters an. Wenn die Werte noch weiter sinken, haben wir in wenigen Minuten den kritischen Punkt erreicht, an dem uns der Linearkonverter nicht mehr in der Librationszone halten kann.«
Der Hyperfunkingenieur hatte sich während des Sprechens erhoben und dem Cheborparner Platz gemacht. Der CheF setzte sich ans Pult und legte seine plumpen, vierfingrigen Hände auf die Leiste.
Mit seinen großen, rotleuchtenden Augen betrachtete er die provisorisch installierten Armaturen und das Chronometer des Autopiloten.
»Die Linearetappe dauert noch vier Minuten an«, stellte er fest. »So lange müßte der Linearkonverter durchhalten, dann erreichen wir Quinto-Center.«
Hotchka Omolore sagte irgend etwas Unverständliches, die anderen schwiegen.
Plötzlich ging eine Erschütterung durch das Schiff. Aidala Montehue stieß einen Schrei aus, als sie einen heftigen Stoß verspürte, der sie beinahe von den Beinen warf. Sie konnte sich gerade noch an der Schulter des Cheborparners festklammern.
Der CheF grinste verzerrt, was ihm ein noch teuflischeres Aussehen gab. Sein breiter Mund wurde V-förmig, die drei darüberliegenden Nasenlöcher zogen sich in die Breite – und im nächsten Augenblick schoben sich drei Zungengebilde aus ihnen, die sich bis zu einer Länge von 55 Zentimetern ausrollten. An ihren Enden befanden sich je vier feingliedrige Finger.
Da sich die Cheborparner aus Huftieren entwickelt hatten, waren die aus den Vorderbeinen hervorgegangenen Arme nicht genügend ausgeprägt. Aus den vier Hufen eines jeden Vorderbeines hatten sich zwar Finger entwickelt, doch waren sie plump und ungelenk und deshalb nicht für feine mechanische Arbeiten und Schaltungen geeignet. Für solche Tätigkeiten besaßen die Cheborparner die drei in den ›Nasenöffnungen‹ zusammengerollten Arbeitsfühler.
Der CheF rollte zwei der Arbeitsfühler aus und ließ sie über die Armaturen gleiten.
»Mal sehen, vielleicht kann ich etwas tun«, meinte er und nahm einige Feineinstellungen vor, ohne dadurch jedoch einen Effekt zu erzielen. Die Armaturen zeigten nach wie vor sinkende Werte an, der Zeiger des Leistungsmeßgerätes für den Linearkonverter pendelte bedrohlich nahe der roten Markierung.
In der Kommandozentrale herrschte gespanntes Schweigen. Nur das Rumoren des unregelmäßig arbeitenden Antriebes war zu hören,
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